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Laborstudie

Dieses alltägliche Getränk soll Alzheimer abmildern können

espresso alzheimer: Eine Person hält eine Schale mit einem Gehirn-Röntgenbild
In einer Laborstudie fanden Forscher nun offenbar einen spannenden neuen Ansatz zur Behandlung von Alzheimer Foto: Getty Images

24.07.2023, 14:02 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Könnte ein bestimmtes Getränk, das in Millionen Haushalten zum täglichen Frühstück dazugehört, das Gehirn vor Alzheimer schützen? Mehr noch, sogar bei bereits betroffenen Personen die krankhaften Veränderungen im Gehirn abmildern? Eine aktuelle Laborstudie liefert tatsächlich entsprechende Hinweise. FITBOOK-Medizin-Redakteurin Melanie erklärt die spannenden Forschungserkenntnisse.

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Kaffeeliebhaber können sich offenbar freuen. Denn sie scheinen ihrer Gehirngesundheit mit dem Heißgetränk etwas Gutes zu tun. Dass Kaffee das Potenzial hat, vor der Entstehung von Demenz zu schützen, konnten schon frühere Untersuchungen zeigen (FITBOOK berichtete).1 Doch offenbar kann Kaffee bzw. insbesondere Espresso noch mehr. So scheint Espresso womöglich das Verklumpen von Proteinablagerungen im Gehirn, die bei Alzheimer-Erkrankten auftreten, aufhalten zu können. Zu dieser überraschenden Erkenntnis kamen Forscher auf Basis einer aktuellen Laborstudie.

Proteine spielen bei Alzheimer eine wesentliche Rolle

Typisch für die Alzheimer-Erkrankung sind Eiweißablagerungen im Gehirn. Diese führen zu einer Störung der Nervenzellen und beeinträchtigen im Laufe der Zeit zunehmend die Funktionen des Gehirns. Bei den Proteinen, die sich krankhaft im Gehirn ablagern – sogenannte Plaques bilden –, handelt es sich um Beta-Amyloid und Tau.2

In der aktuellen Studie schauten sich die Wissenschaftler das Tau-Protein genauer an. Im gesunden Gehirn befindet sich dieses in den Nervenzellen und formt sogenannte Mikrotubuli (Röhrchen). Diese Röhrchen sorgen für die Stabilität der Zellen und sind beim Transport von Nährstoffen und anderen wichtigen Substanzen von einem Teil der Nervenzelle zu einem anderen beteiligt. Im Fall von Alzheimer kommt es zu chemischen Veränderungen des Tau-Proteins. In der Folge sammelt sich dieses in der Nervenzelle und lagert sich in Form von Fasern ab – die sogenannten Tau-Fibrillen. Dadurch verlieren die Zellen ihre Form, funktionieren nicht mehr richtig und zerfallen.3

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Ablauf der Studie

Aufbauend auf früherer Forschung, die Kaffee eine Schutzwirkung vor kognitivem Verfall zuschreiben konnte, wollten es Forscher aus Verona (Italien) nun genauer wissen.4 Zum einen interessierte sie, welche Bestandteile von Kaffee bzw. Espresso an dieser Wirkung beteiligt sind und zum anderen, wie genau ihr Effekt auf die mit Alzheimer assoziierten Tau-Proteine aussieht.

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espresso alzheimer: Ein Mann hält einen Espresso
Liegt im Espresso das Geheimnis zukünftiger Alzheimer-Therapien verborgen? Foto: Getty Images

Die Bestandteile von Espresso

Um die chemische Zusammensetzung von Espresso zu analysieren, nutzten die Forscher Kernspinresonanzspektroskopie (auch als NMR-Spektroskopie bekannt). Dabei handelt es sich um eine Technik, die mit Magnetismus arbeitet und es ermöglicht, Strukturen sowie ihre Wechselwirkungen und Konzentrationen zu ermitteln.5 Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler die wichtigsten Inhaltsstoffe von Espresso identifizieren:

  • Koffein
  • Trigonellin
  • Genistein
  • Theobromin

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Laborversuch mit Tau-Fibrillen

Im zweiten Teil der Studie nutzen die Forscher die genannten Espresso-Inhaltsstoffe im Labor, um ihre Wirkung auf die mit Alzheimer verbundenen Veränderungen des Tau-Proteins zu testen. Dafür inkubierten sie Moleküle von Koffein, Trigonellin, Genistein und Treobromin bis zu 40 Stunden lang mit den besagten Proteinen. In einer Variante inkubierten die Forscher die Tau-Proteine auch mit dem gesamten Espresso-Extrakt, das entsprechend alle genannten Inhaltsstoffe auf einmal enthielt.6

So wirkten die Espresso-Inhaltsstoffe auf das Tau-Protein

Die Erkenntnisse, die die Wissenschaftler mit ihrem Laborexperiment gewonnen haben, sind bemerkenswert. So zeigte sich, dass sowohl Koffein als auch Genistein sowie das gesamte Extrakt eine Wirkung auf die Proteine hatten. Mit steigender Konzentration der Espresso-Stoffe wurden die Tau-Fibrillen (Proteinklumpen) kürzer und bildeten weniger wahrscheinlich größere Ansammlungen.

Doch das war noch nicht alles: Die verkürzten Proteinklumpen, die zurückblieben, erwiesen sich zudem als nicht weiter giftig für das Gehirn, was bedeutet, dass sie nicht als sogenannte „Samen“ dienen konnten, aus denen weitere Fibrillen entstehen. Hier spielten laut den Laborversuchen sowohl da gesamte Espresso-Extrakt als auch Koffein im Einzelnen eine tragende Rolle: Sie können sich an bereits vorhandene Tau-Fibrillen binden und somit offenbar verhindern, dass sich neue Verklumpungen bilden.

Schlussfolgerung: Kaffee- bzw. Espresso-Konsum womöglich gut für Alzheimer-Patienten

Basierend auf früheren Forschungen und ihren aktuellen Studienergebnissen vermuten die italienischen Forscher nun, dass ein moderater Konsum von Espresso oder Kaffee in der Lage ist, die bei Alzheimer auftretenden Veränderungen des Tau-Proteins sowie die Toxizität der Fibrillen abzumildern oder sogar zu stoppen.

Die Betonung sollte dabei auf „moderatem“ Konsum liegen, denn was viele nicht wissen: Man kann sich mit Koffein auch vergiften. Wie sich eine Koffeinvergiftung bemerkbar macht, hat uns an anderer Stelle bereits FITBOOK-Experte Dr. Matthias Riedl, Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg, verraten. „Typische Symptome sind etwa Unruhe und eine gesteigerte Erregbarkeit, Gesichtsrötung, Schlaflosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden. Die nächste Stufe wären Sprachstörungen, Muskelkrämpfe, Herzrhythmusstörungen und Tachykardie“, so Riedl. Letzteres meint einen deutlich beschleunigten Herzschlag. Schlimmstenfalls führt die Hyperaktivität zu „psychomotorischen Defiziten“, so die Warnung des Mediziners. Das würde bedeuten, dass die Wahrnehmung und Bewegungssteuerung der Betroffenen beeinträchtigt ist. Letztendlich droht der Kollaps.

Einordnung der Studie

Die Hoffnung der Wissenschaftler: Dass sie mit ihrer Studie einen weiteren Forschungsschritt hin zu einer möglichen Therapie von Alzheimer – genauer: von krankhaften Veränderungen des Tau-Proteins im Gehirn – liefern können.

Weitere Studien sind notwendig, da sich die Ergebnisse aus dem Labor nicht eins zu eins auf die Wirkung von Kaffee- oder Espresso-Trinken übertragen lassen. Während die Inhaltsstoffe von Espresso im aktuellen Experiment direkt auf die Proteine einwirkten, müssen sie normalerweise zunächst den Verdauungstrakt passieren und anschließend die Blut-Hirn-Schranke überwinden.7 Ob die Espresso-Bestandteile dann noch ihre volle Wirkung entfalten können, ist unklar.

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Quellen

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