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Zu viel Kaffee oder Energydrinks

Wie gefährlich ist eine Koffeinvergiftung?

koffeinvergiftung: Energy Drinks
Wie schnell kann es zu einer Koffeinvergiftung kommen und wie gefährlich ist das? FITBOOK hat darüber mit einem Mediziner gesprochen. Foto: Getty Images
Laura Pomer
Laura Pomer

05.05.2023, 19:44 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Für viele ist der (wiederholte) Griff zur Tasse Kaffee eine Selbstverständlichkeit, wenn im Tagesverlauf Müdigkeit aufkommt. Und wenn gar nichts mehr hilft, tut’s mit Sicherheit der eine oder andere Energydrink. Nur die wenigsten denken dabei wohl an die Möglichkeit einer Koffeinvergiftung – doch man liest immer mal wieder davon. Und wenn es dazu kommt, kann es tatsächlich gefährlich werden. FITBOOK hat sich informiert und mit einem Mediziner gesprochen.

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Mit fachlicher Beratung von
Dr. Matthias Riedl, Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg

Kaffee hat seinen gesundheitsschädlichen Ruf schon lange abgelegt. So enthält das Aufgussgetränk verschiedene Vitamine und Mineralstoffe, die von Natur aus in der Kaffeebohne enthalten sind – darunter Niacin, Vitamin B6, B2 und einige mehr. Daneben werden auch dem enthaltenen Koffein gesundheitsförderliche Wirkungen (v. a. auf die Gehirnfunktion und das Körperfett) bescheinigt. Doch übertreiben sollte man es mit der Koffeinzufuhr keinesfalls, denn im Übermaß droht die Gefahr einer Koffeinvergiftung – und eine solche hat schlimmstenfalls Todesfolge.

Das bewirkt Koffein im Körper

Koffein ist eine psychotrope Substanz, die das zentrale Nervensystem stimuliert, mit verschiedenen Wirkungen auf den Körper. Hierzu gehört eine verstärkte Ausschüttung sogenannte Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin, wodurch sich etwa der Herzschlag beschleunigt und die Blutgefäße sich erweitern. Koffein unterdrückt dadurch Schläfrigkeit, man kann sich kurzfristig besser konzentrieren und ist aufmerksamer. Daneben gelangt durch die Zufuhr von Koffein auch mehr Sauerstoff in die Muskeln.

Aber Stresshormone, verstärkte Pulsfrequenz – es liegt nahe, dass die geschilderten Veränderungen ein ungesundes Ausmaß annehmen können. Und so seien Koffeinvergiftungen tatsächlich keine Seltenheit. Das bestätigt auf FITBOOK-Nachfrage der u. a. auf Ernährungsmedizin spezialisierte Arzt Dr. med. Matthias Riedl.

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Symptome einer Koffeinvergiftung

Die Symptome einer Koffeinüberdosis dürften die meisten Menschen schon mal am eigenen Leib erfahren haben. Man wird nervös, spürt einen ungewöhnlichen Bewegungsdrang. Daneben kann sich der Effekt auf die Blutgefäße mit Kopfschmerzen bemerkbar machen. Der Körper baut zugeführtes Koffein mit der Zeit ab. Die durchschnittliche Halbwertszeit, also die Zeit, in der rund 50 Prozent des Koffeins sich verflüchtigt haben sollten, beträgt bei einem generell gesunden Menschen laut Angaben der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) durchschnittlich etwa vier Stunden.1 Es seien aber gröbere Abweichungen möglich, bedingt durch verschiedene Faktoren wie z. B. das Alter und Körpergewicht der Betroffenen, deren allgemeine körperliche Verfassung, insbesondere die Gesundheit der Leber und etwaige Medikamenteneinnahmen.

Abhängig von ihrer Ausprägung können die Beschwerden bereits für eine Koffeinvergiftung sprechen, so Experte Riedl. „Typische Symptome sind etwa Unruhe und eine gesteigerte Erregbarkeit, Gesichtsrötung, Schlaflosigkeit und Magen-Darm-Beschwerden. Die nächste Stufe wären Sprachstörungen, Muskelkrämpfe, Herzrhythmusstörungen und Tachykardie“, also ein deutlich beschleunigter Herzschlag. Schlimmstenfalls mündet die Hyperaktivität zu „psychomotorischen Defiziten“, warnt der Arzt. Das würde bedeuten, dass die Wahrnehmung und Bewegungssteuerung der Betroffenen beeinträchtigt ist. Letztendlich droht der Kollaps.

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Wie schnell kommt es zu einer Koffeinvergiftung?

Mit Kaffee läuft man laut Dr. Riedl nicht so schnell Gefahr, sich eine Koffeinvergiftung zuzuziehen. „Vier Tassen am Tag sind in Ordnung“, so seine Einschätzung, „und sogar statistisch förderlich für die Gesundheit, besonders bei Diabetes und Fettleber.“

Wer es genauer wissen will, orientiert sich am besten an der Empfehlung der EFSA. Demnach können generell gesunde Erwachsene über den Tag verteilt rund 400 Milligramm Koffein zu sich nehmen. Zum Verständnis: Eine Tasse Filterkaffee à etwa 200 Milliliter liefert rund 90 Milligramm Koffein, ein gewöhnlicher Espresso (à rund 60 Milliliter) etwa 80 Milligramm. Alternativ kann sich die Zufuhr auch nach dem Körpergewicht richten: Rund 5,7 Milligramm dürfen es laut EFSA pro Kilogramm Körpergewicht am Tag sein. Als Einzeldosis gilt eine Koffeinmenge von rund 200 Milligramm als unbedenklich.

Wichtig: Schwangere sind hiervon ausgenommen. So wird eine Überdosis Koffein mit einem verminderten Wachstum des Fötus in Verbindung gebracht. Doch wie viel zu viel ist – hierzu stehen laut der ESTA keine Studien zu Verfügung. Die Behörde empfiehlt Schwangeren und Stillenden deshalb eine Zufuhr von maximal 200 Milligramm Koffein pro Tag.

Viele Fälle aufgrund von Energydrinks

Deutlich öfter als Kaffee seien Energydrinks für Koffeinvergiftungen verantwortlich. Und das liegt nicht einzig an deren Koffeingehalt, der laut EFSA (am Beispiel Red Bull) pro 250-Milliliter-Dose etwa der Menge eines Espressos entspricht. Laut Dr. Riedl sei es problematisch, dass Energydrinks Süßungsmittel und Aromastoffe zugesetzt werden. Das könne schnell zu einem Überkonsum führen.

Das mit den Süßungsmitteln ist kein auf Energydrinks beschränktes Problem. Kennen Sie Cold Brew Coffee? Seit einigen Jahren trendet der kalt aufgebrühte Kaffee, dem ebenfalls Geschmacksstoffe und Zucker(-alternativen) beigefügt werden. Das reduziert den natürlichen Kaffeegeschmack, weshalb auch hier die Gefahr droht, übermäßig viel des vermeintlichen Erfrischungsgetränk zu trinken. Einen ausführlichen Beitrag dazu finden Sie hier.

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Jüngerer prominenter Fall aus den USA

Erst kürzlich hat Basketballstar Matthew Mayer nach einer Koffeinüberdosis durch zu viele Enerydrinks Schlagzeilen gemacht. Der 23-Jährige soll sechs 0,5L-Dosen à je stolzen 16 Unzen (entspricht rund 473 Millilitern) davon getrunken haben. Bereits eine Dose der beschriebenen Serviergröße kommt auf stolze 160 Milligramm Koffein, damit hätte man die empfohlene Höchstmenge pro Einzeldosis schon bald erreicht. Am Folgetag sei er kaum aus dem Bett gekommen, berichtet etwa das Webportal „Insider“. Mayer demnach: „Es hat sich wie ein Koffeinkater angefühlt.“

Matthew Mayer
Basketballspieler Matthew Mayer musste einige Tage pausieren, nachdem er sich kürzlich an einer Koffeinvergiftung litt Foto: Getty Images

Prognose hängt von verschiedenen Faktoren ab

Profisportler Mayer musste sich nach seiner Koffeinvergiftung einige Tage lang erholen, bevor er wieder auf dem Basketballplatz stand. Er ist mehr als glimpflich davongekommen. Dagegen hatte ein paar Jahre zuvor eine 14-jährige Kalifornierin bereits den Genuss von nur zwei Dosen Monster nicht überlebt – sie starb am Folgetag an einem Herzstillstand infolge einer Koffeinüberdosis, wie damals u. a. „BILD“ berichtete. Die US-Lebensmittelaufsichtsbehörde „Food and Drug Administration“ (FDA) leitete damals eine Untersuchung auch fünf weiterer Todesfälle ein, bei denen Energydrinks ebenfalls eine Rolle gespielt haben sollen. Doch viel hat sich seither nicht getan. Energydrinks sind in den USA weiterhin frei und in der gewünschten Menge verkäuflich. Das Gleiche gilt für Deutschland. Hier muss es seit 2014 lediglich auf der Dose gekennzeichnet sein, wenn der Koffeingehalt 150 Milligramm pro Liter überschreitet, mit dem Wortlaut: „Erhöhter Koffeingehalt. Für Kinder und schwangere oder stillende Frauen nicht empfohlen“.

Energydrink und Alkohol – gefährliche Kombi

Dr. Riedl würde Jugendlichen, bei denen eine Überempfindlichkeit gegenüber Koffein bekannt ist, grundsätzlich vom Konsum von Energydrinks abraten. Und auch generell gesunde sollten täglich keinesfalls mehr als 1,5 Dosen trinken. Achtung, damit sind die bei uns üblichen Serviergrößen für Energydrinks von 250 Millilitern gemeint.

Insbesondere die Kombination von Energydrinks und Alkohol bewertet der Arzt kritisch. Diese ist im Nachtleben sehr üblich, also etwa die Mischung von Vodka und „Red Bull“, um gleichzeitig berauscht zu sein und dabei nicht müde zu werden – doch extrem gefährlich. „Alkohol verschleiert die Symptome einer möglichen Koffeinüberdosis und es wird noch mehr getrunken“, erklärt Dr. Riedl. Er führt eine Veröffentlichung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) heran.2 Dieser zufolge hatte die ungesunde Mischung in einigen Fallberichten Todesfolge. Kommt zum Cocktail aus Koffein und Alkohol auch noch ausgiebige körperliche Betätigung hinzu, also etwa exzessives Tanzen, erhöhe sich das Gesundheitsrisiko weiter. Sollten nun auch noch unbekannt Vorschädigungen des Herz-Kreislauf-Systems bestehen, kann es sehr ernst werden.

Behandlung einer Koffeinvergiftung

Die Behandlung einer Koffeinvergiftung erfolgt laut Dr. Riedl symptomatisch. Das bedeutet, dass gegen die einzelnen Symptome (z. B. Magen-Darm-Beschwerden, Herzrhythmusstörungen) vorgegangen wird; gegen das Koffein an sich kann man nur wenig tun.

Es wird diskutiert, dass L-Theanin im Fall einer Koffeinüberdosis einen günstigen Effekt haben könnte.3 Es handelt sich dabei um eine Aminosäure, die in verschiedenen echten Teesorten vorkommt. In einer Studie konnten Verbesserungen durch L-Theanin sowohl auf das nervös bedingte Ängstlichkeitsgefühl als auch körperliche Symptome wie etwa den Blutdruckanstieg festgestellt werden.3 Doch es ist noch viel weitere Forschung nötig, um auf diesen vermeintlichen Erkenntnissen aufbauen zu können.

Was keinesfalls schaden dürfte, ist eine hohe Flüssigkeitszufuhr. Dadurch wird der Kreislauf bestmöglich stabilisiert und einer Dehydrierung des Körpers vorgebeugt. Und auch wenn es keine Standardtherapie gibt: Bei starken Beschwerden sollten Sie schnell einen Arzt oder die Notaufnahme aufsuchen, um sich überwachen zu lassen und schlimme Folgen zu verhindern.

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Quellen

Themen Kaffee
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