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Forschung

Ist die Uhr der Feind unseres Schlafs?

Ist die Uhr der Feind des Schlafes?
Manchmal wäre eine Welt ohne Uhren, die uns zeitlich ständig festlegen, ganz schön, oder? Foto: Getty Images

28. Mai 2025, 11:05 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Wir gehen schlafen, wenn wir müde sind und wachen auf, wenn wir ausgeschlafen sind. Dass es so einfach nicht ist, werden die meisten nur zu gut wissen. Abends Probleme beim Einschlafen, in der Nacht ungewollt wach liegen und sich morgens erschöpft aus dem Bett quälen – das ist häufig Realität. In meiner aktuell laufenden Ausbildung zur Schlafcoachin bin ich auf eine interessante These gestoßen: Die Uhr ist der Feind unseres Schlafs. In diesem Artikel gehe ich dieser Annahme auf die Spur. Was genau ist damit gemeint und stimmt das?

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Eigentlich brauche ich nicht lange überlegen: Ist die Uhr der Feind meines Schlafs? Ja, und ob! Denn wenn morgens mein Wecker klingelt und ich eigentlich noch gar nicht bereit bin, aufzustehen, fühlt es sich genau so an. Doch ich möchte es genauer wissen. Was sagt die Schlafforschung dazu: Ist die Uhr die Ursache unserer vielfältigen Schlafprobleme bis hin zu Schlafstörungen? Ein Überblick.

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Woher weiß unser Körper, wann es Zeit ist, zu schlafen und aufzustehen?

Von Natur aus hat jeder Mensch einen Biorhythmus bzw. eine innere (biologische) Uhr. Sie steuert unzählige Prozesse, z. B. die Zellteilung oder den Blutdruck, im Körper, auch den Schlaf-Wach-Rhythmus. Dieser ist genetisch bedingt und besteht ein Leben lang. Das Zusammenspiel der Hormone Serotonin, Cortisol und Melatonin sorgt dafür, dass wir diesen täglich neu durchlaufen: schlafen, wach werden, wach bleiben, müde werden und schließlich wieder schlafen.1 Der Schlaf-Wach-Rhythmus folgt dem zirkadianen Rhythmus, d. h. einem 24-Stunden-Rhythmus. Dieser ist im Grunde bei uns allen gleich. Je nach Schlaftyp ist er nur im Gesamten leicht verschoben – hin zu einem frühen Aufwachen und einem frühen Einschlafen oder hin zu einem späten Aufwachen und einem späten Einschlafen. Wobei bei dieser Einordnung natürlich schon die Uhr eine Rolle spielt. Denn wer oder was bestimmt, was früh oder spät ist? Richtig: Der moderne Alltagsrhythmus, der sich an Uhrzeiten orientiert. Dazu später noch mehr.

Unterschiedliche Schlaftypen

Zunächst ein kleiner Exkurs zu den Schlaftypen. Sie begegnen uns beim Thema Schlaf häufig, z. B. auch in Studien.2 Diese besagen etwa, dass Spätschläfer und -aufsteher, auch „Eulen“ genannt, eher Risiken für Krankheiten hätten, als Frühaufsteher und -schläfer, auch bekannt als „Lerchen“.3 Wobei – auch hier wieder der Verweis auf die Uhr. Denn die in der Forschung beschriebenen negativen Effekte scheinen meistens damit zusammenzuhängen, dass Menschen, die von sich aus eher später aufstehen würden, weil sie später einschlafen und nur dann genügend Schlaf bekämen, aufgrund der Uhr (stellvertretend für von außen auferlegte Zeitpläne und Terminstress), dennoch früh in den Tag starten müssen, sich ihr Schlaf also gezwungenermaßen verkürzt.

Doch zurück zu den Schlaftypen bzw. Chronotypen. Sie beschreiben die individuellen Schlaf-Wach-Rhythmen der Menschen. Jeder hat einen solchen Rhythmus, mit unterschiedlichen Wach- und Müdigkeitsphasen im Verlauf von 24 Stunden. Aber wann genau jemand eher müde oder munter ist, ist sehr verschieden. So kennt sicher jeder von uns Leute, die selbst ohne Wecker morgens um sieben Uhr putzmunter sind und Höchstleistungen bringen können, dafür aber um 20 Uhr erschöpft ins Bett fallen. Andererseits gibt es die Menschen, die sich irgendwie immer leicht müde durch den Tag schleppen, am liebsten bis elf Uhr schlafen würden und am späteren Abend erst so richtig munter werden.

Auf der Skala von Früh- bis Spättypen gibt es viele Abstufungen. Und auch innerhalb des eigenen Chronotypen kann es im Laufe des Lebens Variationen geben. Aber im Grunde, so der Kenntnisstand der Schlafforschung, bleiben wir Zeit unseres Lebens hauptsächlich ein Früh-, Neutral-/Normal- oder Spättyp.4

Warum die Uhr für unseren natürlichen Schlaf nicht gut ist

Wie bereits angedeutet steht die Uhr häufig unserer inneren Uhr entgegen. Das spüren besonders Menschen wie ich, denen es nicht leicht fällt, früh ins Bett zu gehen und die von Natur aus ihre Tage nicht um sieben Uhr beginnen würden, es aber müssen: den Eulen also. Meine Uhr ist mir morgens definitiv eher Feind als Freund.

In der Schlafforschung sind diverse Faktoren bekannt, die den Schlaf kurzzeitig oder dauerhaft stören können. Als Hauptstörfaktor unseres Biorhythmus wird die Uhr beschrieben bzw. vielmehr die Art, wie sie in der modernen Welt genutzt wird. War sie ursprünglich schlicht ein Zeitmesser, bestimmt sie heute unseren gesamten Tagesablauf. Wir müssen etwa morgens zu einer bestimmten Zeit die Bahn oder den Bus erwischen, um zu einer bestimmten Zeit auf der Arbeit oder in der Schule zu sein. Egal, ob Arzttermine, Einkäufe oder Erledigungen auf Ämtern, alles folgt den durch Uhren vorgegebenen Rhythmen. Selbst unsere Freizeit mit Sport, Festen oder sonstigen sozialen Terminen richten wir an der Uhr aus.

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Ein Spättyp leidet womöglich daran, täglich um acht auf der Arbeit schon höchst konzentriert kreativ sein oder Entscheidungen treffen zu müssen, freut sich dafür aber über laue Nächte mit Freunden. Lerchen wiederum würden am liebsten schon um sechs Uhr morgens anfangen, zu arbeiten, müssen sich dagegen zu manchen Treffen mit Freunden um 20 Uhr abends erst aufraffen, da sie zu dieser Zeit eigentlich lieber allmählich ins Bett gingen.

Sozialer Jetlag

Zugegeben, das ist hin und wieder anstrengend und nervig, aber so ist das Leben nun mal, denken Sie sich jetzt? Da haben Sie recht. Aber was viele Menschen als normal empfinden und kaum noch hinterfragen, kann zum waschechten gesundheitlichen Problem führen. Denn wenn der Wecker abrupt morgens unseren Schlaf beendet, obwohl unsere innere Uhr uns ohne ihn noch gar nicht zum Aufwachen bereit gemacht hätte, verkürzt dies unsere Schlafzeit.

Passiert dies vereinzelt, wie z. B. auf Reisen in Form des sogenannten Jetlags, dann ist das nicht weiter tragisch. Wir pendeln uns wieder in unseren Rhythmus zurück. Im Fall des Weckers, der für die Arbeit klingelt und z. B. Spättypen permanent entgegen ihrem inneren Uhrensystem aus dem Bett „wirft“, ist dies aber als schwerwiegender zu bewerten. Der „soziale Jetlag“, von dem man in diesem Zusammenhang spricht, sorgt für einen Schlafmangel, der zum Dauerzustand wird. Ein solch chronisches Schlafdefizit kann in Schlafstörungen (Insomnien) übergehen und drastische Folgen für das Wohlbefinden und die Gesundheit haben. Bekannt sind negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, den Stoffwechsel oder auch die Psyche (Depressionen, Angststörungen).5

Wie schon das beschriebene Beispiel andeutet, wiegt der „soziale Jetlag“ von Chronotyp zu Chronotyp unterschiedlich schwer. Spättypen, die ihren Tag biologisch später beginnen würden, leiden tendenziell stärker darunter als Frühtypen – und das nicht nur kurzfristig in Form von Müdigkeit, sondern auch bezüglich der genannten gesundheitlichen Langzeitfolgen.

Was Studien herausgefunden haben

Unzählige Studien haben versucht, die Zusammenhänge zwischen Chronotypen, Schlafverhalten sowie Nutzung der Uhr bzw. der Weckfunktion von Uhren detailliert zu entschlüsseln. Vielfach konnten Forscher bereits zeigen, dass es Auswirkungen hat, wenn Menschen nicht von allein, sondern aufgrund eines Weckers aufwachen. Während die körperlichen Prozesse noch nicht am Aufwachpunkt angekommen sind, zwingt der Wecker ihn, den natürlichen Aufwachprozess frühzeitig zu unterbrechen. Im Normalfall würde Cortisol dem Körper signalisieren, dass es Zeit zum Aufwachen ist und dafür sorgen, dass wir uns auch ausgeschlafen und munter fühlen. Da der Prozess aber unterbrochen wird und das Cortisol noch gar nicht seine „Arbeit verrichten“ konnte, fühlen wir uns nach dem Aufwachen weiter müde.

Mehr noch als das. Es gibt wissenschaftliche Hinweise darauf, dass die verkürzte Schlafdauer auch Auswirkungen auf die Schlafphasen haben kann, genauer den REM-Schlaf. In einer Studie von 2023 führte der chronotypische Schlafverlust zu einer Destabilisierung des REM-Schlafs. Dieser ist von großer Bedeutung für die Regeneration des Gehirns. Er gilt als wesentlich für Gedächtnis, emotionales Gleichgewicht und kognitive Leistungsfähigkeit. Von Schlafverlust und dessen Auswirkungen waren besonders die späten Schlaftypen betroffen.6

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2013 konnte aufzeigen, dass aber nicht nur Spät-, sondern auch Frühtypen unter den modernen Zeitplänen, die gegen ihre innere Uhr wirken, leiden können. Eine Untersuchung von Schichtarbeitern deutete darauf hin, dass Lerchen besonders schlecht mit Spät- und Nachtdiensten zurechtkommen. Mussten sie entgegen ihrem Biorhythmus bis spät in den Abend oder gar in die Nacht aktiv sein, erlebten sie einen ausgeprägten sozialen Jetlag. Spättypen waren davon – nicht überraschend – betroffen, wenn sie Frühdienste absolvieren mussten. Nachtdienste machten ihnen dagegen weniger aus.7

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Wir halten fest: Die Uhr und die mit ihr verbundenen straffen modernen Zeitpläne, die den Alltag bestimmen, beißen sich nicht selten mit unserem natürlichen Schlafbedürfnis. Doch was kann man nun tun?

Ideal wäre es, wenn wir unseren Alltag komplett nach unserem Chronotyp ausrichten könnten. Realistisch ist das für die meisten natürlich nicht. Aber im Kleineren gibt es Möglichkeiten. Wir können versuchen, an den Stellschrauben, die uns zur Verfügung stehen, zu drehen und unser Leben so gut es geht an unseren Schlafbedürfnissen zu orientieren.

Manchen Menschen könnte es tatsächlich möglich sein, langfristig ihren Job oder gar Beruf zu wechseln, wenn dieser ihrem persönlichen Schlaf-Wach-Rhythmus und damit ihrer Gesundheit im Weg steht. Anderen wird dieser Weg eher verwehrt sein.

Tag und Abendgestaltung anpassen

Frühaufsteher werden vielleicht nicht ihre Traumarbeitszeit von sechs bis 13 Uhr bekommen, könnten aber ihr Sportpensum schon direkt morgens bewältigen und sich nicht mit der Nachteule unter ihren Freunden abends um 20 Uhr im Fitnessstudio treffen. Schwieriger werden Anpassungen für die späten Chronotypen. Obwohl sie wissen, dass um sieben Uhr früh der Wecker klingelt, sitzen sie um 0 Uhr immer noch topfit auf der Couch. Ihnen wäre aber dennoch ebenfalls zu empfehlen, ihre Abendgestaltung zu überdenken. Halten Sie sich nicht mit Computerspielen, Streamen oder Scrollen am Handy zusätzlich wach. Auch spätes intensives Training stellt Ihre Hormone eher weiter auf Stress und Aktivierung ein. Probieren Sie stattdessen beruhigende Rituale aus: Lesen Sie ein Buch, machen Sie leichtes Yoga und/oder Atemübungen und versuchen Sie, auf diese Weise früher zur Ruhe zu kommen.

Am Wochenende den Wecker ausschalten

Ein letzter Tipp: Lösen Sie sich so weit es geht von Ihrer Uhr. Damit meine ich das, was man gerne als „in den Tag hineinleben“ bezeichnet. Viele kennen das allerhöchstens noch auf Reisen. Aber vielleicht schaffen Sie es auch an Wochenenden mal, den Wecker auszuschalten und erst aufzustehen, wenn Sie von allein wach werden. Und wenn dann keine Termine anstehen, kann doch der Blick auf die Uhr ruhig mal vermieden werden, oder? Lassen Sie sich einfach durch den Tag treiben und gehen Sie ins Bett, sobald Sie müde sind.

Im Übrigen scheint man am Wochenende in gewisser Weise auch Schlaf nachholen zu können. Wer unter der Woche unter einem Schlafdefizit leidet, profitiert am Wochenende offenbar davon, länger zu schlafen. So zumindest das Ergebnis neuerer Studien.8,9,10 Na, dann: Gute Nacht!

Themen Schlaf

Quellen

  1. Johns Hopkins. Sleep/Wake Cycles (aufgerufen am 22.5.2025) ↩︎
  2. Wenzler, A.N., Liefbroer, A.C., Oude Voshaar, R.C., Smidt, N. (2025). Chronotype as a potential risk factor for cognitive decline: The mediating role of sleep quality and health behaviours in a 10-year follow-up study. The Journal of Prevention of Alzheimer's Disease. ↩︎
  3. Malin, S. K., Remchak, M.M. E., Smith, A. J., et al. (2022). Early chronotype with metabolic syndrome favours resting and exercise fat oxidation in relation to insulin-stimulated non-oxidative glucose disposal. Experimental Physiology. ↩︎
  4. Hoferichter, A. Eule oder Lerche? Was der Chronotyp für unser Leben bedeutet. Geo.de (aufgerufen am 22.5.2025) ↩︎
  5. TUM4Health. Chronotypen (aufgerufen am 22.5.2025) ↩︎
  6. Von Gall, C., Holub, L., Pfeffer, M., Eickhoff, S. (2023). Chronotype-Dependent Sleep Loss Is Associated with a Lower Amplitude in Circadian Rhythm and a Higher Fragmentation of REM Sleep in Young Healthy Adults. Brain Sci. ↩︎
  7. Juda, M., Vetter, C., Roenneberg, T. (2013). Chronotype Modulates Sleep Duration, Sleep Quality, and Social Jet Lag in Shift-Workers. Journal of Biological Rhythms. ↩︎
  8. Åkerstedt,T., Ghilotti, F., Grotta, A. et al. (2018). Sleep duration and mortality – Does weekend sleep matter? Journal of Sleep Research. ↩︎
  9. Chaput, J.P., Dutil, C., Featherstone, R. et al. (2020). Sleep timing, sleep consistency, and health in adults: a systematic review. Appl Physiol Nutr Metab. ↩︎
  10. Park, G.R., Kim, J. (2023). Short sleep duration and adolescent health: does weekend catch-up sleep work and for whom? Public Health. ↩︎

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