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Hallux valgus, Plattfuß…

Müssen Fußfehlstellungen immer behandelt werden?

Röntgenbild eines Hallux valgus. Ob und wie er und andere Fußfehlstellungen behandelt werden muss, lesen Sie hier.
Röntgenbild eines Hallux valgus. Ob und wie er und andere Fußfehlstellungen behandelt werden muss, lesen Sie hier. Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

14.01.2021, 10:57 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Fußfehlstellungen wie Hallux valgus, Spreiz- oder Plattfuß betreffen extrem viele Menschen. Die Ausprägungen können sich sehr unterscheiden. Ebenso die Beschwerden, schlimmstenfalls wird es richtig schmerzhaft. Was Sie über die häufigsten Fußfehlstellungen wissen sollten – und welche Möglichkeiten der Behandlung es gibt, hat FITBOOK bei einem Orthopäden in Erfahrung gebracht.

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In einer perfekten Welt würden wir auch unsere Füße optimal benutzen. Konkret hieße es das: Beim Auftreten (und Abrollen) kommen die drei wichtigsten Belastungspunkte des Fußes zum Einsatz: der Ballen unter dem großen Zeh, der Ballen unter dem kleinen Zeh sowie unsere Ferse. Der „perfekte“ Fuß hätte zudem ausgeprägte Wölbungen, einen Spann und natürlich formschöne Zehen, die gerade auf dem Untergrund aufliegen. Doch die Realität sieht anders aus, da ein solches „Idealmodell“ sehr selten geworden ist. Viel häufiger stattdessen: Fußfehlstellungen. Die sind mal angeboren, mal erworben, fallen mal leichter und mal schwerer aus und lösen bei Betroffenen häufig die Frage aus, ob sie behandelt werden müssen.

Müssen Fußfehlstellungen behandelt werden?

Wie Dr. med. Mathias Schettle, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie aus München, im FITBOOK-Interview erklärt, gibt es viele Menschen, die vorhandene Fußfehlstellungen gar nicht bemerken. Komme es dann zu Beschwerden, handle es sich dabei meist um überlastete Bänder und überreizte Sehnen. Grundsätzlich sei es sinnvoll, Fehlstellungen, sobald sie ersichtlich sind, prophylaktisch mit Einlagen zu therapieren. „Unter Umständen können so Beschwerden im Verlauf vermieden werden“, erklärt der Experte. Wenn der Patient bereits unter Schmerzen leidet, bestehe ein umso größerer Handlungsbedarf. Eine dauerhafte Fehlstellung könne zu einer falschen Belastung der Knie und Hüftgelenke führen und Folgen für den gesamten Bewegungsapparat haben.

Die meisten Fehlstellungen werden zunächst konservativ mit Einlagen behandelt. Sie werden in der orthopädischen Praxis auf die Form und spezielle Fehlstellung des Fußes angepasst. Laut Dr. Schettle sei das auch die wichtigste Therapieform, da sie das Gewölbe unterstützt und dem Fuß dabei hilft, besser abzufedern. Außerdem lassen sich so Beschwerden lindern, in gewissen Fällen könne sogar das Gangbild korrigiert werden, erklärt uns der Facharzt weiter. Damit sie etwas bringen, sollten sie am besten regelmäßig getragen werden. „Täglich ist das wohl kaum möglich“, gesteht der Arzt, „sie passen schließlich nicht in jedes Schuhmodell.“ Dennoch sei es wichtig, die Einlagen jedes Jahr zu erneuern, da sie sich mit der Zeit abnutzen und ihre therapeutischen Eigenschaften verlieren.

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Angeborene Fehlstellungen

„Zunächst muss man zwischen angeborenen und erworbenen Fußfehlstellungen unterscheiden.“ Zu den angeborenen gehören beispielsweise der Klump- und der Sichelfuß, die heutzutage in Europa nur noch sehr selten vorkommen. Bei Säuglingen beginnt man sehr kurz nach der Geburt mit der sogenannten Regressionsbehandlung. Im Klartext heißt das: Sie bekommen einen Gips verpasst, der alle paar Tage gewechselt wird und die Füße wieder in die vorgesehene Richtung lenken soll. Nach einigen Monaten wird dann für gewöhnlich operiert.

Erworbene Fußfehlstellungen

Viel typischer für unsere Gesellschaft sind aber die erworbenen Fehlstellungen. Die Füße der (meisten) Menschen sind heutzutage quasi ihr gesamtes Leben lang in Schuhe eingesperrt. Laut Orthopäde Dr. Schettle hat das zur Folge, dass die Fußmuskeln weniger ausgebildet sind. Sein Tipp: immer mal wieder barfuß gehen und dies auch dem Nachwuchs eintrichtern. Dadurch werden die Fußmuskeln aktiviert. „Wer als Kind damit anfängt, hat im Erwachsenenalter eine geringere Wahrscheinlichkeit auf Fußfehlstellungen.“ Auch die Art der Schuhe könne schuld sein. Vor allem Frauen, die sich in hochhackige Schuhe quetschen, können so die Entstehung eines sogenannten Hallux valgus begünstigen, also der Fehlstellung des großen Zehs. Mehr dazu im nächsten Abschnitt.

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Die häufigsten modernen Fußfehlstellungen und ihre Behandlungsmöglichkeiten

Hallus valgus

Allerdings werden auch in flachen, aber zu kurzen oder engen Schuhen die Zehen stark eingedrückt, oftmals mit denselben Folgen. Besteht ein Hallux valgus, verlaufen die Sehnen nicht mehr zentral über das Gelenk, sondern seitlich. Die Muskeln im Mittelfuß ziehen den großen Zeh nach innen und in eine schiefe Position. Das ändert die gesamte Biomechanik des Fußes und führt zu einer Schleimbeutelentzündung, die auf Dauer verknöchert. Das Resultat: eine dicke Beule am großen Zeh.

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Um den Mittelfußknochen anzuheben und den Druck zu reduzieren, helfen im Anfangsstadium orthopädische Schuheinlagen. Doch auch wenn sie spürbar entlasten, können sie die Entwicklung nicht ganz aufhalten. Wenn der Hallux valgus Schmerzen verursacht, hilft nur noch eine Operation, um die Fußstellung wieder zu begradigen. Der Eingriff dauert etwa eine Stunde.

Spreizfuß

Ebenso eine erworbene Fußfehlstellung ist der Spreizfuß, der durch hochhackige und/oder zu enge Schuhe begünstigt wird. Wie Dr. Schettle erklärt, ist beim Spreizfuß das Quergewölbe des Fußes gewissermaßen durchgetreten, der vordere Teil des Fußes liegt also auf dem Boden auf. Somit liegt auch die Belastung in der Mitte des Vorfußes – und nicht unter dem Ballen des großen und kleinen Zehs, wie es richtig wäre. Das kann wehtun! Denn der Mittelfußknochen ist für solch eine Belastung nicht ausgelegt.


Wenn im Mittelfuß Schmerzen auftreten, kann es Sinn machen, sein Schuhwerk zu überdenken und im nächsten Schritt Einlagen anpassen zu lassen, die den vorderen Fuß weich betten und auch in der Mitte eine Art Polster haben. Sie führen zur Erhebung im Mittelfuß, sodass die Belastung sich wieder besser verteilt.

Plattfuß

Wie der Name verrät, liegt beim Plattfuß der gesamte Fuß auf dem Boden auf, anstatt die üblichen drei Belastungspunkte zu nutzen. Dieses Phänomen ist oft bei Kleinkindern zu beobachten, da sich das Fußgewölbe durchschnittlich erst im sechsten Lebensjahr ausbildet. Wie anfangs erklärt, lässt sich diese Entwicklung fördern, indem die Füße genutzt werden. Am besten barfuß!

Bleibt der Plattfuß bis ins Erwachsenenalter, behandelt man ihn ebenfalls mit Einlagen: einerseits, um die Beschwerden lindern, andererseits, um unmittelbar Einfluss auf die Haltung auszuüben. Während man bei anderen Fußfehlstellungen die Fehlentwicklung in vielen Fällen noch aufhalten könne, sei das laut Dr. Schettle bei einem Plattfuß in der Regel nicht mehr möglich.

Knick-Senk-Fuß

Dem Knick-Senk-Fuß fehlt ein ausgeprägtes Längsgewölbe UND er knickt auch am Knöchel nach innen ein. Diese Fehlstellung muss häufig behandelt werden, da sie die Statik des Beins stört und so eine Überlastung des Kniegelenks nach sich ziehen kann.

Erster Behandlungsschritt sind hier Einlagen, die mit kleinen Polstern den Innenrand von den Zehen bis zur Ferse leicht anheben. Auch Physiotherapie kann laut Dr. Schettle sinnvoll sein, um die Muskulatur zu stärken und eine korrekte Haltung zu erlernen. Wenn beide Maßnahmen keine Linderung erzielen, ist ein operativer Eingriff die letzte Lösung.

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Auch gezielte Übungen können helfen

Senk- und Spreizfuß, Plattfuß oder Hallux valgus gehen meist auch mit sehr gering ausgeprägter Fußmuskulatur einher. Der Fuß mit seinen knapp 30 Knochen und Gelenken, 60 Muskeln, über 100 Bändern und 200 Sehnen sorgt dabei für die notwendige körperliche Balance. Dieses komplexe Konstrukt aus unterschiedlichen Strukturen sollte also auch im Training mehr Aufmerksamkeit bekommen. Zum Beispiel mit diesen fünf konkreten Übungen für die Füße und Knöchel bei Fußfehlstellungen – zusammengetragen von einer Expertin für neurozentriertes Training.

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