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Schutz vor Radioaktivität

Putins Krieg auch eine Gefahr für Atomkraftwerke – sollte ich nun Jodtabletten kaufen?

Jodtabletten kaufen: Jodtabletten vor dem Hintergrund eines Kernkraftwerks
Im Fall der Fälle kümmert sich der Katastrophenschutz um die Verteilung des Medikaments Foto: dpa
Martin Lewicki
Freier Autor

02.03.2022, 04:33 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Der Krieg in der Ukraine bedroht auch die Gesundheit der deutschen Bevölkerung. Denn selbst wenn Russland keine atomaren Waffen verwenden sollte, so könnten bei den Kämpfen Kernkraftwerke und Atommülllager des Landes beschädigt werden. Radioaktive Strahlung könnte austreten. FITBOOK erklärt, wie und wann Jodtabletten gegen Radioaktivität helfen.

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Der Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine ist eine Gefahr für ganz Europa. Selbst wenn die Kämpfe auf das Gebiet der Ukraine begrenzt werden und keine atomaren Waffen benutzt werden, besteht dennoch eine Bedrohung. Das liegt an den vier Kernkraftwerken, die in der Ukraine in Betrieb sind sowie an dem mittlerweile stillgelegten Tschernobyl-Kernkraftwerk. Zudem befindet sich mit Saporischschja das größte Kernkraftwerk Europas in der Ukraine. Darüber hinaus gibt es mehrere atomare Zwischenlager mit radioaktivem Müll im Land. Werden bei den Kämpfen die Kernkraftwerke oder Zwischenlager beschädigt oder gar zerstört, könnte radioaktive Strahlung austreten. Wir erklären, warum in solch einem Katastrophenfall hoch dosierte Jodtabletten helfen können und ob Sie jetzt schon Jodtabletten auf Vorrat kaufen sollten.

Warum helfen Jodtabletten bei radioaktiver Strahlung?

Bei einem nuklearen Unglück wird extrem gefährliche radioaktive Strahlung freigesetzt. Wie die „Verbraucherzentrale“ erklärt, kann dann radioaktives Jod 16 freigesetzt werden.1 Dieses wird vom Körper wie natürliches Jod aufgenommen und in der Schilddrüse eingelagert. Durch diese Strahlung erhöht sich das Risiko, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Besonders gefährdet sind Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene unter 45 Jahren.

Wenn man aber hoch dosiertes nicht radioaktives Jod (Kaliumiodid) einnimmt, blockiert es die Anreicherung von radioaktivem Jod in der Schilddrüse. Man spricht von einer sogenannten Jodblockade. Allerdings schützen die Jodtabletten nicht vor anderen freigesetzten radioaktiven Stoffen wie Cäsium oder Strontium. Auch diese können schwere Erkrankungen wie Krebs verursachen.

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Wie hoch ist die Dosis einer Jodblockade?

Um eine Jodblockade zu erreichen, muss die Dosis sehr hoch sein. Sie ist um ein Vielfaches höher als die empfohlene Tagesdosis zur Nahrungsergänzung bzw. bei einer üblichen Unterversorgung mit Jod. Es handelt sich hier um spezielle Tabletten mit einer Dosierung von 65 Milligramm Kaliumiodid, wie das Bundesamt für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz erklärt.2 Zum Vergleich: Die empfohlene Tagesdosis Jod beträgt 200 Mikrogramm bei Erwachsenen. Das heißt: Eine Tablette zur Jodblockade enthält etwa die 300-fache Tagesdosis an Jod. Jugendliche und Erwachsene benötigen sogar zwei 65-Milligramm-Tabletten an einem Tag, um die Jodblockade zu erzielen. Das entspricht 100 Milligramm reinem Jod.

Die Strahlenschutzkommission empfiehlt folgende einmalige Tagesdosis der 65-Milligram-Tabletten, um eine Jodblockade zum Schutz vor akuter radioaktiver Strahlung zu erzielen:3

  • Neugeborene bis 1 Monat: 1/4 Tablette
  • 1 Monat bis 3 Jahre: 1/2 Tablette
  • 3 Jahre bis 12 Jahre: 1 Tablette
  • 12 Jahre bis 45 Jahre: 2 Tabletten

Schwangere und Stillende nehmen die gleiche Joddosis wie die Gruppe der 12-45-Jährigen. Das gilt auch für Menschen, denen die Schilddrüse teilweise entfernt wurde. Menschen ohne Schilddrüse müssen keine Jodtabletten einnehmen.

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Warum sollten über 45-Jährige keine Jodblockade durchführen?

Im Fall eines nuklearen Unfalls und der Gefahr von radioaktiver Strahlung bekommen Menschen, die älter sind als 45 Jahre keine Jodtabletten zur Jodblockade verabreicht. Laut der Strahlenschutzkommission liegt es daran, dass mit steigendem Lebensalter Knoten und damit verbundene Stoffwechselstörungen in der Schilddrüse vorkommen. Dadurch erhöhen sich Risiken und Nebenwirkungen einer Jodblockade.

Andererseits nimmt mit steigendem Alter das Risiko ab, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken, der durch Strahlung verursacht wird. Zudem geht man davon aus, dass es 30 bis 40 Jahre dauern kann, bis sich solch eine Erkrankung ausbildet. Insofern überwiegen die gesundheitlichen Risiken für ältere Menschen statt der gesundheitliche Nutzen eine Jodblockade.

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Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Jodblockade?

Man sollte keine hoch dosierten Jodtabletten selbstständig als Schutzmaßnahme vor radioaktiver Strahlung einnehmen. Denn ob eine Jodblockade notwendig ist und welcher Teil der Bevölkerung sie durchführen sollte, entscheiden die Katastrophenschutzbehörden der Bundesländer. Sie informieren auch rechtzeitig die Bevölkerung über einen nuklearen Notfall und sorgen für die Verteilung der Tabletten. Laut den Behörden werden in Deutschland 189,5 Millionen Kaliumiodidtabletten (Jodtabletten) in den Bundesländern für den Ernstfall gelagert.

Damit die Jodblockade optimal funktioniert, muss man die Jodtabletten zum richtigen Zeitpunkt einnehmen. Wer sie zu früh oder zu spät einnimmt, hat nicht genug natürliches Jod in der Schilddrüse, um sich vor radioaktivem Jod zu schützen. Deswegen ist es sehr wichtig, den Anweisungen der Katastrophenschutzbehörden im Fall einer radioaktiven Belastung zu folgen.

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Sollte ich die Jodtabletten auf Vorrat kaufen?

Wer will, kann die hoch dosierten Jodtabletten (Kaliumiodid von Lannacher, 65mg) für eine Jodblockade rezeptfrei in der Apotheke kaufen. Laut dem Bundesamt für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz ist es jedoch derzeit schwierig, diese Tabletten als Privatperson zu bekommen. Wie das Bundesministerium erklärt, ist es nicht unbedingt notwendig, die Jodtabletten zu kaufen, da zumindest innerhalb Deutschlands im Falle eines nuklearen Unglücks die Tabletten von Mitarbeitern des Katastrophenschutzes an gefährdete Bürger verteilt werden. Wie bereits erwähnt, lagert der Katastrophenschutz für diesen Zweck bundesweit 189,5 Millionen hoch dosierte Jodtabletten.

Viel wichtiger ist es, die Tabletten nicht unnötig oder falsch einzunehmen. So warnt das Bundesministerium trotz des Krieges in der Ukraine: „Aufgrund der Entfernung zur Ukraine ist nicht damit zu rechnen, dass eine Einnahme von Jodtabletten erforderlich werden könnte. Von einer selbstständigen Einnahme der Tabletten wird dringend abgeraten. Eine Selbstmedikation birgt erhebliche gesundheitliche Risiken, hat aktuell aber keinerlei Nutzen.“

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Quellen

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