Die Ursache von Multiple Sklerose (MS) ist bislang nicht abschließend geklärt. So spielen wohl Umwelteinflüsse, aber auch die Gene eine Rolle. Zudem werden Infektionserkrankungen mit MS in Verbindung gebracht. Doch wie sieht der Zusammenhang genau aus? Sind sie Warnzeichen oder Auslöser? Dies hat eine neue Studie genauer untersucht.
Hollywood-Schauspielerin Christina Applegate oder die deutsche Ex-Leistungssportlerin und Moderatorin Anna Kraft sind zwei berühmte Betroffene: In Deutschland leiden laut „Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V.“ aktuell schätzungsweise zwischen 220.000 und 250.000 an der entzündlichen Erkrankung des zentralen Nervensystems. Leider lassen sich Ursachen bisher nicht ganz klar definieren. Sowohl Gene als auch Einflüsse von außen, wie zum Beispiel Virusinfektionen, können eine Rolle spielen.1 Eine neue Studie beschäftigte sich mit dem Zusammenhang von Pfeifferschem Drüsenfieber und Multiple Sklerose. Sie belegt, dass die Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus das Risiko für MS erhöht.
Übersicht
Pfeiffersches Drüsenfieber und Multiple Sklerose
Schon länger steht das Pfeiffersche Drüsenfieber im Verdacht, das Risiko für eine Multiple Sklerose Erkrankung zu erhöhen. Das brachte zum Beispiel eine Blutuntersuchung aus dem Jahr 2017 mit 1090 US-Amerikanern unterschiedlicher Ethnien („Blacks“, „Hispanics“, „Whites“) zutage.2 Forschende aus Schweden vom Frühjahr 2021 fanden heraus, dass besonders Infektionen in jungen Jahren, nämlich zwischen 11 und 19 Jahren, mit einer späteren MS-Erkrankung in Verbindung zu stehen scheinen. Dazu zählten Infektionen des zentralen Nervensystems, Infektionen der Atemwege und Pfeiffersches Drüsenfieber. Das Risiko für MS scheint besonders erhöht, wenn die Infektionskrankheiten einen starken Verlauf hatten, bei dem die Patienten im Krankenhaus behandelt werden mussten.3
Dieselben schwedischen Wissenschaftler fokussierten sich nun in ihrer neuen Studie auf Pfeiffersches Drüsenfieber als Risikofaktor. Was die zuvor genannte Untersuchung nämlich nicht beantworten konnte, war, wie genau der Zusammenhang des Fiebers und MS aussieht. So hätte argumentiert werden können, dass es eher die Gene sind, die MS auslösen und den Betroffenen auch empfänglicher für Infektionskrankheiten machen.
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Studie mit Geschwistern
Um zu klären, ob Infektionen wie Pfeiffersches Drüsenfieber das Risiko für Multiple Sklerose erhöhen und ein Trigger der Krankheit sein können, untersuchte das Forscherteam rund um Scott Montgomery Geschwisterpaare, die aufgrund ihrer nahen Verwandtschaft einen Großteil ihrer genetischen Ausstattung teilen und ähnlich aufgewachsen sind.
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Die Annahme der Wissenschaftler: Wenn von einem Geschwisterpaar nur eine Person die Infektion hatte und später MS entwickelt, während die andere Person dagegen nicht am Fieber erkrankte und auch keine MS bekommt, würde dies darauf hindeuten, dass die Infektion Multiple Sklerose ausgelöst hat – und weniger die Gene. Bekommt jedoch auch das Geschwisterkind, das kein Pfeiffersches Drüsenfieber hatte, als Erwachsener Multiple Sklerose, wiese dies darauf hin, dass die Gene und nicht die Infektion der Risikofaktor sind. Umso mehr Familien mit Geschwisterpaaren das erstgenannte Muster zeigen, umso sicherer ist es, dass Pfeiffersches Drüsenfieber ein MS-Trigger ist.
Drüsenfieber in verschiedenen Altersstufen
An der Studie nahmen knapp 2,5 Millionen Schwedinnen und Schweden teil, von denen 6000 nach ihrem 20. Lebensjahr die Diagnose Multiple Sklerose erhalten hatten. Die Forscher verglichen die MS-Erkrankungen mit dem Aufkommen von Pfeifferschem Drüsenfieber in der Kindheit (0 bis 11 Jahre), Jugend (11 bis 19 Jahre) und im jungen Erwachsenenalter (20 bis 24 Jahre). Bei der Analyse wurden zunächst die Geschwister innerhalb einer Familie miteinander verglichen, bevor dann alle Ergebnisse miteinander kombiniert wurden.
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Pfeiffersches Drüsenfieber im Teenageralter erhöht das Risiko für Multiple Sklerose
Tatsächlich konnte die Studie zeigen, dass Pfeiffersches Drüsenfieber – und damit andere Infektionen – mit ziemlicher Sicherheit MS auslösen können.4 Dabei konnten die Wissenschaftler auch erneut bestätigen, dass das Alter der Infektionserkrankung eine Rolle spielt. Studienteilnehmer, die als junger Erwachsener an dem Drüsenfieber erkrankten, wiesen kein verstärktes MS-Risiko auf. Die Wahrscheinlichkeit, an Multiple Sklerose zu erkranken, ist offenbar erhöht, wenn man als Kind oder Jugendlicher am Pfeifferschen Drüsenfieber erkrankt. Am höchsten ist das Risiko laut der Analyse, wenn die Infektionserkrankung nach dem 11. und vor dem 20. Lebensjahr auftritt.
Fazit
Nach wie vor ist Multiple Sklerose eine schwer greifbare Krankheit. Aufgrund ihrer sehr unterschiedlichen Symptome und Verläufe wird sie auch als die „Krankheit mit den 1000 Gesichtern“ bezeichnet.5 Und auch, was die Ursachen und Auslöser angeht, ist vieles noch ungewiss. Die aktuelle Studie scheint nun aber darauf hinzudeuten, dass bestimmte, schwer verlaufende Infektionen in jungen Jahren eine entscheidendere Rolle für den Ausbruch von MS spielen könnten als zuvor vermutet.
Quellen
- 1. Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V. (dmsg). Was ist Multiple Sklerose? (aufgerufen am 19.10.2021)
- 2. Langer-Gould A, Wu J, Lucas R et al. (2017). Epstein-Barr virus, cytomegalovirus, and multiple sclerosis susceptibility: A multiethnic study. Neurology
- 3. Montgomery S, Xu Y, Hiyoshi A et al. (2021). Hospital-diagnosed infections before age 20 and risk of a subsequent multiple sclerosis diagnosis. Brain
- 4. Montgomery S, Xu Y, Hiyoshi A et al. (2021). Association of Infectious Mononucleosis in Childhood and Adolescence With Risk for a Subsequent Multiple Sclerosis Diagnosis Among Siblings. JAMA Network Open
- 5. WWU Münster. Die Krankheit der 1000 Gesichter: Gute Therapien für Multiple Sklerose. (aufgerufen am 19.10.2021)