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Tückisch und lebensgefährlich

Symptome, mögliche Ursachen, Ausprägungen und Behandlung einer Depression 

Depression – Anzeichen, Ausprägungen, Ursachen, Behandlung
Bei einer Depression können auch körperliche Beschwerden bestehen. FITBOOK klärt auf und sagt, wann welcher Behandlungsansatz sinnvoll ist – Stichwort: Psychiatrie oder Psychotherapie Foto: Getty Images
Anna Echtermeyer
Redakteurin

22.01.2024, 13:34 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Noch immer werden Depressionen oft unterschätzt oder als Befindlichkeit abgetan. Dabei handelt es sich um eine ernste Erkrankung, die – wenn die Schwere verkannt wird – tödlich enden kann. FITBOOK nennt erste Anzeichen und mögliche Ursachen der Erkrankung und klärt auf, in welchen Fällen welche Behandlungsform geeignet ist – Stichwort Psychotherapie / Psychiatrie.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Prof. Dr. med. Frank Erbguth, Psychiater und Neurologe, Präsident der Deutschen Hirnstiftung

Wenige Zahlen reichen aus, um die Relevanz des Themas verdeutlichen: Jede vierte Frau und jeder achte Mann in Deutschland erleidet im Laufe des Lebens eine Depression – insgesamt 5,3 Millionen der erwachsenen Deutschen.1 Bei den Jugendlichen zwischen zehn und 17 Jahren liegt die Zahl derer, die wegen depressiver Episoden stationär in Behandlung waren bei knapp 22.000 jährlich (Zahl für 2021).2

Trotz dieser alarmierenden Zahlen dauert es häufig viel zu lange, ehe Betroffene Hilfe erhalten, eine Diagnose gestellt wird und die Depression adäquat behandelt wird. Auch, wenn das Thema in weiten Teilen der Gesellschaft inzwischen enttabuisiert ist, fällt es vielen Menschen nach wie vor schwer, das Thema bei anderen anzusprechen oder sich selbst einzugestehen, dass sie Hilfe benötigen (und diese dann auch einfordern). Denn Stigmata, wie „sie ist einfach nicht sehr belastbar“ oder „er muss sich nur mal einen Ruck geben“, hängen der Erkrankung immer noch nach. Das ist fatal, denn im schlimmsten Fall kann eine Depression tödlich enden.

Anzeichen einer Depression

Wer an einer Depression erkrankt, fühlt sich niedergeschlagen, innerlich leer und hat das Interesse an Dingen verloren, die sonst Spaß gemacht haben. Das kann das Hobby, das Treffen mit Freunden oder auch der Job sein. Viele ziehen sich zurück und sind antriebslos. Betroffenen fällt es oft zunehmend schwer, Entscheidungen zu treffen. Sie können sich schlechter konzentrieren, einige leiden auch unter Schlafstörungen. Hinzu kommen negative und pessimistische Gedanken sowie Schuldgefühle.

Kernsymptome

  • depressive Stimmung
  • Verlust von Freude und Interesse an Aktivitäten, die einmal Freude bereitet haben
  • verminderter Antrieb, Neigung zu schneller Ermüdung

Zusatzsymptome

  • Appetitlosigkeit
  • Schlafstörungen
  • vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen
  • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • unbegründete Selbstvorwürfe, Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld
  • Wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Suizid

Körperliche Beschwerden bei der Depression

Auch körperliche Beschwerden sind bei depressiven Menschen nicht ungewöhnlich. Dazu zählen etwa:

  • deutlicher Gewichtsverlust
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Verlust des sexuellen Interesses

Auch interessant: Symptome, Ursachen und Behandlung einer bipolaren Störung

Die unterschiedlichen Ausprägungen von Depressionen

Je nach Anzahl und Ausprägung der Symptome unterscheidet man zwischen einer leichten, mittelgradigen und schweren Depression. Wer länger als zwei Wochen Anzeichen der Erkrankung bei sich beobachtet, sollte einen Arzt aufsuchen, damit sich die Symptome nicht weiter verschlechtern und chronifizieren.

Leichte Ausprägung / Dysthemie (hochfunktionale Depression) – Anzeichen

Bei einer leichten Ausprägung etwa schaffen es die Betroffenen, ihr Leben teilweise jahrelang zu meistern, obwohl sie unglücklich und depressiv sind.

Hochfunktional bedeutet, dass die Betroffenen trotz der Depression noch im Alltag „funktionieren“, also die meisten Aufgaben meistern können. Die hochfunktionale Depression bleibt entsprechend häufig unentdeckt. Deswegen wir die hochfunktionale Depression als eine leichtere Form eingestuft, die aber über Jahre anhalten kann. Die Beschwerden erreichen in der Regel nicht das Ausmaß einer ausgeprägten depressiven Störung. Dazu gehören:

  • Müdigkeit
  • traurige, neidergeschlagene Grundstimmung
  • vieles wird als anstrengend empfunden

Mehr zur Dysthemie lesen Sie hier.

Mittelgradige Depression

Im Unterschied dazu sind bei einer mittelgradigen Depression vier oder mehr Zusatzsymptome vorhanden, was betroffene im Alltag stark beeinträchtigt.

Schwere Ausprägung

Eine schwere Depression ist gekennzeichnet durch mehrere intensive Symptome. Schwer Erkrankte können etwa häufig an den Programmen aus unterschiedlichen Psychotherapieverfahren nicht mehr teilnehmen. Eine schwere depressive Episode ist häufig begleitet von Suizidgedanken und -handlungen.

Wiederkehrende depressive Störung

Nach Angaben der Deutschen Depressionshilfe erleiden mehr als 70 Prozent nach dem ersten Ausbruch immer wieder Krankheitsphasen – man spricht dann von einer rezidivierenden Depression. Zwischen den Episoden ist die betreffende Person beinahe symptomfrei.

Winterdepression

Wissenschaftlich ist die Rede von der „saisonal bedingten Depression“ (SAD). Ausgelöst werden kann sie durch Lichtmangel – die kurzen Tage und die niedrigere Lichtintensität als im Sommer führen bei einigen Menschen dazu, dass weniger Botenstoffe im Gehirn produziert werden. Beschwerden liegen bei einer SAD über mindestens zwei Wochen vor. Wie man sich vor einer Winterdepression schützen kann, erfahren Sie hier.

Mögliche Ursachen

Es gibt viele Gründe, die eine Depression auslösen können: Traumata nach einem Unfall oder Missbrauch, der Verlust eines nahestehenden Menschen, Mobbing am Arbeitsplatz, Geldschulden und damit verbundene Gefühle der Ausweglosigkeit, dauerhafter Stress sowie allgemeine Über- aber auch Unterforderung. Das sind nur einige Beispiele von vielen.

Eine Depression ist zugleich erblich bedingt. Betroffene können also eine Veranlagung für die Krankheit in sich tragen. 2021 haben US-Forscher das Erbgut von etwa 1,2 Millionen Menschen untersucht – sie fanden 178 Gen-Varianten, die im Zusammenhang mit Depressionen stehen.3

Auch Medikamente wie beispielsweise bestimmte Hormonpräparate oder Arzneimittel gegen Bluthochdruck können Depressionen auslösen. Wer das bei sich beobachtet, sollte das seinem Arzt unbedingt mitteilen.

Ob Fettleibigkeit zu Depressionen führt – oder umgekehrt, war Gegenstand einer Studie, die 2018 im International Journal of Epidemiology veröffentlicht wurde. Den Ergebnissen zufolge sind vor allem adipöse Frauen gefährdet, an Depressionen zu erkranken (FITBOOK berichtete).

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Depressionen führen zu Folgekrankheiten

Bei einer Depression gerät der Nervenstoffwechsel im Gehirn aus den Fugen. Das betrifft vor allem die Botenstoffe Serotonin (umgangssprachlich auch „Glückshormon“ genannt), Noradrenalin und Dopamin. Das liegt häufig an einer dauerhaften Überaktivierung des Stresshormonsystems. Diese Überaktivierung wiederum kann langfristig das Risiko für Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes und Demenzerkrankungen erhöhen. Das sei nach Angaben der Deutschen Depressionshilfe auch der Grund, warum Menschen mit Depressionen im Schnitt zehn Jahre weniger leben. Wichtig ist also, frühzeitig zu handeln und professionelle Hilfe aufzusuchen.  

Behandlungsmöglichkeiten

Medikamentöse Therapie

Antidepressiva können das Ungleichgewicht im Gehirn in Ordnung bringen. Es gibt viele verschiedene Präparate auf dem Markt. Einige wirken antriebssteigernd, andere eher angstlösend. Gemeinsam mit dem Psychiater wird das Mittel ausgewählt, das am geeignetsten erscheint. Auch müssen Nebenwirkungen mit einem möglichen Nutzen abgewogen werden. Wer beispielsweise zugleich am Restless-Legs-Syndrom erkrankt ist, sollte unter Umständen die sogenannten Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) meiden. Sie können das Syndrom noch verstärken.

Ambulante Psychotherapie

Neben der medikamentösen Behandlung ist es ratsam, dass sich Betroffene Unterstützung beim Psychotherapeuten holen. In der kognitiven Verhaltenstherapie lernt man Schritt für Schritt, das Leben so zu gestalten, dass es wieder zunehmend Freude bereitet. Oft geht es auch darum, Strategien zur Stressbewältigung zu finden und ungünstige Denkmuster wie Schwarzmalerei oder zu hohe Erwartungshaltungen an sich und andere abzulegen. Meist finden die Sitzungen zu Anfang einmal die Woche statt, später werden die Abstände vergrößert.

Manchmal kann statt der kognitiven Verhaltenstherapie (oder im Anschluss) eine Psychoanalyse sinnvoll sein. Bei dieser Therapieform geht es hauptsächlich darum, traumatische Erfahrungen und gestörte Beziehungsmuster (meist aus der Kindheit) aufzuarbeiten. Hilfreich können auch Selbsthilfegruppen sein. Mittlerweile gibt es auch Online-Programme wie das iFightDepression Tool, moodgym oder Selfapy, die Wege aus der Depression zeigen.

Auch interessant: Was ist der Unterschied zwischen Psychologe, Psychotherapeut und Psychiater?

Wann ist eine stationäre oder tagesklinische Behandlung notwendig – und wann ist eine vorübergehende Unterbringung in der Psychiatrie sinnvoller?

Je nach Schwere der Depression und abhängig davon, wie stark bei der Depression auch körperliche Beschwerden bestehen, sind psychiatrische oder psychosomatische Kliniken geeignet.

Eine stationäre oder auch tagesklinische Behandlung ist dann notwendig, wenn Betroffene nicht mehr in der Lage sind, zu arbeiten oder an einer ambulanten Psychotherapie teilzunehmen. Der Aufenthalt beträgt in der Regel mindestens sechs Wochen und setzt voraus, dass Erkrankte zumindest noch so viel Kraft haben, dass sie bei den täglichen Programmen aus unterschiedlichen Psychotherapieverfahren sowie Sport- und Bewegungstherapie mitmachen können. Ist das nicht möglich, ist eine vorübergehende Unterbringung in der Psychiatrie sinnvoller. Das ist auch der Fall, wenn Betroffene Suizidgedanken haben.

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Elektrokrampftherapie bei schweren Fällen

Bei Patienten mit schwerer oder chronischer Depression, die auf medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungen nicht ausreichend ansprechen, kann die Elektrokrampftherapie helfen. Dabei löst man durch eine kurze elektrische Reizung des Gehirns (20 bis 30 Sekunden) einen epileptischen Krampfanfall aus. Die Patienten sind währenddessen unter Vollnarkose.

Depressionen häufigste Ursache für Suizid

Im Jahr 2022 starben in Deutschland insgesamt 10 119 Menschen durch Suizid – das waren fast 28 Personen pro Tag. Männer nahmen sich deutlich häufiger das Leben als Frauen, rund 75 Prozent der Selbsttötungen wurden von Männern begangen.4 Depressionen sind die häufigste Ursache für Suizid.5

Auch als Angehöriger, Freund oder sonst nahestehende Person ist es enorm wichtig, eine Depression ernst zu nehmen und sie nicht zu bagatellisieren. Das Vorurteil, dass sich ein Mensch, der von Suizid spricht, nichts antut, hält sich hartnäckig – ist aber falsch! Sagt jemand beispielsweise so etwas wie „Es hat ja doch alles keinen Sinn mehr“, ist das ein klares Alarmzeichen.

Hier gibt es Hilfe

Die Deutsche Depressionshilfe rät, Betroffene offen darauf anzusprechen und ihnen bei Bedarf dabei zu helfen, einen Arzt oder Psychotherapeuten zu kontaktieren. Manchmal kann es auch notwendig sein, sie in eine psychiatrische Notfallambulanz zu bringen. Sollten Sie selbst Suizidgedanken haben: Die Telefonseelsorge unter 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 ist kostenfrei und steht rund um die Uhr zur Verfügung. Holen Sie sich bitte Hilfe!

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Quellen

Themen Depression Krankheiten Krankheiten A bis Z

Quellen

  1. Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention: Häufigkeit von Depressionen (aufgerufen am 22.01.2024) ↩︎
  2. Statistisches Bundesamt: Krankenhausbehandlungen 2021 von 10- bis 17-Jährigen (aufgerufen am 22.01.2024) ↩︎
  3. Levey, D. F., Stein, M. B., Wendt, F. R. et al. (2021). Bi-ancestral depression GWAS in the Million Veteran Program and meta-analysis in >1.2 million individuals highlight new therapeutic directions. Nature ↩︎
  4. Statistisches Bundesamt: Todesursachen – Suizide (aufgerufen am 22.01.2024) ↩︎
  5. Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention: Suizidalität (aufgerufen am 22.01.2024) ↩︎
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