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Seltene Nervenkrankheit

Frühe Symptome, die auf Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) hindeuten können

Computerillustration von Motoneuronen
Bei einer Erkrankung an ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) degenerieren die Nervenzellen Foto: Getty Images
Laura Pomer
Laura Pomer

11.08.2023, 15:55 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Die Abkürzung ALS steht für Amyotrophe Lateralsklerose. Es handelt sich dabei um eine seltene, nicht heilbare Nervenkrankheit. Bei den Betroffenen kommt es sukzessive zur Lähmung der Muskeln im gesamten Bewegungsapparat. Sie sind meist wenige Monate nach der Diagnose auf einen Rollstuhl angewiesen und verlieren mit Fortschreiten der Erkrankung sämtliche motorische Fähigkeiten. Lesen Sie alles zu dem Thema bei FITBOOK.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Prof. Dr. med. Frank Erbguth, Neurologe und Präsident der Deutschen Hirnstiftung

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) erkranken pro Jahr weltweit ein bis zwei von 100.000 Personen an ALS, meist zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen und Europäer etwas öfter als Menschen auf der restlichen Welt. Im Folgenden geht FITBOOK genauer auf das Krankheitsbild, mögliche erste Symptome und die Behandlung von ALS ein.

Was genau ist ALS (Amyotropher Lateralsklerose)?

ALS ist eine degenerative (von „degenerieren“ = verfallen) Erkrankung des zentralen Nervensystems. Sie führt dazu, dass sich die für Bewegung zuständigen Nervenzellen zurückbilden und in der Folge den Muskeln keine Impulse mehr geben können. Gleichzeitig kommt es zu unwillkürlichen Zuckungen der Muskeln, sogenannten Faszikulationen. Betroffene verlieren Stück für Stück die Fähigkeit zu laufen, sich zu bewegen, ihre Mimik. Früher oder später können sie nicht mehr selbstständig die Gabel zum Mund führen und irgendwann nicht mehr schlucken oder atmen. ALS verläuft stets tödlich.

Formen von ALS

Unterschieden wird in drei Formen von ALS, die sich in ihrer Verlaufsform unterscheiden: die bulbäre, die spinale und die respiratorische ALS. Die bulbäre ALS betrifft zunächst die motorischen Nervenzellen im Hirnstamm. Etwa 20 bis 30 Prozent der Patienten leiden an dieser Form. Bei der spinalen Form (etwa 70 Prozent der Erkrankungen) sind zuerst Zellen im Rückenmark betroffen. Bei der besonders seltenen respiratorischen Form ist es zunächst die Atemmuskulatur.

Mögliche erste Symptome

Bei manchen Patienten ist eine scheinbar unauffällige Muskelschwäche, oft zunächst nur in einer Hand, das erste Symptom. Andere klagen über Muskelkrämpfe, bei wieder anderen degeneriert zuerst die Sprachfähigkeit. In der Regel beginnen die Muskellähmungen bei den Extremitäten und schreiten fort zum Gesicht.

Mögliche erste Symptome im Überblick:

  • Muskelzucken
  • Muskelkrämpfe
  • Muskelschwäche in einer Hand/einem Arm
  • Muskelschwäche in einem Unterschenkel/Fuß
  • Ungeschicklichkeit
  • Gangunsicherheit
  • Probleme beim Sprechen, Kauen oder Schlucken
  • Spastische Lähmungen

Wie erfolgt die Diagnose einer Amyotrophe Lateralsklerose?

Um Amyotrophe Lateralsklerose zu diagnostizieren, wird eine neurologische Untersuchung und Anamnese durchgeführt. Parallel dazu werden die Leitungsgeschwindigkeiten des Zentralnervensystems und der peripheren Nerven untersucht. Es folgen standardmäßig weitere Tests (u. a. Nervenfunktions-, Blut- und Lungenfunktionstests sowie eine Magnetresonanztomografie), um andere Erkrankungen ausschließen zu können, denen die Symptome von ALS ähneln können.

Auch interessant: Bald könnte man Nervenerkrankungen an den Tränen erkennen

Wie sieht die Behandlung aus?

Wenn sich der Verdacht bestätigt, sollten bei einem Neurologen regelmäßige Kontrollen des Krankheitsverlaufs erfolgen. Es gibt derzeit kein Mittel, das ALS heilen kann. Allerdings kann ein zugelassenes Medikament mit dem Wirkstoff Riluzol, welcher den Abbau der motorischen Nervenzellen bremst, das Fortschreiten der Erkrankung zumindest verlangsamen. Um mittelfristig besser damit umgehen zu können, dass mehr und mehr Körperfunktionen wegfallen, sollten Betroffene sich in ergo-, physiotherapeutische und logopädische Behandlung begeben. Im Verlauf der Erkrankung sind sie zunehmend auf technische Hilfsmittel zum Kommunizieren, Atmen und Bewegen angewiesen. Nicht zu unterschätzen ist bei ALS eine psychotherapeutische Betreuung.

Gibt es Risikogruppen?

Nach aktuellem Stand der Wissenschaft tritt ALS in aller Regel spontan auf. Nur bei etwa jedem hundertsten Betroffenen lässt sich eine Mutation eines bestimmten Stoffwechsel-Gens feststellen. Es kann freie Stoffwechselradikale nicht bzw. schlechter abfangen, was wiederum Nervenschädigungen begünstigen kann. Doch Vererbung scheint keine wesentliche Rolle bei der Entstehung von ALS zu spielen. In 90 bis 95 Prozent der Fälle kann eine familiäre Prädisposition für ALS nicht festgestellt werden. Bei 5 bis 10 Prozent gibt es eine familiäre Häufung.1

Auffällig ist, dass häufig Sportler betroffen sind. Das haben immer wieder prominente Einzelfälle gezeigt und konnten auch Studien bestätigen. In den USA ist die Erkrankung deshalb auch als „Lou Gehrig’s Disease“ bekannt.2 Henry Louis „Lou“ Gehrig war ein US-amerikanischer Baseball-Star. Er erlag 1941 seiner schweren Krankheit. Über die Ursachen für das erhöhte Risiko unter Sportlern können Wissenschaftler nach wie vor nur spekulieren. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass es beim Kontaktsport vermehrt zu Kopfverletzungen kommen kann und diese den Ausbruch der (manchmal genetisch bedingten) Krankheit begünstigen können.3,4

Wie ist die Prognose bei Amyotropher Lateralsklerose?

Die Geschwindigkeit, mit der die Krankheit verläuft, ist unterschiedlich. Durchschnittlich leben die Patienten bei Feststellung der ersten Symptome im Durchschnitt noch circa zweieinhalb Jahre, 10 bis 20 Prozent der Patienten leben sogar noch mehr als zehn Jahre.5,6

Stephen Hawking
Der britische Astrophysiker Stephen Hawking († 2018) litt seit seinem 21. Lebensjahr an chronisch juveniler ALS (JALS), für die ein langer Krankheitsverlauf typisch ist. In seinem Fall waren es 55 Jahre. Er artikulierte sich ab einem gewissen Krankheitsstadium durch Zucken eines Wangenmuskels per Sprachcomputer. Foto: Getty Images

Die geistigen Fähigkeiten bleiben den Patienten meistens vollständig erhalten, sodass sie den Verfall sämtlicher motorischer Fähigkeiten bei vollem Bewusstsein miterleben. Auch die Sinnes- und Verdauungsorgane funktionieren in der Regel bis zum Tod. Es ist wichtig, dass – auch wenn das Essen (Schlucken) ihnen immer schwerer fällt – Betroffene nicht zu viel Gewicht verlieren. Denn das würde den körperlichen Abbau weiter vorantreiben. Umgekehrt soll leichtes Übergewicht und ein moderat erhöhter Cholesterinspiegel die Lebenserwartung zumindest etwas erhöhen können. Das haben Wissenschaftler der Massachusetts General Hospital in einer Auswertung von Patientendaten ermittelt.7

FITBOOK wurde fachlich beraten vom Allgemein- und Notfallmediziner Dr. Falk Stirkat.

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Quellen

Sonstige Quellen

Themen Amyotrophe Lateralsklerose Krankheiten Krankheiten A bis Z Neurologische Erkrankungen
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