26. Juni 2025, 10:24 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Es ranken sich verschiedene Mythen darum, was im Körper eines Mannes passiert, wenn er über einen längeren Zeitraum keinen Sex hatte. Da ist unter anderem von Libidoverlust, Samenstau und Erektionsstörungen die Rede. Was davon stimmt und was nicht – FITBOOK-Autorin Laura Pomer hat bei einem Urologen nachgefragt.
Samenstau, Libidoverlust und Spermien, die irgendwann schlecht werden: Um das Thema Sex-Abstinenz beim Mann ranken sich regelrechte Horrorgeschichten. Wir haben acht gängigste Behauptungen mit einem Experten auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft. Mit dem Ziel, herauszufinden: Was passiert im Körper eines Mannes, wenn er lange keinen Sex hatte?
Übersicht
- Verändern sich die Geschlechtsorgane?
- Samenstau – gibt es das wirklich?
- Können Spermien „schlecht“ werden?
- Haben Sex und Sexentzug Einfluss auf die Prostata?
- Leidet das Immunsystem, wenn man lange keinen Sex hat?
- Schädigt Sexentzug die seelische Gesundheit?
- Kommt es zu einer „Verweiblichung“?
- Verschwindet die Libido, wenn man lange keinen Sex hat?
- Ein paar spannende Daten zu Sex in Deutschland
- Quellen
Verändern sich die Geschlechtsorgane?
Muskeln, die lange nicht gefordert werden, bilden sich zurück. Eine ähnliche Entwicklung könnten theoretisch auch die Geschlechtsorgane nehmen – also praktisch nicht mehr so funktionieren, wie sie sollten. Und tatsächlich: Wenn man(n) sein bestes Stück lange nicht gebraucht hat, kann dies Erektionsstörungen begünstigen. Das bestätigt Dr. med. Christoph Pies, Facharzt für Urologie und Buchautor, im Gespräch mit FITBOOK. Durch die fehlende Durchblutung können die Schwellkörper auf die Dauer „atrophieren“, also quasi verkümmern. Dr. Pies spricht von Veränderungen der Muskeln im Geschlechtsteil und Vernarbungen im Schwellkörper, die eine Abstinenz mitbringen können. Das ist sogar in einer Studie gezeigt worden.1
Samenstau – gibt es das wirklich?
Lange keinen Sex zu haben, soll einen Samenstau verursachen und die Hoden anschwellen lassen – eine schmerzhafte Vorstellung, die glücklicherweise ins Reich der Legenden verfrachtet werden kann. Urologe Dr. Pies gibt Entwarnung. „In den Hoden werden zwar durchgehend neue Spermien produziert, doch ungebrauchte werden früher oder später abgebaut oder durch einen nächtlichen Samenerguss ausgestoßen.“ So etwas wie Samenstau gibt es also nicht.
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Können Spermien „schlecht“ werden?
Entsprechend stimmt auch nicht, was sich damals schon auf dem Schulhof erzählt wurde: dass die Qualität der Spermien leide, wenn man lange keinen Sex hatte und sie deshalb nicht „losgeworden“ sei. Laut Dr. Pies verändert sich die Samenflüssigkeit weder zum Guten noch zum Schlechten, das sollen auch US-Forscher mit einer großangelegten Studie belegt haben.2
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Haben Sex und Sexentzug Einfluss auf die Prostata?
Ja. Forscher verschiedener Fakultäten konnten in einer gemeinsamen Studie zeigen, dass regelmäßiges Ejakulieren das Risiko verringert, an Prostatakrebs zu erkranken. 21 oder mehr Samenergüsse im Monat führten zu einem um 33 Prozent verminderten Risiko im Vergleich zu der Gruppe, die nur vier- bis siebenmal pro Monat ejakulierte.3
Leidet das Immunsystem, wenn man lange keinen Sex hat?
Jein. Umgekehrt könne man aber sicher sagen: Wer zwei- bis dreimal pro Woche Sex hat, unterstützt sein Immunsystem! Vor allem, wenn eine weitere Person daran beteiligt sei, so Dr. Pies: „Speichelaustausch wirkt wie eine Impfung, da auch mehr Antikörper nachweisbar sind.“
Schädigt Sexentzug die seelische Gesundheit?
Bekanntermaßen wird beim Sex die Ausschüttung von Glückshormonen provoziert und die des Stresshormons Cortisol gehemmt. Fällt dieser „Akt“ weg, ist man entsprechend reizbarer. Diesen ungesunden Effekt fördern viele Betroffene oft selbst – ungewollt, natürlich. Pies berichtet von einer Studie der Universität Göttingen mit rund 32.000 Probanden, aus deren Daten hervorging, dass ein Drittel der Männer und Frauen, die maximal einmal pro Woche Sex hatten, sich mithilfe von Arbeit ablenkten. „Das erhöht das Stresslevel noch weiter“, warnt Pies. Die Antwort sei daher: Ja.
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Kommt es zu einer „Verweiblichung“?
Nein. Zwar ist die Studienlage zum Einfluss von sexueller Abstinenz auf den Testosteronspiegel nicht ganz eindeutig – so kann es etwa durch ausbleibende Ejakulationen zu einem Abfall des aktiven „freien“ Testosterons kommen –, eine negative Beeinflussung des Gesamt-Testosterons oder gar eine „Verweiblichung“ tritt jedoch nicht ein.4
Verschwindet die Libido, wenn man lange keinen Sex hat?
Im Regelfall nicht, erklärt uns Dr. Pies, aber im Einzelfall könne das passieren. Mediziner sprächen vom „Witwer-Syndrom“, einer Sexualstörung, bei der der Körper sich quasi an die Sexlosigkeit gewöhnt habe. Die Ursachen seien hier aber nicht auf hormoneller Ebene zu suchen, sondern entstünden beispielsweise durch die Trauer nach einer Trennung oder einem Todesfall oder durch allgemeine körperliche Inaktivität.

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Ein paar spannende Daten zu Sex in Deutschland
Bei „Statista“ finden sich einige spannende Zahlen bzw. Umfrageergebnisse zum Thema Sexualität. 2008 wurden etwa Daten zu der Frage gesammelt, wie oft Frauen und Männer im Monat durchschnittlich Sex hatten. Tatsächlich war das Ergebnis für die Geschlechter sehr ähnlich. 35 Prozent der Männer und 36 Prozent der Frauen gaben an, sechs- bis zehnmal monatlich Sex zu haben.5 Eine Umfrage von 2020 ermittelte die Sex-Häuigkeit in Bezug auf den Beziehungsstatus der Teilnehmenden. So gaben verheiratete Paare zu einem Großteil (27 Prozent) an, mehrmals pro Monat intim zu werden. Unverheiratete Paare kamen laut der Umfrage zu einem großen Teil (30 Prozent) mehrmals pro Woche in den Genuss. Dagegen gaben 39 Prozent der befragten Singles an, gar keinen Sex zu haben.6
Auch Selbstliebe im Sinne der Masturbation ist in Deutschland weitverbreitet – und zum Glück wohl auch kein Tabuthema mehr. 2020 gaben in einer Umfrage 93 Prozent der Männer und 80 Prozent der Frauen an, zu masturbieren.7 Und auch Sextoys erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. 2020 gaben 47 Prozent der befragten Männer und sogar 61 Prozent der befragten Frauen an, Sextoys zu nutzen. Im Vergleich: 2018 gaben noch 28 Prozent der Männer und 37 Prozent der Frauen an, Sexspielzeug zu verwenden.8