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Laut Studie

Fast die Hälfte junger Kontaktsportler von Demenzform betroffen

Illustration Gehirn eines Footballers
American Football ist ein typischer Kontaktsport. Auch junge Athleten haben bereits ein hohes Risiko, die Demenzform CTE zu entwickeln. Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

31.08.2023, 20:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Es gibt verschiedene Formen von Demenz. Die Chronisch Traumatische Enzephalopathie (CTE) ist eine besondere Form, die durch wiederholte Kopfverletzungen entsteht. Eine Studie zeigt nun, dass bereits viele junge Sportler davon betroffen sind, sofern sie sogenannte Kontaktsportarten ausüben. Dazu gehört auch Fußball.

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Wenn man das Wort Demenz hört, assoziiert man damit automatisch eine Krankheit, die den geistigen Verfall bei älteren Menschen beschreibt. Dabei gibt es verschiedene Formen der Demenz. Eine davon kann auch junge Menschen betreffen, die wiederholt Kopfverletzungen ausgesetzt sind. So etwa Sportler, die American Football, Kampfsport oder Eishockey praktizieren, wie die „Alzheimer Forschung Initiative e.V.“ erklärt.1 Früher hat man umgangssprachlich von einer „Boxer-Demenz“ oder der „Boxer-Krankheit“ gesprochen, da eben diese Sportler davon betroffen waren. Mittlerweile hat sich der Fachbegriff Chronisch Traumatische Enzephalopathie kurz CTE etabliert. Wie bei Alzheimer lösen Ablagerungen von Tau-Proteinen im Gehirn eine CTE aus. Eine amerikanische Studie zeigt nun alarmierend hohe Zahlen bei jungen Sportlern bereits unter 30 Jahren. Darunter befindet sich die erste amerikanische Sportlerin, bei der diese Krankheit diagnostiziert wurde.

Studie untersucht Gehirne von Kontaktsportlern

In der aktuellen Studie des neuen CTE-Zentrums der Boston University wurden die Gehirne von 152 Spendern untersucht, die Kontaktsportarten ausübten und vor ihrem 30. Lebensjahr verstarben.2 Die Untersuchungen fanden zwischen 2008 und 2022 statt. Kontaktsportarten sind solche, bei denen Spieler mehr oder weniger starken Kontakt untereinander haben. Aber auch, wenn es durch den Kontakt zu einer erhöhten Verletzungsgefahr sowohl mit Mitspielern als auch mit Spielgeräten und sogar dem Boden kommen kann. Das trifft vor allem auf folgenden Sportarten zu:

  • Boxen
  • Kampfsport
  • Eishockey
  • Football
  • Rugby
  • Fußball
  • Basketball
  • Cheerleading
  • Skispringen

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Mehr als 40 Prozent der untersuchten Sportler zeigten Anzeichen von Demenz

Die Auswertung der Gehirnanalyse ergab, dass 41,4 Prozent der untersuchten Athletinnen und Athleten Anzeichen für CTE aufwiesen. Zuvor wurden bei den Probanden vor ihrem Tod Symptome wie Depression, Apathie und Schwierigkeiten bei der Verhaltenskontrolle diagnostiziert. Das Durchschnittsalter der Probanden betrug lediglich 23 Jahre, 93 Prozent von ihnen waren männlich. Darunter befand sich auch die erste amerikanische Sportlerin, bei der CTE diagnostiziert wurde. Es handelte sich dabei um eine 28-jährige College-Fußballspielerin.

„Diese Studie zeigt deutlich, dass die Pathologie von CTE früh beginnt“, wird die Studienautorin Ann McKee vom Wissenschaftsportal „Neuroscience News“ zitiert. Die Tatsache, dass mehr als 40 Prozent der jungen Kontakt- und Kollisionssportler in der „UNITE Brain Bank“ CTE aufwiesen, sei bemerkenswert, so die Wissenschaftlerin. Denn andere Untersuchungen zeigten, dass weniger als ein Prozent der Allgemeinbevölkerung CTE, also eine Demenz durch Kopfverletzungen, aufweisen.

Interessant: In der Studie machten Amateursportler 71,4 Prozent der mit CTE diagnostizierten Probanden aus. Dazu zählten Football-, Eishockey-, Fußball- und Rugbyspieler sowie Ringer. Jene Probanden, bei denen eine CTE diagnostiziert wurde, waren im Schnitt älter (25,3 Jahre gegenüber 21,4 Jahren zum Zeitpunkt des Todes) und über einen deutlich längeren Zeitraum Kontaktsportarten ausgeübt (11,6 Jahre gegenüber 8,8 Jahren). Ein deutliches Indiz also dafür, dass eine langjährige Exposition gegenüber Kopfverletzungen ein deutlich höheres Risiko für CTE birgt.

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Viele Sportler zeigten Symptome wie Depressionen und Apathie

Die detaillierte Analyse ergab, dass bei allen untersuchten Sportlern eine leichte CTE im Stadium 1 und 2 vorlag. Drei Spender hatten eine CTE im Stadium 3. Das schwerste Stadium 4 wurde bei keinem der Probanden diagnostiziert. Häufig wurden aber auch weitere Anzeichen für eine Hirnschädigung vorgefunden.

Die Symptome einer CTE sind vielfältig und hängen auch davon ab, welche Hirnareale betroffen sind. Wie bei Alzheimer treten auch hier häufig Gedächtnisstörungen, Persönlichkeitsveränderungen sowie Depressionen auf. Laut der Studie wurden bei den Probanden auch folgende Symptome beobachtet:

  • Depressionen (70 Prozent)
  • Apathie bzw. Gefühllosigkeit (71,3 Prozent)
  • Probleme bei der Verhaltenskontrolle (56,8 Prozent)
  • Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung (54,5 Prozent)
  • Alkoholmissbrauch (42,9 Prozent)
  • Drogenmissbrauch (38,3 Prozent)

Die Studienautorin Ann McKee weist jedoch darauf hin, dass einige der Symptome dieser jungen Sportlerinnen und Sportler nicht durch die frühe CTE verursacht wurden. Sie empfiehlt daher jungen Menschen, die unter ähnlichen Symptomen leiden, sich unbedingt in ärztliche Behandlung zu begeben, denn viele lassen sich behandeln.

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Ergebnisse der CTE-Studie müssen verifiziert werden

Die Forscher der Studie weisen darauf hin, dass CTE bislang nicht bei lebenden Personen diagnostiziert werden kann. Deswegen ist es weiterhin unklar, wie häufig und in welchen Bevölkerungsgruppen die Demenz durch Kopfverletzungen am häufigsten vorkommt. Zudem seien Hirnspender nicht repräsentativ, weil sie mit größerer Wahrscheinlichkeit Symptome vor ihrem Tod aufweisen als lebende junge Athletinnen und Athleten. Ferner wurden keine genaueren Informationen zur Todesursache genannt.

„Obwohl weitere Forschung in diesem Bereich notwendig ist, sind diese Ergebnisse eine bemerkenswerte Ergänzung der Forschungsergebnisse zu CTE“, kommentiert Dr. Nsini Umoh, Leiter der Erforschung traumatischer Hirnverletzungen am „National Institute of Neurological Disorders and Stroke“ (NINDS), das Studienergebnis. Es müssen aber auch junge Gehirnspender untersucht werden, die keine Kontaktsportarten ausüben, um zu verstehen, welche Hirnschäden nicht auf CTE zurückzuführen sind. Generell gilt jedoch, sich vor Kopfverletzungen bestmöglich zu schützen, um eine mögliche Demenz zu vermeiden. Aber auch, um anderen Schäden zu vermeiden, wie FITBOOK bereits in einem früheren Beitrag berichtete.

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Quellen

Themen Demenz
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