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Forschung

Wie sich hohe Temperaturen nachts auf Schlafapnoe auswirken

Hohe Temperaturen können Schlafapnoe verschlimmern
Hohe Temperaturen haben laut Studie Einfluss auf die Symptome einer Schlafapnoe Foto: Getty Images / FamVeld

17. Juni 2025, 19:07 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

In Deutschland hat die heiße Jahreszeit begonnen, und das macht sich bei vielen Menschen mit einer beeinträchtigten Schlafqualität bemerkbar. Eine neue Studie zeigt nun unter anderem, wie stark von hohen Temperaturen nachts diejenigen betroffen sind, die bereits an einer schlafassoziierten Erkrankung leiden: Schlafapnoe. FITBOOK-Autorin Laura Pomer geht ausführlich auf die Erkenntnisse der Untersuchung ein und hat darüber auch mit dem Studienhauptautor gesprochen.

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Das sogenannte obstruktive Schlafapnoesyndrom (OSAS) führt durch eine zeitweilige Verengung oder Blockade der oberen Atemwege zu wiederholten Atemaussetzern während des Schlafs. Es handelt sich um einen ernst zu nehmenden medizinischen Befund. Man geht davon aus, dass er unbehandelt die Lebenserwartung maßgeblich verringern kann.1 Denn die nächtliche Sauerstoffunterversorgung kann das Herz belasten, was verschiedene schwere Folgeerkrankungen nach sich ziehen kann. Mehr Informationen dazu hier. Verschiedene Umstände und äußere Faktoren können die Symptomatik verschlimmern. Diese reichen von Übergewicht über eine ungünstige Schlafposition bis hin zum Konsum von Alkohol. Ebenso wesentlich sind für Schlafapnoe-Patienten offenbar hohe Temperaturen. Das zeigt eine neue Studie der australischen Flinders University. 2

Wie hohe Temperaturen auf Schlafapnoe wirken

Die Forscher haben das Thema „hohe Temperaturen“ langfristig betrachtet – vor dem Hintergrund des Klimawandels. Auf Basis ihrer Erkenntnisse gehen sie davon aus, dass Schlafapnoe eine zunehmend größere gesundheitliche und wirtschaftliche Belastung auf der ganzen Welt darstellen wird. Wie die Autoren in einer Pressemitteilung erklären, könnte sich die Zahl der Betroffenen in den kommenden 75 Jahren in vielen Ländern verdoppeln.3 Und auch unmittelbar erhöhen nächtliche hohe Temperaturen an heißen Tagen die Wahrscheinlichkeit für Atemaussetzer im Schlaf, wie die Untersuchung bestätigte.

Ablauf der Untersuchung

Die Forscher werteten die Schlafdaten von mehr als 116.000 Personen aus verschiedenen Ländern aus. Etwa 25,4 Prozent der überwiegend männlichen Teilnehmer litten an einer moderaten Form der obstruktiven Schlafapnoe, bei 8,9 Prozent lag eine schwere Ausprägung vor. Die übrigen Probanden zeigten keine entsprechenden Auffälligkeiten. Alle Teilnehmer hatten im Durchschnitt etwa 3,5 Jahre lang ein spezielles medizinisches Messgerät unter ihrer Matratze verwendet. Dieses zeichnete über die reine Schlafdauer hinaus verschiedene spezifische Werte während des Schlafs kontinuierlich auf. Im Zentrum dieser Werte stand der sogenannte Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI). Dieser gibt an, wie viele Atemaussetzer oder flache Atmungen pro Stunde Schlaf auftreten und ist somit ein entscheidendes Bewertungskriterium für die Schwere einer Schlafapnoe. Ein weiterer Aspekt war der zeitliche Verlauf der Atemaussetzer innerhalb einer Nacht.

Für jede einzelne Person lagen Aufzeichnungen der Sensoren aus 500 verschiedenen Nächten vor, sodass insgesamt Daten aus rund 62 Millionen Nächten zusammengekommen sind. Diese Daten glichen die Forscher mit lokalen Wetteraufzeichnungen ab, aus denen die Außentemperaturen der jeweils vorangegangenen 24 Stunden hervorgingen.

Höhere Temperaturen = mehr Atemaussetzer durch Schlafapnoe

Die Auswertung ergab, dass besonders heiße Tage das Risiko für nächtliche Atemaussetzer deutlich erhöhen. Konkret stieg die Wahrscheinlichkeit für entsprechende Symptome einer Schlafapnoe um etwa 45 Prozent, wenn die Temperatur bei rund 27 Grad Celsius lag, verglichen mit kühlen Tagen bei etwa 6 Grad Celsius. Schwere Fälle von Schlafapnoe traten an Tagen mit hohen Temperaturen bis zu 50 Prozent häufiger auf. Den Forschern zufolge ist außerdem bekannt, dass Schlafapnoe-Patienten ihre Schlafmasken, mit denen die Erkrankung mittels einer CPAP-Beatmung mit positivem Atemwegsdruck behandelt wird, bei Hitze seltener oder kürzer tragen.

Mann trägt bei hohen Temperaturen Schlafmaske zur Behandlung seiner Schlafapnoe
Wenn ihnen zu warm wird, setzen viele Betroffene einer Schlafapnoe die zur Behandlung eingesetzte Atemmaske ab Foto: Getty Images

Ob dies im konkreten Fall die Ursache war – darüber fehlen Informationen. „Wir hatten keinen Zugang zu Behandlungsdaten“, räumt Studienhauptautor Dr. Bastien Lechat auf FITBOOK-Nachfrage ein. Ob die Therapietreue bei den Ergebnissen eine Rolle gespielt haben könnte, bleibt somit zunächst ungeklärt.

»Heißes Wetter stört die Schlafarchitektur

„Unsere Haupthypothese ist, dass heißes Wetter die Schlafarchitektur stört und somit zu einem leichteren Schlaf während der Nacht führt“, so Dr. Lechat zu FITBOOK. Da Schlafapnoe bekanntermaßen in leichteren Schlafphasen schwerer verläuft, könnte dies zur Erklärung der beobachteten Auswirkungen beitragen. Der Forscher weist auf eine Studie aus dem Jahr 2009 hin, deren Ergebnisse nahelegen, dass die Schwere von Schlafapnoe im Tiefschlaf deutlich verringert ist.4

Besonders stark war der beobachtete Effekt – also eine Verschlechterung der Symptomatik – in europäischen Ländern ausgeprägt. Dies könnte den Forschern zufolge u. a. mit baulichen Begebenheiten zusammenhängen. Etwa seien Klimaanlagen in Europa viel weniger verbreitet als in den USA oder in Australien. Dr. Lechat: „Wir glauben, dass dies teilweise die zwischen den Ländern beobachteten Unterschiede erklären könnte.“

Langfristige mögliche Folgen für die Gesellschaft

Wie oben erwähnt, wollten die Forscher mit ihrer Untersuchung auch abschätzen, inwiefern die Diagnose obstruktive Schlafapnoe (OSA) eine zunehmende Bedrohung für die allgemeine Gesundheit und die Wirtschaft darstellt. Zu diesem Zweck betrachteten sie verschiedene Klimaszenarien und nutzten ein spezielles Rechenmodell zur gesundheitsökonomischen Bewertung. Dabei legten sie die sogenannten „disability-adjusted life years“ (DALYs) zugrunde. Hierbei handelt es sich um eine von der Weltgesundheitsorganisation verwendete Kennzahl, die Krankheits- und Unfallfolgen sowie vorzeitige Todesfälle berücksichtigt.

Laut Dr. Lechat kam die Berechnung zu dem Ergebnis, dass allein im Jahr 2023 der durch den Klimawandel bedingte Anstieg der OSA-Prävalenz in den untersuchten Ländern zu einem Verlust von rund 800.000 gesunden Lebensjahren geführt habe. Dieser Wert liegt in einer Größenordnung mit dem, was beispielsweise durch Parkinson, bipolare Störungen oder chronische Nierenerkrankungen verursacht wird. Für die Zukunft rechnen die Autoren mit einem deutlichen Anstieg. Bei einer globalen Erwärmung von etwa 1,8 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 könnte sich die durch Hitze ausgelöste Belastung durch obstruktive Schlafapnoe je nach Szenario und Region um das 1,2- bis 3-Fache erhöhen.

Einschränkungen der Studie

Wie bei den meisten großen Datenauswertungen gibt es gewisse Einschränkungen. Die Temperaturdaten stammten aus Wetterberichten. Wie warm es tatsächlich in den Schlafzimmern der Teilnehmer war, wurde nicht erfasst. Außerdem war die Mehrheit der Probanden männlich und stammte aus industrialisierten Ländern, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Gruppen begrenzt. Die Ursachen für den Zusammenhang zwischen Hitze und Schlafapnoe wurden nicht näher untersucht, sondern lediglich statistisch belegt.

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Es bleiben verschiedene Fragen offen. Die wohl wesentlichste: Verursachen wirklich die Temperaturen die verstärkten Beschwerden, oder rühren die Beobachtungen einzig aus dem Verhalten der Schlafapnoe-Patienten? Denkbar wäre etwa, dass Wärme die Atemkontrolle oder den Muskeltonus während des Schlafs direkt beeinflusst. „Dieser Mechanismus könnte eine Rolle spielen“, bestätigt Dr. Lechat. Es bestehe Bedarf an weiteren prospektiven Studien, um die Mechanismen zu untersuchen.

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Empfehlung für Schlafapnoe-Patienten

Jetzt schon können Schlafapnoe-Patienten aus den Beobachtungen die für sie relevanten Informationen ziehen. Sie sollten jetzt im Sommer versuchen, ein möglichst kühles Raumklima zu schaffen. Hierzu empfiehlt es sich, das Lüften des Schlafzimmers auf die frühen Morgenstunden zu beschränken und tagsüber die Fenster sowie Vorhänge bzw. Rollläden geschlossen zu halten. Weitere Empfehlungen, um bei heißen Temperaturen gut schlafen zu können, finden Sie hier. Es ist wichtig, dass Sie Ihre CPAP-Maske nachts nicht ausziehen, nur weil Ihnen warm ist. Bitten Sie auch Ihren Partner, darauf zu achten und Sie gegebenenfalls zu wecken, damit Sie das Gerät wieder ordnungsgemäß aufsetzen können.

Themen Schlaf Schlafapnoe Schlafstörungen

Quellen

  1. Lungenärzte im Netz. Schlafstörungen. (aufgerufen am 17.6.2025) ↩︎
  2. Lechat, B., Manners, J., Pinilla, L. et al. (2025), Global warming may increase the burden of obstructive sleep apnea. Nature communications ↩︎
  3. Flinders University. Climate change linked to dangerous sleep apnea (aufgerufen am 17.6.2025) ↩︎
  4. Ratnavadivel, R., Chau, N., Stadler, D. et al. (2009), Marked reduction in obstructive sleep apnea severity in slow wave sleep. Journal of Clinical Sleep Medicine ↩︎

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