24. September 2024, 10:08 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Viele Menschen gehen erst zum Zahnarzt, wenn es schon schmerzt. Nicht selten heißt die Diagnose: Karies – und der Bohrer wird gezückt. Doch kann man Karies vielleicht schon früher selbst erkennen und so womöglich die unangenehme Behandlung verhindern? Wie lässt sich die Zahnerkrankung generell am besten vorbeugen? Zahnärztin Dr. Anne Heinz, Protagonistin unserer Videoreihe „FITBOOK Experts“ gibt Antworten und wertvolle Tipps.
„Immer schön die Zähne putzen, sonst bekommst du Karies“ – diesen Satz haben die meisten von uns sicher schon seit der frühen Kindheit im Ohr. Karies möchte nun wirklich niemand bekommen und dennoch zählt sie zu den häufigsten Zahnerkrankungen.1 Welche Faktoren die Entstehung von Löchern begünstigen – und warum Zähneputzen nur einen Teil der Vorbeugung ausmacht, erklärt uns Dr. Anne Heinz.
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Übersicht
„Karies heißt, der Zahn verfault“
FITBOOK: Was genau bedeutet es, wenn man an einem Zahn Karies hat?
Dr. Anne Heinz: „Karies heißt, der Zahn verfault. Das passiert deshalb, weil ein bestimmtes Bakterium – da gibt es den ‚Streptococcus mutans‘, das ist ein ganz bekanntes Bakterium, wenn es um die Karies-Entstehung geht –, wenn er zu viel Zucker bekommt, anfängt, mit Säuren den Zahn sozusagen aufzufuttern. Dadurch entstehen Löcher.“
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Erste sichtbare Warnzeichen für Karies
Woran erkenne ich, dass ich Karies habe?
„Man kann das Anfangsstadium selbst nicht spüren. Dieses Stadium ist kaum spürbar. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich die Erkrankung noch in der äußersten Schicht des Zahnes und das merken wir gar nicht. Man kann es an den Frontzähnen erkennen, wenn so kleine weiße Stellen zwischen den Zähnen entstehen. Das ist schon mal ein Vorbote dafür, dass da etwas passiert, das nicht in Ordnung ist. Das Einzige, was uns schützt, dass die Karies nicht größer werden, ist der Kontrollbesuch beim Zahnarzt. Der sieht das nämlich, auch auf einem Röntgenbild ist es erkennbar.“
Kann man Karies auch ohne Zahnarzt loswerden?
„Befindet sich ein Zahn im absoluten Anfangsstadium einer Karies, kann man mit einer optimalen Mundhygiene und einer wirklich tollen Ernährung, die kleinen Läsionen remineralisieren. Das schafft unser Speichel übrigens tagtäglich. Jeden Tag entstehen klitzekleine Läsionen und unser Speichel remineralisiert diese.“
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Muss immer der Bohrer ran?
Kann man Karies behandeln, ohne zu bohren?
„Es gibt mittlerweile tolle Möglichkeiten, im Anfangsstadium der Karies auf den Bohrer zu verzichten. Man kann die Zähne remineralisieren. Man benutzt quasi den natürlichen Mechanismus und kann dadurch verhindern, dass eine Spritze oder ein Bohrer gebraucht werden. In manchen Fällen muss man aber immer noch zum Bohrer greifen, der erkrankte Substanz entfernen und dann mithilfe einer Füllung, eines Inlays oder einer Krone die entfernte Zahnsubstanz ersetzen.“
Was passiert, wenn Karies nicht behandelt wird?
„Es gibt verschiedene Kariesformen. Eine Kariesform stagniert und geht nicht weiter. Wir nennen das eine stabile Läsion oder trockene Karies. Die kann man erst einmal beobachten und muss sie vielleicht nicht sofort behandeln. Aber der Großteil der Läsionen, die wir sehen, sind eine florierende Karies. Diese entwickelt sich rasend schnell weiter. Umso tiefer sie in den Zahn eindringt, umso schneller geht es. Das führt dann dazu, dass der komplette Zahn zerstört wird, sich die Keime bis auf den Nerv vorarbeiten und die Patienten mit einer dicken Backe in unsere Praxis kommen.“
Zucker befeuert Karies
Wie lange braucht Karies, bis sie die Wurzel erreicht hat?
„Es ist sehr unterschiedlich, wie lange Karies vom Anfangs- bis zum Endstadium braucht. Das ist bei jedem Menschen unterschiedlich und hängt natürlich auch davon ab, wie viel Zucker wir den Bakterien geben, wie gut wir uns ernähren und die Zähne putzen.“
Wie merkt man, dass man unter einer Füllung Karies hat?
„In dem Moment, in dem sich am Füllungsrand anfänglich etwas Kleines bildet, wird man es wahrscheinlich noch nicht merken. Erst, wenn die Karies-Läsion größer wird, können Schmerzen entstehen. Das hier vielleicht als Tipp: Wenn man eine Füllung bekommen hat, kann es sein, dass der Nerv noch reagiert und man in der ersten Woche noch leichte Schmerzen verspürt. Aber wenn nach einer Woche die Schmerzen noch nicht weg sind, dann bitte noch mal den Zahnarzt aufsuchen. Nicht, dass vielleicht doch noch Karies vorhanden ist. Denn manchmal kommt man sehr nah an den Zahnnerv und dann kann es sein, dass die Bakterien schon in den Nerv integriert sind.“
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„Hauptursache für Karies ist eine falsche Ernährung“
Wie kann man Karies vorbeugen?
„Hauptursache für Karies ist eine falsche Ernährung, eine sehr zuckerreiche Ernährung. Wir können aktiv Karies vorbeugen, indem wir uns sehr gesund ernähren. Man ist lange davon ausgegangen, dass allein die Anwesenheit von Kariesbakterien ausreicht, damit Bakterien Karies bekommen. Deshalb durften Mütter früher den Löffel (ihrer Kinder; A. d. R.) nicht ablecken. Heute wissen wir, dass das Quatsch ist. Die Bakterien haben wir alle, aber je nachdem, wie wir uns ernähren, fangen sie entweder an, zu randalieren oder tun uns gut.“
Welche Ernährung ist gut für die Zähne?
„Ich würde meine Ernährung nicht nur auf die Zahngesundheit ausrichten, sondern auf die allgemeine Gesundheit. Dazu gehört ein großer Anteil von Gemüse, besonders grünem Gemüse. Wenn man Fleisch isst, sollte man immer auf Bio-Qualität achten. Es ist gut, sich sehr proteinreich zu ernähren. Wir wissen heute, dass ein Mensch mindestens 1,5 bis zwei Gramm am Tag pro Kilogramm Körpergewicht. Möglichst versuchen, Lebensmittel wie Zucker vom Speiseplan zu streichen.“
Wie schädlich sind säurehaltige Lebensmittel?
„Es gibt säurehaltige Lebensmittel, die sehr gesund sind, z. B. Zitronen oder Orangen. Aber dann müssen wir im Hinblick auf die Zahnhygiene darauf achten, dass wir nach dem Konsum von säurehaltigen Lebensmitteln mindestens 30 Minuten mit dem Zähneputzen warten.“
FITBOOK Experts ist unsere neue Videoreihe, in der Experten aus Medizin, Wissenschaft, Ernährung und Sport Fragen beantworten und nützliche Tipps geben.
Protagonistin unserer ersten Staffel ist Kinderzahnärztin Dr. Anne Heinz. In den kommenden Wochen erwarten Sie weitere „FITBOOK Experts“-Folgen zu spannenden Zahngesundheitsthemen:
– Zahnbehandlung bei Kindern
– Zahnpflege und professionelle Reinigung
– Kreidezähne
– Kieferorthopädie
– Zahnbleaching