VG Wort
Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für Fitness, Gesundheit und Ernährung
Pro und Contra der FITBOOK-Redaktion

Alzheimer-Test für zu Hause – warum wir ihn (nicht) machen würden

Alzheimer-Test für zu Hause: Frau macht einen Bluttest
Was verbirgt sich hinter dem Alzheimer-Test genau, was misst er und wie aussagekräftig ist er? (Symbolbild) Foto: Getty Images

14.08.2023, 17:43 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Da Alzheimer bisher nicht heilbar ist, ist eine frühe Diagnose wichtig. Denn eine früh einsetzende Behandlung kann entscheidend dafür sein, kognitive Fähigkeiten möglichst lange zu erhalten und den Verlauf der Erkrankung zu bremsen. Könnte hier nun ein Alzheimer-Test für zu Hause die Frühdiagnose erleichtern?

Artikel teilen

In den USA ist jetzt online ein Alzheimer-Test für zu Hause erhältlich; für ein entsprechendes Kleingeld: Der Bluttest kostet stolze 399 US-Dollar. FITBOOK erklärt, wie der Test funktionieren soll, was Experten davon halten – und ob wir in der FITBOOK-Redaktion den Test machen würden.

Was der Alzheimer-Test für zu Hause verspricht

Ganz einfach zu Hause selbst durchführen?

Dabei gilt es zunächst einzuordnen, was „zu Hause“ im Fall des „AD-Detect-Test“ genannten Alzheimer-Tests tatsächlich bedeutet. So einfach selbst durchzuführen wie z. B. ein Vitamin-D-Test ist er nämlich nicht. Bei Letzterem zapft man sich einfach selbst zu Hause etwas Blut ab, gibt es auf dafür vorgesehene Teststreifen, schickt die Probe ein und bekommt dann vom Labor das Ergebnis übermittelt. Beim Alzheimer-Test sind einige Schritte mehr, darunter auch der Gang zu einem Experten, notwendig.

Wie der Anbieter, das amerikanische klinische Labor Quest Diagnostics, auf seiner Website erklärt, kann eine Privatperson den Test von zu Hause aus bestellen. Durchgeführt werden muss er dann aber von medizinischem Personal an der nächstgelegenen Quest Diagnostics Location. Wartezeiten für einen Arzttermin spart man sich so aber immerhin. Das Ergebnis kann der Patient online auf der Quest-Homepage abrufen.

Beim „Alzheimer-Test für zu Hause“ handelt es sich um denselben Bluttest, den das Unternehmen 2022 zunächst Ärzten zur Verfügung gestellt hat.

Auch interessant: Alzheimer-Gen! Was Chris Hemsworth deshalb in seinem Leben verändert hat

Wer den Alzheimer-Test erwerben kann

Wer diese Form des Alzheimer-Tests nutzen möchte, muss vor der Bestellung zunächst versichern, dass er mindestens eins der folgenden Kriterien erfüllt:

  • Alzheimer-Errkankung liegt möglicherweise vor
  • familiäre Vorgeschichte der Alzheimer-Krankheit
  • genetische Veranlagung für die Alzheimer-Krankheit
  • Hirntrauma oder eine Kopfverletzung
  • und/oder Leiden an Gedächtnisverlust oder frühem kognitiven Verfall

Nur in diesen Fällen sei der Test sinnvoll, weswegen er auch nur dann erworben werden könne.

Was testet der „Alzheimer-Test für zu Hause“?

In Form eines Bluttests misst der Alzheimer-Test laut Hersteller „die Biomarker A-beta 42 und A-beta 40 (ein biologischer Marker eines im Körper vorkommenden Moleküls, der zur Beurteilung eines Krankheitszustands verwendet werden kann) im Blut und liefert das A-beta 42/40-Verhältnis. Das Verhältnis zwischen diesen beiden molekularen Biomarkern kann dazu beitragen, das Alzheimer-Risiko bei einer Person zu erkennen.“

In der Alzheimer-Forschung ist das besagte A-beta 42/40-Verhältnis ein Maß, um Amyloid-Beta-Proteine im Gehirn zu messen. Das Amyloid-Beta-Protein steht in Verbindung mit der Bildung von Plaques im Gehirn, die wiederum verantwortlich gemacht werden für die Entstehung von Demenz bzw. Alzheimer. Deswegen hat sich auch der Spitzname „Demenz-Protein“ etabliert.

Auch interessant: Ausreichend Schlaf bremst Produktion von Protein, das Demenz auslöst

Welche Vorteile bieten Bluttests für die Alzheimer-Diagnose?

Der Hersteller ist überzeugt davon, dass seine Bluttests ein großer Schritt auf dem Weg für eine bessere Früherkennung der kognitiven Erkrankung darstellen. Ihr großer Vorteil bestehe vor allem darin, dass die im Blut gemessenen Biomarker erkennbar machten, ob es sich um Alzheimer oder eine andere Form von Demenz handele.

Auch interessant: Dieses Demenz-Frühwarnzeichen übersah die Familie bei Bruce Willis

Was eine Alzheimer-Expertin davon hält

Genau hier setzt jedoch die Kritik einer Alzheimer-Expertin an. Sie gesteht dem Alzheimer-Test zu, Biomarker für kognitiven Verfall messen zu können. Das bedeute aber längst noch nicht, dass sich daraus auch in jedem Fall eine Demenz bzw. Alzheimer entwickle. So betonte Rebecca Edelmayer, Senior Director of Scientific Engagement bei der Alzheimer’s Association in Chicago auf Nachfrage der medizinischen Nachrichtenseite „MedPageToday“: „Es gibt keine groß angelegten, langfristigen klinischen Studien, die die Idee unterstützen, dass der AD-Detect-Test vorhersagen kann, ob eine kognitiv nicht beeinträchtigte Person zu einer kognitiv beeinträchtigten Person wird. Daher ist es unklar, was die Ergebnisse dieses Tests über Ihr Alzheimer-Risiko oder Ihren Gesundheitszustand aussagen.“

Bluttests, die für die Alzheimer-Erkennung getestet worden seien, seien zwar bereits vielversprechend, ihrer Meinung nach aber noch nicht ausgereift bzw. fehlten zuverlässige Studienergebnisse. „Daher befürwortet die Alzheimer’s Association die Verwendung von AD-Detect durch Verbraucher nicht“, so die Expertin. „Wir fordern Quest auf, einen Weg zur FDA-Zulassung (Zulassung durch die U.S. Food and Drug Administration; A. d. R.) einzuschlagen, der rigoros zeigt, dass dieser Test für Kliniker und Patienten als Teil des diagnostischen Prozesses wertvoll ist.“

Alzheimer-Bluttest auch in Deutschland erhältlich?

Da es diesen spezifischen Alzheimer-Bluttest aktuell nur über den genannten US-amerikanischen Anbieter gibt und man zudem persönlich bei einer seiner Locations vorstellig werden muss, um ihn durchführen zu lassen, ist er in Deutschland für Verbraucher nicht erhältlich. Außerhalb der USA gibt es nur wenige Standorte des Unternehmens, etwa in Irland und Indien – wobei nicht bekannt ist, ob sich der Alzheimer-Test dort ebenfalls durchführen lässt.

Mehr zum Thema

FITBOOK-Redaktion stellt sich die Frage: Würden wir den Test machen?

Contra

„Die Antwort wäre zu einschneidend für mein Leben“

„„Würde ich jetzt wissen wollen, dass in späteren Jahren wahrscheinlich an Alzheimer erkranke bzw. ein hohes Risiko dafür in mir trage? Die Frage, die ich für mich beantworten muss, ist diese: Wie einschneidend wäre die Antwort für mein Leben? Meine Antwort wäre: Er hätte rein gar keine Auswirkungen, wenn er negativ ausfiele; ich würde mein relativ gesundes Leben einfach weiterführen. Fiele das Testergebnis allerdings positiv aus – ich mich also mit der Tatsache konfrontiert sähe, in Zukunft diese schwere Krankheit zu entwickeln – könnte ich diese Gewissheit vermutlich kaum ertragen.

Bei jedem vergessenen Schlüssel würde ich vermutlich denken: Ist es jetzt schon so weit? Dazu käme die (dann berechtigte) Angst, dass ich die Krankheit an meinen Sohn vererbt haben könnte. Also lautet meine Antwort: Ich will es nicht wissen. Auch, wenn dadurch vielleicht Behandlungsmöglichkeiten verstreichen. Das Argument, hier für Gewissheit zu sorgen – und ggf. vorbeugend etwas gegen Alzheimer zu unternehmen – wiegt für mich schwächer. Stattdessen bemühe ich mich im Hier und Jetzt um einen gesunden Lebensstil, der ja u.a. auch das Risiko für Alzheimer senkt: Ich ernähre mich (meistens) sehr gesund, rauche nicht, treibe Sport, trinke Alkohol nur gelegentlich und helfe meinem Schwiegervater beim Lösen der Kreuzworträtseln““Anna Echtermeyer, Redakteurin bei FITBOOK

Contra

„Für mich eher nichts, aber vielleicht hilfreich für ältere Verwandte?“

„„Mein erster Gedanke war: Toll, ein Alzheimer-Test, der früh Gewissheit gibt. Ganz so weit ist der Test dann ja doch noch nicht und selbst wenn er es wäre: Würde ich es wirklich wissen wollen? Früherkennung und Vorsorge halte ich für sehr wichtig, zugleich möchte ich es aber auch nicht übertreiben und in eine Art Panik verfallen, was meine Gesundheit und vor allem meine gesundheitliche Zukunft angeht. Wer weiß schon, was passiert? Und ich möchte mein Leben lieber verantwortungsvoll genießen, statt mich zu sorgen. Allerdings könnte es auch sein, dass ich mit Ende 30 doch noch zu jung für diese Frage bin. Mag gut sein, dass ich in zehn oder 20 Jahren anders darüber denke.

Während ich selbst (noch) keinen Nutzen in einem Alzheimer-Test sehe, könnte ich mir durchaus vorstellen, dass er älteren Verwandten bzw. mir nahestehenden Personen helfen könnte. Ich meine Menschen, die womöglich erste Anzeichen kognitiven Verfalls oder gar von Demenz zeigen, sich aber nicht trauen oder überwinden können, einen Arzt aufzusuchen. Für sie könnte ein Alzheimer-Test, der nicht sofort offiziell von einem ihnen langjährig bekannten Arzt durchgeführt wird, die Hürde, sich testen zu lassen, herabsetzen. Würde dieser Test darauf hinweisen, dass ein kognitiver Verfall vorliegen könnte, wäre der nächste Schritt – nämlich dann doch der Gang zum Arzt des Vertrauens – vielleicht einfacher. Was wiederum vielfach eine Erleichterung für die sich sorgenden Angehörigen darstellen könnte.““Melanie Hoffmann, Redakteurin bei FITBOOK

Pro

„Ich würde es wissen wollen“

„„Auch wenn Alzheimer (noch) nicht heilbar ist, würde mich interessieren, wie mein Testergebnis aussähe. Vielleicht noch nicht jetzt, aber so mit Mitte 50 und älter. Und natürlich unter der Prämisse, dass der Test valide Ergebnisse liefert, was aktuell noch nicht der Fall zu sein scheint. Wäre es negativ, würde mich das beruhigen. Bei einem Ergebnis, das auf eine mögliche Erkrankung hindeutet, hätte ich eventuell die Chance, noch intensiver durch einen entsprechenden Lebensstil gegenzusteuern. Ich schätze mich nicht so ein, dass ich angesichts einer wahrscheinlichen Erkrankung in Panik oder Depression verfallen würde. Vielmehr hoffe ich, noch einige Dinge regeln zu können, bevor man nicht mehr dazu in der Lage ist, um so auch Angehörige zu entlasten. Außerdem könnte ich mir vorstellen, in diesem Fall Probandin einer wissenschaftlichen Studie zur weiteren Erforschung von Alzheimer zu werden. Dann hätte das eigene Schicksal noch einen Sinn.““Alexandra Grauvogl, Redaktionsleiterin FITBOOK
Themen Demenz
afgis-Qualitätslogo mit Ablauf Jahr/Monat: Mit einem Klick auf das Logo öffnet sich ein neues Bildschirmfenster mit Informationen über FITBOOK und sein/ihr Internet-Angebot: www.fitbook.de

FITBOOK erfüllt die afgis-Transparenzkriterien.
Das afgis-Logo steht für hochwertige Gesundheitsinformationen im Internet.

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale-Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.