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WHOOP – was taugt das neue Fitness-Armband, das sogar eine Covid-Infektion erkennen soll?

WHOOP fitness
Der WHOOP Strap misst durchgängig die Vitalwerte, die in der dazugehörigen App angezeigt werden Foto: WHOOP
Katrin Mertens

12.03.2021, 20:05 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten

Seit Kurzem ist die US-amerikanische Firma WHOOP auf dem deutschen Markt für Fitness-Wearables vertreten. Ihr Fitnessarmband und die dazugehörige App zielen darauf ab, die bestmögliche sportliche Leistung und gesundheitliche Verfassung aus jedem Nutzer herauszuholen. FITBOOK hat WHOOP getestet.

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WHOOP soll viel können: klügeres Fitness-Training aufzeigen, zu einem besseren Schlaf verhelfen, die Herzfrequenz senken und sogar eine Infizierung mit dem Coronavirus erkennen. Wer das ausprobieren möchte, braucht die App und das WHOOP-Armband. Warum kann man es nicht kaufen, sondern nur im Rahmen einer Mitgliedschaft bekommen? Das ist eine von vielen Fragen, die FITBOOK den WHOOP-Erfinder Will Ahmed gestellt hat.

Was ist WHOOP?

„Stellen Sie sich WHOOP als 24/7-Coach vor, der Ihnen dabei hilft, sich zu verbessern“, fasst es Erfinder Will Ahmed zusammen. Die Mitgliedschaft kostet 25 Euro pro Monat und beinhaltet einen Zugang zur WHOOP-App und die neuste Version des WHOOP Straps. Dabei handelt es sich um einen Sensor, der am Arm oder am Bizeps getragen wird. Das Ziel des Produkts ist es, Wege aufzuzeigen, wie man effektiver werden kann. „Wenn es etwas in Ihrem Leben gibt, bei dem Sie sich verbessern möchten, dann ist WHOOP für Sie geeignet“, sagt Ahmed. Um genau zu verstehen, was das bedeutet, muss man einen Blick auf die Entstehungsgeschichte werfen.

Wie entstand die Idee für das Fitness-Armband?

Während seiner Zeit als Student an der renommierten Harvard University, war Will Ahmed Kapitän des Squash-Teams. „Ich war ein Athlet, der ständig im Übertraining war. Viele Sportler trainieren zu viel, zu wenig, interpretieren Höchstleistungen falsch oder verstehen nicht wirklich, wie wichtig Erholung oder Schlaf sind.“ Er habe lernen wollen, seinen Körper und das Training besser zu verstehen. Im Laufe seines Studiums habe er daher laut eigener Aussage über 500 medizinische Studien gelesen und selbst eine verfasst. Die sei praktisch der Business Plan für WHOOP geworden.

Die Mitgliedschaft

Die meisten Fitnesstracker kann man kaufen und dann gemeinsam mit der dazugehörigen App nutzen. WHOOP funktioniert hingegen über eine Mitgliedschaft. Ahmed erklärt, dass die Verbesserung der Gesundheit ein fortlaufender Prozess sei und sich daher auch das Produkt weiterentwickeln müsse: „WHOOP ist ein Abonnement, weil wir versuchen, Ihnen jeden Tag, jede Woche und jeden Monat neuen Nutzen zu bieten.“ Ein Monat kostet 25 Euro, eine sechsmonatige Mitgliedschaft 150 Euro und 18 Monate 288 Euro. In jedem Modell ist die aktuellste Version des WHOOP Straps (mehr dazu erfahren Sie weiter unten) kostenlos enthalten. Erscheint modernere Hardware, bekommen bestehende Mitglieder diese ebenfalls gratis. „Es ist ein Produkt und ein Service, der sich immer weiterentwickelt und verbessert“, so Will Ahmed.

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Der Strap

Wie bereits eingangs erwähnt, besteht die Hardware aus einem Fitness-Armband, dem sogenannten WHOOP Strap. Dabei handelt es sich um einen Sensor, den man entweder mit einem Arm- oder einem Bizepsband bekommen kann. Mit einem kleinen Ladegerät, das sich über den Sensor schieben lässt, kann man den Strap laden, während man ihn trägt. Da er wasserabweisend ist, muss man ihn nie ablegen, auch beim Duschen nicht. Wer akkurate Ergebnisse sehen möchte, sollte das auch nicht machen, da der Strap dauerhaft die Herzfrequenz misst.

Ungewohnt: Er hat kein Display, auf dem man den aktuellen Puls, die Uhrzeit oder auch Benachrichtigungen des Handys sehen könnte. „Wir finden, dass Technologie, besonders die, die man am Körper trägt, das Leben verbessern und nicht in es eindringen sollte“, erklärt Will Ahmed. Es gäbe schon genug Bildschirme, die um unsere Aufmerksamkeit buhlen würden. „Wenn man die Daten braucht, kann man Sie sich ansehen, ansonsten ist es ein passiver Monitor.“

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Den WHOOP Strap gibt es nicht nur für das Handgelenk, sondern auch für den Bizeps Foto: WHOOP

Die App

Für die Ansicht und die Analyse der Daten benötigt man die WHOOP App. Denn das Produkt möchte nicht nur dokumentieren, was man in der Vergangenheit geleistet hat, sondern auch was man künftig leisten kann. Dazu bestimmt die App drei zentrale Faktoren: „Belastung“, „Erholung“ und „Schlaf“. So analysiert sie nach jeder Nacht, wie erholsam der Schlaf war und gibt für die folgende Nacht Empfehlungen. Belastung und Erholung werden als Wert dargestellt. Ersteres ist eine Messung von Faktoren wie Sport, Stress oder Hausarbeit, die den Nutzer körperlich und geistig fordern. Der Erholungswert errechnet anhand der Vitalwerte und des Schlafes, wie leistungsfähig der Körper am jeweiligen Tag sein kann.

Außerdem enthält die App ein Tagebuch, in dem sich Dutzende weitere Faktoren, wie Alkoholkonsum, die Einnahme von Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln, Flugreisen, Eisbäder, Meditation, Menstruation, Akupunktur oder Covid-19-Symptome dokumentieren lassen. „Die Analyse zeigt Ihnen, was Sie mit Ihrem Körper tun sollten. Das könnte mehr Schlaf, mehr Bewegung, eine Änderung des Lebensstils oder eine andere Verhaltensweise sein“, fasst der WHOOP-Gründer die Software zusammen. Eine Community gibt es auch (dazu ebenfalls später mehr).

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Die App, gibt unter anderem Empfehlungen für die optimale Zeit im Bett und wie viel Belastung („Strain“) man sich am jeweiligen Tag zumuten kann Foto: WHOOP

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Der Effekt von WHOOP

Laut der Firma hätten Mitglieder, die WHOOP seit vier Monaten benutzen, unter anderem von einer Senkung der Herzfrequenz um 4,4 Herzschläge pro Minute, einem 60 Prozent niedrigeren Verletzungsrisiko, 79 Prozent weniger Alkohol vor dem Einschlafen, 41 Minuten mehr Schlaf pro Nacht und weniger Symptome nach Flugreisen berichtet. Überprüfen lässt sich das natürlich nur schwer. Zumal WHOOP auch nicht verrät, wie viele Mitglieder sie haben. „Wir teilen diese Statistik nicht mit der Öffentlichkeit, weil wir eine sehr private Firma sind.“ Die Mitglieder selbst müssen allerdings sehr viele Daten preisgeben, wenn sie Teil der Community sein wollen. Mehr zu der Kritik am Datenschutz im FITBOOK-Test unten.

Profi-Golfer stellt durch App Covid-19-Symptome fest

Ein positiver Effekt ist belegt. Der professionelle Golf-Spieler Nick Watney trug seit etwa zehn Monaten einen WHOOP Strap, als er im Juni 2020 an einem Turnier teilnahm. Dienstags wurde er negativ auf Covid-19 getestet, am Donnerstag spielte er sogar noch. Freitagmorgen wachte er auf und stellte durch die WHOOP App fest, dass er eine deutlich erhöhte Atemfrequenz hatte. Er wollte sich erneut testen lassen. „Die Ärzte haben zu ihm gesagt: ‚Sie brauchen nicht nochmal getestet zu werden. Sie dürfen spielen.’“, erzählt Ahmed. Aber Watney hätte insistiert, er müsse nochmal getestet werden. Seine WHOOP-Daten würden ihm zeigen, dass etwas nicht stimme. „Er wurde erneut getestet und diesmal positiv“, so Ahmed.

Watney beendete das Turnier und begab sich in Quarantäne. Die PGA Tour, die den Wettkampf ausrichtete, habe sich daraufhin 1.000 WHOOP Straps gesichert – „für jeden Spieler, jeden Caddie, jeden Trainer, jeden Mitarbeiter, jeden Medienvertreter“, laut Ahmed. Sie wurden dafür genutzt, um zu schauen, ob es Abweichungen zu den normalen Werten jeder Person gab. „Wir haben das mittlerweile bei Tausenden von WHOOP-Mitgliedern gesehen: eine erhöhte Atemfrequenz kann ein Anzeichen für Covid-19 sein.“ Von diesen Erkenntnissen berichteten auch schon andere Fitnesstracker- und Smartwatch-Hersteller.

Präventiv statt kurativ

Ahmed sieht sein Produkt als große Chance für das Gesundheitswesen. Prävention sei deutlich effizienter und günstiger, als ein entstandenes Problem zu behandeln. Die Gesundheitssysteme würden sich aber deutlich auf kurative Maßnahmen konzentrieren. WHOOP spiele hingegen eine große Rolle bei den präventiven Maßnahmen. Für die Zukunft wünscht sich der Gründer, dass die Daten des Straps auch bei Ärzten ausgelesen werden können. „Wenn ich heute zum Arzt gehe, stecken sie mir ein Pulsoximeter an den Finger, um meine Herzfrequenz zu messen. Aber ich habe sechs Jahre kontinuierliche Herzfrequenz-Messung.“

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WHOOP im FITBOOK-Praxistest

In Vorbereitung auf das Interview mit Will Ahmed wurde FITBOOK ein WHOOP-Strap und ein Zugang zur App zur Verfügung gestellt. Wir haben beides getestet und wollen auf einige Punkte eingehen.

Die Hardware

Zu Beginn ist es etwas schwierig, eine Position zu finden, in der der WHOOP-Strap knapp über dem Handgelenk vernünftig sitzt. Entweder ist er etwas zu locker, sodass er rutscht und die ideale Position zum Messen der Vitalwerte verlässt, oder er ist zu eng, sodass ein Abdruck auf der Haut zurückbleibt. Ist die perfekte Position gefunden, sitzt der Strap aber bequem und stört auch nicht im Alltag. Das grüne Licht des Sensors ist durch das Handgelenk so gut verdeckt, dass es auch Nachts nicht auffällt.

Sehr positiv hervorzuheben ist das Ladegerät. Es lässt sich per USB-Kabel innerhalb kurzer Zeit laden und mit einer Handbewegung auf den Sensor schieben. So muss man das Armband nicht abnehmen und kann sich während des Ladens ganz normal dem Alltag widmen – bis auf Duschen, denn das Ladegerät ist im Gegensatz zum Strap nicht wasserabweisend. So ein tragbares Ladegerät wäre auch für andere Geräte echt praktisch!

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Das Ladegerät wird über den Sensor geschoben – hier nur zur Hälfte, beim Ladeprozess bedeckt es den ganzen Sensor und sitzt fest Foto: FITBOOK

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Passivität des Gerätes

Einerseits stört es etwas, dass das Armband nicht einmal die Uhrzeit oder die aktuelle Herzfrequenz anzeigt. Andererseits ist es auch ganz angenehm, dass sich das Gerät nicht ständig meldet, um einen zu mehr Bewegung oder früheres Zubettgehen aufzufordern. Pseudo-motivierende Nachrichten wie „Du schaffst das!“ oder „Nur noch 6.000 Schritte bis zu deinem Tagesziel“ fehlen zum Glück auch.

Allerdings muss die App dauerhaft geöffnet sein, ansonsten gibt es alle drei Stunden eine Benachrichtigung der App. „Um Daten zu senden, muss die App im Hintergrund offen sein, nicht nur bei WHOOP, sondern auch bei jedem anderen Produkt“, erklärt Will Ahmed. Allerdings zieht das natürlich auch Strom, daher schließe ich die App dennoch konsequent. Öffne ich sie nach einigen Stunden wieder, dauert es lange, bis die Daten up-to-date sind. Ein Beispiel: Öffne ich die App nach dem Aufstehen, habe ich teilweise schon geduscht und mit der Arbeit begonnen, bevor mir mein Smartphone meldet, dass ich mir jetzt meine Schlafanalyse anschauen kann.

Die Analyse der Daten

Wie effektiv die Datenanalyse tatsächlich ist, lässt sich innerhalb des Testzeitraums nur schwer bestimmen, denn ein Lerneffekt benötigt nun einmal Zeit. So wird einem die wöchentliche Analyse auch erst nach 14 Tagen durchgängigem Datenfluss angezeigt. Unterm Strich habe ich während der Testphase jedoch noch keine Empfehlungen bekommen, die mir nennenswert geholfen hätte. Die Schlafanalyse, die auch die Länge der einzelnen Schlafphasen beinhaltet, ist spannend. Aber die Empfehlungen für die ideale Zubettgeh- und Aufweckzeit sind zum Teil im Alltag nicht umsetzbar. Ginge es nach dem Erholungswert, hätte ich zehn Tage lang keinen Sport machen sollen – aber einen Tipp für mehr Entspannung gab es nicht.

Es ist aber wirklich interessant zu sehen, wie sich die Daten von Tag zu Tag oder von Nacht zu Nacht ändern. Sollte man sie eines Tages unkompliziert mit dem Arzt teilen können, wäre das sicher ein großer Vorteil in der Diagnose vieler Krankheiten. Bis es soweit ist, sind die Daten aber auf jeden Fall gute Ansatzpunkte, um zu sehen, ob sich etwas an den eigenen Durchschnittswerten geändert hat.

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So könnte die Schlafanalyse einer Nacht aussehen Foto: WHOOP

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Wer Teil der Community sein will, muss allen seine Daten zeigen

Der einzige große Kritikpunkt ist für mich die Community. Dabei handelt es sich um eine Funktion in der App, bei der man sogenannten „Teams“ beitreten kann. Es gibt beispielsweise schon eins namens „Germany“ mit aktuell knapp 1.350 Teilnehmern oder „Road Runner“ mit 14.700 Mitgliedern. Miteinander kommunizieren kann man nicht. Die Gruppen sind zum Vergleichen da. Es gibt tägliche und wöchentliche Ranglisten in den Kategorien „Schlaf“, „Erholung“ und „Belastung“. „Die Menschen haben Spaß, diese Bestenlisten zu sehen. Da ist schon ein bisschen Wettbewerbsdenken dabei“, meint Will Ahmed.

Das denke ich auch und bin echt stolz, als ich an einem Tag nach meiner morgendlichen Laufrunde auf dem ersten Platz des Teams „Germany“ in der Kategorie „Belastung“ lande – bis ich bemerke, was die anderen Mitglieder sehen. Klickt man auf ein anderes Teammitglied erscheinen dessen Namen, Alter, Standort, alle Aktivitäten, die Herzfrequenz, die Länge und Effizienz des Schlafes, sowie wie lange das Mitglied schon dabei ist und wie hoch seine tägliche Belastung ist. Wer ein Foto hochgeladen hat, teilt auch das mit allen Teammitgliedern. Darauf angesprochen, antwortet der WHOOP-Gründer: „Privatsphäre ist uns sehr wichtig. Wir verkaufen keine Daten an andere Unternehmen. Alle Ihre Daten gehören Ihnen.“ Sie seien anderen Fitnesstrackern in Bezug auf Privatsphäre und Sicherheit weit voraus. Teil der Community zu sein, geht allerdings nicht, ohne zumindest einige private Informationen herauszugeben. „Wenn Sie Ihre Daten nicht teilen wollen, sollten Sie besser keinem Team beitreten.“ Schade.

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Fazit

Unterm Strich bietet WHOOP viele Elemente, anhand derer es spannend ist zu sehen, wie sich die eigenen Vitalwerte und die eigene Lebensweise jeden Tag verändern. Inwieweit man diese Daten tatsächlich nutzen kann, um seinen Schlaf oder sein Training messbar zu verbessern oder seinen Stress merklich zu verringern, hängt sicher auch vom jeweiligen Nutzer oder der jeweiligen Nutzerin ab. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, die wohl darüber entscheiden werden, ob man durch WHOOP seine Lebensweise revolutioniert oder ob man das Gerät als interessantes Gadget zur Pulsmessung und zum Fitness-Tracking nutzt, weil es im Alltag schwer sein kann, die Empfehlungen umzusetzen.

Themen Coronavirus
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