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Trainingsimpulse

Expertin zeigt Übungen, wie man das Gleichgewicht effektiv verbessern kann

Luise Walther
Gleichgewichtstraining sollte in den Alltag integriert werden, wie etwa der Zehenstand Foto: Andreas Sebayang

23.09.2021, 04:41 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Das Gleichgewicht ist Teil eines komplexen Systems in unserem Körper, dessen Steuerung unbewusst abläuft. Wie man dennoch Einfluss auf das Gleichgewicht nehmen und den Gleichgewichtssinn nachhaltig trainieren kann, erklärt Luise Walther, Expertin für neurozentriertes Training.

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Gleichgewichtstraining bedeutet für viele Menschen, sich auf wackelige Platten und Untergründe zu stellen. Das hat aber recht wenig mit unserem Alltag zu tun. Um das Gleichgewicht effektiv zu verbessern, sollten Übungen ausgeführt werden, die auf den ersten Blick viel weniger spannend wirken, aber im Zusammenspiel den Unterschied machen.

Wie funktioniert das Gleichgewichtssystem?

Das Gleichgewichtssystem gehört zu den drei bewegungssteuernden Systemen des Körpers:

  1. Die Augen und das visuelle System
  2. Die Gleichgewichtsorgane und das vestibuläre System
  3. Der Bewegungsapparat und das propriozeptive System

Bewegung und Körperhaltung werden durch das Zusammenspiel dieser drei Systeme geführt. Keines der Systeme kann allein arbeiten, sie sind in ständiger Absprache untereinander.

Das Nervensystem wertet in jeder Millisekunde die eingehenden Informationen der Augen, der Gleichgewichtsorgane und die Bewegung aus. Muss die Position der Augen geändert werden, erfolgt eine Lageveränderung und entsprechend eine Neujustierung der Spannung oder Position der Muskeln. All das passiert unbewusst, ohne dass wir darüber nachdenken müssen. Wie kann man bewussten Einfluss auf das Gleichgewicht nehmen?

Vestibuläres System und Gleichgewichtsorgan

Das vestibuläre System ist ein hochkomplexes System, das an vielen Körperfunktionen beteiligt ist – u. a. die Steuerung von Reflexen, der Wahrnehmung und des Bewusstseins. Was genau macht das Gleichgewichtssystem? Es misst genau 2 Dinge:

  • Wo ist oben?
  • In welche Richtung bewege ich mich?

Wie macht es das? Im Innenohr befinden sich unsere Gleichgewichtsorgane. Diese bestehen aus drei Bogengängen, die für das Messen unterschiedlicher Bewegungen zuständig sind. Sie nehmen die dreidimensionalen Bewegungen wahr und stabilisieren entsprechend den Körper. Durch sogenannte Vorhofsäckchen können wird zudem Geschwindigkeiten und Beschleunigungen wahrnehmen. Das passiert sowohl in der Horizontalen (also bei der Bewegung nach vorne und hinten), als auch in der Vertikalen (also bei der Bewegung nach oben und unten) – wie zum Beispiel beim Fahrstuhlfahren.

Die Informationen der Gleichgewichtsorgane werden mit den Informationen der Augen zusammen zur Aufrechterhaltung und Stabilität der Sehkraft verwendet. Auch für die Körperhaltung ist es notwendig, die Daten über die Lage im Raum zu erhalten. Denn der Körper und die Körperhaltung passen sich sofort an, wenn man sich hinlegt, aufsteht oder losrennt. Damit man bei diesen Bewegungen nicht über die Spannung der Muskeln nachdenken muss, wird die Körperhaltung und auch die Blickstabilisierung über unterschiedliche Reflexe gesteuert.

Typische Beschwerden im Zusammenhang mit Gleichgewichtsproblemen

  • beim Treppensteigen bewegt man sich sehr vorsichtig und/oder muss sich am Handlauf festhalten
  • Abweichung zu einer Seite während des Gehens und/oder Stehens
  • vorgebeugte Körperhaltung und damit einhergehende Atemeinschränkungen
  • unsicherer Gang bzw. breiter Gang
  • Schwierigkeiten mit der Balance bei Übungen

Trainingsimpulse, um das Gleichgewicht zu bessern

Um ein optimales Bewegungsprogramm abrufen zu können, analysiert das Gehirn zu jeder Zeit innerhalb von Millisekunden eingehende Informationen (Input). Besonders die Informationen der Augen und des Gleichgewichtsorgans sowie der Rezeptoren des aktiven Bewegungsapparates – also Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke – sind von großer Bedeutung.

Die Augen senden die meisten Informationen an das Gehirn. Sie arbeiten eng verbunden mit dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr zusammen. Gemeinsam haben sie einen großen Einfluss auf die Körperhaltung, können muskuläre Dysbalancen ausgleichen und haben die höchste Priorität im Training für ein besseres Gleichgewicht.

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Ja-Sager und Nein-Sager

  • Stellen Sie sich aufrecht hin und fixieren Sie einen Punkt.
  • Schauen Sie auf diesen Punkt und rotieren Sie den Kopf nach rechts und links in einer Geschwindigkeit, die für Sie angenehm ist und mit der Sie sich wohlfühlen.
  • Achten Sie darauf, dass der fixierte Punkt immer scharf bleibt und rotieren Sie nur so weit, dass Sie den Punkt noch deutlich sehen.
  • Führen Sie die Bewegung anschließend mit der Beugung und Streckung aus. Zu Steigerung wird die Übung in Schrittpositionen und alltagsrelevanten Positionen ausgeführt.

Diese Übung trainiert die bereits beschriebenen Bogengänge. Durch die Fixierung des Punktes wird der Blick stabilisiert und der Gleichgewichtssinn bewusst trainiert.

Luise Walther
Der Ja-Sager Foto: Andreas Sebayang
Luise Walther
Der Nein-Sager Foto: Andreas Sebayang

Atmung

Was hat die Atmung mit dem Gleichgewicht zu tun? Sowohl die biochemische als auch die biomechanische Optimierung der Atmung hat insbesondere für Läufer positive Effekte (aber auch für alle anderen). Die Atmung wird vom zentralen Nervensystem kontrolliert und sollte für eine optimale Leistungsfähigkeit dreidimensional und seitengleich in der Brustkorbbewegung sein. Um maximal effektiv und effizient zu sein, sollte ein Läufer außerdem eine gute Verwertbarkeit von Sauerstoff und Kohlendioxid trainieren.

Eine gleichmäßige Weitung des Brustkorbs hat zusätzlich einen stabilisierenden Einfluss auf die Körpermitte und sorgt für einen effizienten Laufstil. Durch das optimierte Atemmuster kann die Muskulatur während des Laufens besser mit Sauerstoff versorgt werden. Das führt zu gesteigerter Energieproduktion in der Muskelzelle und somit zur besseren Ausdauerfähigkeit.

Für Anfänger, die mit Atemtraining noch nicht viele Berührungspunkte hatten, empfiehlt sich mit der Leiteratmung zu beginnen:

  1. Zunächst 2-3 tiefe Atemzüge in den Bauch,
  2. dann 2-3 tiefe Atemzüge in die Rippenbögen
  3. und schließlich 2-3 tiefe Atemzüge in den Brustkorb.

Idealerweise sollte die Atmung dreidimensional angesteuert werden. Das bedeutet der Brustkorb und die Rippenbögen dehnen sich nach vorne, zur Seite und nach hinten gleichmäßig aus.

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Zehenstand und Fersenstand

Um abschließend auch das Bewegungssystem aktiv mit einzubinden und das Gleichgewicht zu verbessern, liegt der Fokus in der nächsten Übung auf dem gesamten Körper.

  • Stellen Sie sich aufrecht hin und halten Sie sich, wenn nötig, an der Wand oder einem Stuhl fest.
  • Stellen Sie sich nun auf die Zehenspitzen und versuchen Sie, diese Körperhaltung ein paar Sekunden zu halten.
  • Wechseln Sie anschließend auf die Fersen. Versuchen Sie auch hier, diese Position ein paar Sekunden zu halten.

Sobald Sie sich auf die Zehenspitzen stellen, werden Sie bemerken, dass der Körper sofort die hintere Muskulatur anspannt. Dieser Reflex schützt Sie davor, dass Sie umfallen. Umgekehrt spannt automatisch die vordere Muskulatur an, sobald Sie sich auf die Fersen stellen.

Luise Walther
Zehenstand und Fersenstand Foto: Andreas Sebayang

Wenn Ihnen diese Übung leichtfällt, können Sie es in Ihren Alltag einbinden und zum Beispiel den Weg in die Küche immer auf Zehenspitzen laufen und den Weg zurück auf den Fersen. So trainieren Sie ganz nebenbei Ihr Gleichgewicht und verbessern Ihre Körperhaltung.

Zur Person: Luise Walther ist spezialisiert auf neurozentriertes Training, einen neuen Trainingsansatz, der unterschiedliche Gehirnbereiche aktiv in das Training einbindet. Während im klassischen Fitness-Training immer mehr Wert auf maximale Dehnfähigkeit gelegt wird, setzt sie den Fokus viel mehr auf die Mobilisierung und Ansteuerung des gesamten Bewegungsumfangs.

Themen Übungen
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