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Laut Studie

Verbreitete Schlafgewohnheit kann Diabetesrisiko um 19 Prozent erhöhen

Die Schlafgewohnheit hat Einfluss auf das Diabetesrisiko
Welcher Schlaftyp Sie sind, kann offenbar mit darüber bestimmen, ob Sie für bestimmte Erkrankungen ein höheres Risiko tragen Foto: Getty Images

12.09.2023, 19:56 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Diabetes mellitus Typ 2 kann durch diverse Faktoren begünstigt werden. Eine wichtige Rolle spielt der Lebensstil, wie z. B. die Art der Ernährung oder das Maß an Bewegung im Alltag. Jetzt haben Forscher herausgefunden, inwiefern auch der Schlaf Einfluss auf das Risiko nimmt, die „Zuckerkrankheit“ zu entwickeln. FITBOOK-Medizin-Redakteurin Melanie Hoffmann erklärt die Studienerkenntnisse.

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Mit dem Schlaf ist es so eine Sache. Manchmal haben wir Probleme, ein- oder durchzuschlafen. Dann gibt es Phasen, in denen wir gefühlt mit fünf Stunden Schlaf auskommen. Zu anderen Zeiten dagegen wachen wir selbst nach neun Stunden Schlaf nicht erholt auf. Doch wann genau werden Schlafgewohnheiten kritisch und könnten das Diabetesrisiko erhöhen? Eine aktuelle Studie aus Boston (USA) liefert die Antwort.

Studie zu Schlafgewohnheit und Diabetesrisiko

Welche Rolle spielt der Chronotyp?

Die Wissenschaftler des Bostoner Brigham and Women’s Hospital wollten herausfinden, welche Rolle der Chronotyp bei der Entstehung von Diabetes Typ 2 spielen könnte. Chronotypen bezeichnen verschiedene Schlaftypen, genauer verschiedene Schlaf-Wach-Rhythmen von Personen. Das Spektrum reicht von den sogenannten „Lerchen“, also Menschen, die früh ins Bett gehen und früh den Tag beginnen, bis zu den „Nachteulen“, die spät schlafen gehen und spät aufstehen.

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Ablauf der Studie

Für ihre Studie analysierten die Forscher die Daten von 63.676 Krankenschwestern, die im Rahmen der Nurses’ Health Study II zwischen 2009 und 2017 erhoben worden waren.1 Die Probandinnen, die zwischen 45 und 65 Jahre alt waren, hatten zu Beginn der Studie weder Krebs oder Diabetes noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auf Bitte der Forscher hatten sich die Studienteilnehmerinnen selbst einem Chronotypen zugeordnet. Das heißt, sie hatten selbst ihre Schlafgewohnheit als Lerche, Nachteule oder irgendwo auf dem Spektrum dazwischen kategorisiert. Ferner hatten sie Auskünfte über ihren Lebensstil erteilt, darunter:

  • Ernährungsqualität
  • Körpergewicht und BMI
  • Schlafzeiten
  • Rauchgewohnheiten, falls vorhanden
  • Alkoholkonsum
  • Bewegung
  • Familiengeschichte mit Diabetes
  • eigener Diabetes-Status (im Verlauf der acht Studienjahre, 2009 waren alle Teilnehmerinnen frei von Diabetes)

Die Probandinnen wurden über einen Zeitraum von acht Jahren (bis 2017) begleitet. So konnten Veränderungen im Lebensstil mithilfe weiterer Befragungen genauso ermittelt werden wie ihr Gesundheitszustand. Zusätzlich konnten die Wissenschaftler die Krankenakten der Studienteilnehmerinnen einsehen.

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Chronotyp-Verteilung unter den Probandinnen

Rund 11 Prozent der Krankenschwestern gab an, ein eindeutiger Abend-Chronotyp („Nachtmensch“, Nachteule) zu sein. Dagegen ordneten sich 35 Prozent eindeutig in die Kategorie Morgen-Chronotyp („Morgenmensch“, Lerche) ein. Die verbleibenden 54 Prozent der Teilnehmerinnen konnten sich keinem der beiden Chronotypen klar zuordnen. Das bedeutet, dass sie sich entweder keiner der beiden Schlaftypen zugehörig fühlten oder nur eine leichte Tendenz zu einem der beiden zeigten. Diese Frauen wurden von den Forschern daher der Kategorie „intermediär“ zugeordnet.

Ein Schlaftyp mit deutlich erhöhten Risiko für Diabetes Typ 2 verbunden

Die Analyse zeigte, dass eine Schlafgewohnheit mit einem stark erhöhten Diabetesrisiko einherging. Frauen, die sich klar als Nachteulen identifiziert hatten, hatten ein um 72 Prozent erhöhtes Risiko für Diabetes.

Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass Abendmenschen generell ungesünder leben. Diese Schlussfolgerung legen zumindest weitere Erkenntnisse der aktuellen Studie nahe. Es zeigte sich nämlich, dass Frauen, die sich als Nachteulen identifizierten, auch mit einer 54 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit einen ungesünderen Lebensstil pflegten als die Probandinnen, die sich als Lerchen bezeichneten.

Auch wenn die Forscher zunächst den Lebensstil betrachteten und anschließend in Bezug zur Schlafgewohnheit setzten, zeigte sich eine ähnliche Tendenz. Von den Studienteilnehmerinnen mit dem gesündesten Lebensstil hatten nur 6 Prozent einen abendlichen Chronotyp. Bei den Personen mit dem ungesündesten Lebensstil waren 25 Prozent Abend-Chronotypen (Nachteulen).

Doch was genau machte den Lebensstil der Nachteulen ungesund? Studienteilnehmerinnen mit Abend-Chronotypen tranken mit größerer Wahrscheinlichkeit Alkohol in größeren Mengen, ernährten sich minderwertig, schliefen weniger Stunden pro Nacht, rauchten und lagen bei Gewicht, BMI und körperlicher Aktivität im ungesunden Bereich.

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Ungesunder Lebensstil aber nicht die einzige Erklärung

„Als wir die ungesunden Lebensgewohnheiten berücksichtigten, verringerte sich der starke Zusammenhang zwischen Chronotyp und Diabetesrisiko, blieb aber immer noch bestehen“, erklärte Studienautor Sina Kianersi in einer Pressemitteilung.2 In einem weiteren Schritt ihrer Analyse hatten die Forschenden ihre Daten um die in der Studie ebenfalls abgefragten Lebensstilfaktoren bereinigt. Dadurch verringerte sich das Risiko für Diabetes deutlich, blieb aber immer noch signifikant um 19 Prozent erhöht.

Ungesunde Ernährung, zu wenig Schlaf, Rauchen, Alkohol, Übergewicht und zu wenig Bewegung spielen also eine bedeutende Rolle beim Diabetesrisiko, können dieses aber nicht vollständig erklären. Dennoch scheint es für Nachteulen, die offenbar aufgrund ihrer Schlafgewohnheit ein erhöhtes Diabetesrisiko haben, besonders ratsam zu sein, einen möglichst gesunden Lifestyle zu pflegen – um ihr Risiko nicht noch weiter zu steigern. Das betonte auch Co-Studienautor Tianyi Huang: „Menschen, die sich für ‚Nachteulen‘ halten, müssen möglicherweise mehr auf ihren Lebensstil achten, da ihr abendlicher Chronotyp ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes mit sich bringen kann.“

Bei Insulinintoleranz besser Fleisch und Kohlenhydrate reduzieren

Wer unter einer sogenannten Insulinintoleranz oder Insulinresistenz leidet und zugleich täglich Fleisch und viele Kohlenhydrate zu sich nimmt, könnte ein Problem bekommen. Insulinintoleranz in Kombination mit ungünstiger Ernährung kann einen Prozess in Gang setzen, an dessen Ende eine Diabetes-Typ2-Erkrankung stehen kann.

Wie Diplom-Ökotrophologe Professor Nicolai Worm in einem früheren FITBOOK-Beitrag erklärte, könne eine sehr zuckerreiche Ernährung in Kombination mit Übergewicht und Bewegungsmangel dazu führen, dass die Körperzellen vermindert auf das Hormon Insulin reagierten. Dieses ist im menschlichen Körper für verschiedene weitere bedeutungsvolle Stoffwechselprozesse verantwortlich. Eine Insulinintoleranz ziehe daher nach sich, dass die Regulierung des Blutzuckerspiegels und Umwandlung von Zucker in Energie beeinträchtigt sei. Dadurch falle der Blutzuckerspiegel ab. In der Folge seien Betroffene häufiger hungrig und könnten Diabetes Typ 2 entwickeln.

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Einordnung der Studie

Die Stärken der Studie bestehen darin, dass die Probandinnen acht Jahre lang begleitet wurden und die Forschenden Einsicht in ihre Krankenakten nehmen konnten. So konnten Veränderungen in Lebensstil und Gesundheit erfasst werden.

Die Schwächen der Forschungsarbeit sind dagegen zum einen die Auswahl der Studienteilnehmer und die Art der Datenerfassung. Da die Studie nur Frauen untersuchte, können die Ergebnisse nicht auch automatisch für Männer oder diverse Menschen gelten. Zudem stammte ein großer Teil der analysierten Informationen aus Selbstauskünften der Krankenschwestern. Sie waren damit subjektiv, womöglich unvollständig oder sogar falsch.

Weitere Forschung nötig

Nachteulen für einen gesünderen Lebensstil zu sensibilisieren, wenn sie Diabetes vermeiden möchten, kann nicht schaden. Und dafür liefert die Studie trotz ihrer Schwächen wichtige Argumente.

Weitere Forschung ist nun nötig, um genauer zu verstehen, welchen Effekt allein ein Chronotyp einer Person auf Diabetes und die Herz-Kreislauf-Gesundheit hat. Genau hier wollen die Wissenschaftler rund um Kianersi in weiteren Projekten forschen und neue Erkenntnisse gewinnen.

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Quellen

Themen #amazon Diabetes Diabetes mellitus Typ 2 Schlaf
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