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Anleitung zur reduzierten Atmung

So wirkt die Buteyko-Methode auf den Körper

Die Buteyko-Atmung kann Stress durch eine langsamere und ruhigere Atmung herbeiführen und sogar gegen Asthma helfen.
Die Methode wird sowohl von Profisportlern als auch in der Therapie von Atemwegserkrankungen angewendet. Foto: Getty Images
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21. Juli 2025, 16:12 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Weniger atmen, mehr erreichen? Was erst mal paradox klingt, erscheint aber sehr logisch, wenn man sich mit dem Prinzip der Buteyko-Methode auseinandersetzt. Während wir meist unbewusst und automatisch atmen, zeigt diese Technik, wie gezieltes Reduzieren der Atemzüge unser Wohlbefinden steigern kann. Denn Atmung ist mehr als ein Reflex. Sie beeinflusst direkt, wie wir mit Stress, Schmerzen und Regeneration umgehen. FITBOOK zeigt Ihnen, wie Sie Ihre Atemmuster bewusst steuern, um Ihren Körper auf überraschende Weise zu unterstützen.

Enrico Zessin
Auf fachliche Richtigkeit geprüft von Enrico Zessin Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Atmung: Grundwissen

Bei der äußeren Atmung wird Sauerstoff aus der Luft aufgenommen und Kohlendioxid an die Umgebung abgegeben. Die innere Atmung findet in den Zellen statt: Hier nutzen die Zellen den aufgenommenen Sauerstoff, um Energie zu gewinnen. Dabei entsteht als Abfallprodukt Kohlendioxid. Für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Körpers ist ein Gleichgewicht zwischen Sauerstoff und Kohlendioxid wichtig. Wenn Sie sich körperlich oder geistig anstrengen, verbrennt Ihr Körper mehr Energie. Dabei entsteht zusätzliches Kohlendioxid, sodass vermehrt Sauerstoff aus dem Blut an die Zellen abgegeben wird.

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Der Bohr-Effekt

Die Stärke der Bindung von Sauerstoff an das Hämoglobin (Transportprotein) der roten Blutzellen ist unter anderem vom Kohlendioxid abhängig. Je höher die CO₂-Konzentration im Blut ist, desto geringer ist die Bindung von Sauerstoff und dieser kann leichter aus den Blutzellen an das Gewebe (bspw. Muskeln, Gehirn, andere Organe) abgegeben werden. Andersherum ist die Bindung von Sauerstoff bei niedriger CO₂-Konzentration stärker. Das ist in der Lunge der Fall, sodass die roten Blutzellen dort besonders viel Sauerstoff aufnehmen und anschließend im Körper verteilen können.

Verbrennt der Körper Energie durch körperliche oder geistige Anstrengung, entsteht CO₂. Dadurch wird Sauerstoff aus dem Blut an Zellen abgegeben. Dieser Effekt ist als Bohr-Effekt bekannt. Bei zu tiefer Einatmung, sogenannter Überatmung oder Hyperventilation, wird zu viel Luft ausgetauscht und dementsprechend vermehrt Kohlendioxid abgegeben. Das Hämoglobin bindet den Sauerstoff stärker, sodass er weniger leicht abgegeben werden kann. Dadurch können Muskeln, Gewebe und Organe nicht optimal versorgt sein.

Während sich dieser Zustand anfangs sogar angenehm anfühlen kann, also viel Luft und lange einzuatmen, kann es – muss es aber nicht! – mittel- und langfristig zu einer verminderten Leistungsfähigkeit führen. Das passiert beispielsweise auch, wenn man dauerhaft durch den Mund atmet, weil sich die Aufnahme von Sauerstoff bzw. das Verhältnis der Atemgase verändert. Genau hier setzt die Buteyko-Atmung an.

Woher kommt die Buteyko-Atmung?

Die Buteyko-Atmung ist eine spezielle Atem-Methode, die nach dem Wissenschaftler und Arzt Konstantin Pawlowitsch Buteiko benannt ist. Sie wird besonders im Zusammenhang mit Atemwegserkrankungen, wie beispielsweise Asthma, angewandt. Die Buteyko-Methode zielt darauf ab, bewusst weniger zu atmen; dadurch wird weniger Kohlendioxid abgeatmet und im Ergebnis ein ausgeglichener CO₂-Gehalt im Blut erreicht, also weniger verengte Atemwege.1

Die Methode geht davon aus, dass eine tiefe Bauchatmung mit wenig Luft eine bessere Sauerstoffversorgung ermöglicht als eine Brustatmung mit viel Luft. Im Mittelpunkt steht dabei das Atmen durch die Nase – sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen. Auf diese Weise wird die eingeatmete Luft befeuchtet, gereinigt und aufgewärmt. Ziel ist es, insbesondere die Entspannung des Zwerchfells zu erzielen und sowohl die Atemzüge als auch das Luftzugvolumen, also die Menge an Luft, die eingeatmet und ausgeatmet wird, zu verringern.

Was steckt hinter der Atem-Methode?

Die Buteyko-Atmung wird besonders in der Komplementärmedizin und Alternativmedizin, aber auch im Training und Leistungssport immer häufiger angewandt.

Bereits 1998 zeigte sich in einer Studie, dass Asthmatiker durch dieses Atemtraining ihre Medikamente reduzieren konnten.2 Außerdem wurde die Wirksamkeit der Buteyko-Methode in Zusammenhang mit Rückenbeschwerden, Herzdysfunktionen und Schmerzen belegt.3 Die Methode findet Anwendung bei Schlafstörungen, Angstzuständen und Fatigue.4 Dabei beruht die Wirkung vor allem auf dem (Tiefen-)Entspannungseffekt. Denn es lassen sich durch die Atem-Methode muskuläre, also psychische Anspannungen verringern. Auch beim Asthma kann die bewusste Atmung zu einer Entspannung der Bronchialmuskulatur führen, was die Atmung erleichtert.

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Welchen Einfluss hat die Buteyko-Atmung auf den Körper?

Ziel ist, die Sauerstofffreisetzung auf zellulärer Ebene zu verbessern und einen Ausgleich zwischen Anspannung und Entspannung zu schaffen. Denn so kann durch Atmung direkt Einfluss auf den Körper genommen werden. Ineffiziente Atmung, wie beispielsweise bei dauerhaftem Stress, schüttet dahingegen Stresshormone aus. Das führt zu Verspannungen und Unbeweglichkeit. Die Regenerationsfähigkeit wird vermindert.

Was man durch verbesserte Atmung erreichen kann

  • Verbesserung des Blutgasprofils
  • Hormonproduktion und Funktionsweise vieler Zellen verändern sich positiv
  • Die Erhöhung des CO₂-Partialdruckes führt zu einem Absinken des pH-Werts, das Milieu im peripheren Gewebe wird also saurer! (Bohr-Effekt)
  • Stresspegel minimiert sich, man fühlt sich ausgeglichener und ruhiger
  • Steigerung der Leistungsfähigkeit
  • Steigerung der Koordinationsfähigkeit
  • Weniger Verspannungen im Nacken-Schulter-Bereich als Effekt der Entspannungstechnik/Achtsamkeitsübung
  • Körper wird beweglicher, besonders im Oberkörper und im Schulterbereich, ebenfalls aufgrund des Entspannungseffekts
  • Die Sauerstoffversorgung in den Zellen wird optimiert

Behauptet werden auch folgende Effekte, die wissenschaftlich jedoch nicht bewiesen sind:

  • angebliche Veränderung der Verdauung (es können mehr Nährstoffe aufgenommen werden)
  • Entgiftungskapazität des Körpers soll steigen
  • Man soll unempfindlicher für Schmerzen sein

Kritik an der Buteyko-Atmung

Kritiker weisen darauf hin, dass die der Buteyko-Atmung zugeschriebenen Effekte wissenschaftlich nicht eindeutig belegt sind. Neben dem Gasaustausch spielen auch Achtsamkeitsübungen und eine dadurch verbesserte Körperwahrnehmung eine wichtige Rolle. Viele der beobachteten Verbesserungen könnten also nicht nur auf die veränderte Atmung zurückzuführen sein. Auch das bewusste Wahrnehmen des eigenen Körpers und das Erlernen von Entspannungstechniken tragen möglicherweise zu den positiven Erfahrungen bei.

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Buteyko-Atmung in drei Schritten lernen

Die folgenden Übungen beruhen auf der Buteyko-Methode. Es ist wichtig, individuell an das Training heranzugehen. Wie bei allen Trainingsmethoden sollte man Schritt für Schritt beginnen und Geduld haben. Anfangs können sich die Übungen ungewohnt und schwer anfühlen. Daher bei den folgenden Übungen nicht in den Schmerz, Schwindel oder das Unwohlsein gehen.

Es empfiehlt sich, mit fünf bis zehn Minuten Trainingszeit zu beginnen und diese bis auf 30 Minuten zu steigern. 

1. Nasenatmung

Atmen Sie konsequent durch die Nase.

Achten Sie im Alltag immer wieder darauf, den Mund geschlossen zu halten. Erwischen Sie sich dabei, dass Sie durch den Mund atmen, schließen Sie Ihren Mund und halten Sie für zehn Sekunden die Luft an. Steigern Sie die Intensität, indem Sie beim Spazierengehen, also bei leichter Belastung, auf Nasenatmung achten. Für Ambitionierte: Achten Sie im Training (höherer Belastung) ebenso darauf, nur durch die Nase zu atmen, sowohl bei der Ein- als auch bei der Ausatmung. Das fühlt sich anfangs extrem ungewohnt an. Sie werden aber schnelle Verbesserungen bemerken und mit ein bisschen Training werden Sie merken, wie schnell Ihre Leistungsfähigkeit steigt.

2. Atempause

Wenn Ihnen die Nasenatmung leicht fällt, steigern Sie das Training durch eine Atempause nach der Ausatmung. Führen Sie diese Übung entspannt im Sitzen aus. Halten Sie nach der Ausatmung für ein paar Sekunden die Luft an, sodass sie anschließend entspannt wieder einatmen können. Für die meisten sind das anfangs nur ein bis drei Sekunden. Fangen Sie langsam an und steigern Sie sich allmählich.

3. Reduzierte Atmung

Reduzieren Sie Ihre Atmung, indem Sie kleinere und langsamere Atemzüge machen. Auch hier sollten sie sich langsam und vorsichtig steigern. 

Setzen Sie sich dafür am besten hin und legen eine Hand auf den Brustkorb und die andere auf den Bauch. Bei der Einatmung darf sich der Bauch gegen die Hand nach außen wölben, bei der Ausatmung zieht der Bauch dagegen wieder nach innen. Sie können mit Ihren Händen dabei einen leichten Druck ausüben, um die Bewegung des Bauches zu verstärken und deutlicher zu spüren. Achten Sie darauf, die Atmung Zug für Zug zu reduzieren. Denn es geht nicht um tiefe Ein- und Ausatmung. Sondern im Gegenteil darum, die Atmung zu reduzieren und sich allmählich an den Lufthunger zu gewöhnen. Achten Sie bei der Übung darauf zu entspannen und lassen Sie bewusst den Schulter-Nackenbereich locker. Idealerweise führen Sie die Übung drei bis fünf Minuten durch.

Themen Atmung

Quellen

  1. Fernhochschule The Mobile University. Weniger atmen – mehr Luft? Die Buteyko-Atmung. (aufgerufen am 21.07.2025) ↩︎
  2. Bowler, S.D., Green, A., Mitchell, C.A. (1998). Buteyko breathing techniques in asthma: a blinded randomised controlled trial. The Medical Journal of Australia. ↩︎
  3. Stutz, R., Schreiber, D. (2017). [Die therapeutische Wirksamkeit westlicher Atemtherapiemethoden: Ein systematischer Review]. Complementary Medicine Research. ↩︎
  4. Buteyko Clinic International. Reducing Insomnia with Buteyko Breathing. (aufgerufen am 21.07.2025) ↩︎

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