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Nachgefragt beim Genetiker

Neues Anti-Aging-Pulver – lässt sich mit NMN tatsächlich das Altern aufhalten?

NMN Anti-Aging: Mann mittleren Alters
FITBOOK sprach mit einem Experten zur Wirkung von Nicotinamid-Mononukleotid (NMN) Foto: istock/Ridofranz
Friederike Ostermeyer
Freie Autorin

01.08.2022, 08:02 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

NMN gilt als neues Wundermittel in der Anti-Aging-Szene und ist seit Kurzem im Deutschland frei erhältlich. Macht es wirklich jünger und gesünder? FITBOOK hat bei einem Wissenschaftler nachgefragt, der sich mit dem Thema beschäftigt.

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Strahlende Haut, mehr Energie, bessere Blutwerte, gesteigerte Leistungsfähigkeit oder Frauen, bei denen jenseits der Menopause die Periode wieder einsetzte – in Internetforen berichten User allerhand Erstaunliches über das neue Anti-Aging-Produkt NMN (Nicotinamid-Mononukleotid). In Kapsel- oder Pulverform ist das Jungbrunnen-Supplement seit Kurzem auch in Deutschland zugelassen (allerdings noch nicht offiziell zum Verzehr) und löst einen regelrechten Hype aus. FITBOOK hat mit dem Molekulargenetiker und Alternsforscher Prof. Christoph Englert darüber gesprochen, ob NMN wirklich das Anti-Aging-Wunder ist, für das es gepriesen wird, wie es im Körper wirkt und was Konsumenten sich davon erhoffen können. Nur so viel vorweg: Für die Altersforschung ist NMN derzeit eine der vielversprechendsten Substanzen.

Warum NMN anders ist als andere Anti-Aging-Mittel

Noch vor wenigen Jahren hätten die meisten Alternsforscher auf die Frage, ob sich mit einem Nahrungsergänzungsmittel das Altern bremsen lässt, das Gleiche entgegnet: Nein! Alles, was der Markt anbietet, ist in der Regel Geldmacherei oder sogar potenziell gefährlich: „Das war auch immer meine Antwort“, so Englert. Der Experte für molekulare Genetik am Leibniz-Institut für Alternsforschung in Jena beschäftigt sich damit, wie Gene das Altern beeinflussen und was Altern überhaupt ist. Was NMN betrifft, sieht er Potenzial, auch wenn der Wirkstoff bei Weitem noch nicht gänzlich erforscht ist. „NMN wird in NAD+ (Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid, Anm. d. Red.) umgewandelt“, erklärt er. „Und NAD+ ist ein körpereigener Stoff.“ Junge Menschen haben sehr viel davon, mit fortschreitendem Alter nimmt der Spiegel ab. Wie viel NAD+ vorhanden ist oder nicht, hat demnach auch etwas mit dem Alterungsprozess zu tun. Und: Es gibt unter anderem Studien, die nachweisen konnten, dass Mäuse, denen NMN verabreicht wurde, länger leben.

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Was die Wissenschaft über die Anti-Aging-Wirkung von NMN weiß

Jetzt wird’s ein wenig fachlich, aber das Folgende verdeutlicht, was NMN in Sachen Anti-Aging so besonders macht. Das Molekül NMN fungiert als Vorläufer von NAD+. Dieses essenzielle Co-Enzym sorgt für eine gesunde Zellfunktion, einschließlich Stoffwechsel, DNA-Reparatur und Zellwachstum. Genauer ist es an vielen Redoxreaktionen und damit an zahlreichen biologischen Prozessen beteiligt. Ein junger, gesunder Organismus besitzt höhere NAD+ Spiegel als ein älterer. Jetzt ist es möglich, mithilfe von außen zugeführtem MNM wieder einen jugendlicheren NAD+-Spiegel zu erreichen. Denn der Darm ist in der Lage, NMN aufzunehmen und über verschiedene Wege den Zellen zur Verfügung zu stellen. Ihnen wird also vorgegaukelt, jünger zu sein, als sie sind. Der Effekt: Die normalen Altersprozesse sowie die Entstehung von altersbedingten Krankheiten (Diabetes, Alzheimer, Herzschwäche etc.) werden augenscheinlich gebremst – zumindest nachgewiesen in Tierversuchen.1 So weit die Wissenschaft, so weit gesichert.

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Was Konsumenten von NMN erwarten dürfen

„Und damit hat es sich auch schon“, weiß Englert. „NMN wirkt tatsächlich in unseren Zellen. Nur was es dort genau anstellt, dazu gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen.“ Er und seine Kollegen gehen zwar davon aus, dass NMN die Zellen wieder auf ein jüngeres Niveau bringen kann und ihre inneren Vorgänge demnach effizienter ablaufen, aber wie im Detail, ist weiterhin ein Rätsel. Wovon der Alternsforscher allerdings überzeugt ist: „MNM ist sicher und gut verträglich. Es sind keine Nebenwirkungen bekannt. Was der Körper nicht aufnehmen kann, scheidet er vermutlich wieder aus.“ Bei manchen Anti-Aging-Pülverchen ist nämlich Vorsicht geboten. „Sie stehen im Verdacht, krebserregend zu sein.“ Bei NMN hat der Konsument laut aktuellem Wissensstand nichts zu befürchten. Im schlimmsten Fall passiert gar nichts, im besseren Fall kommt es zu einem Placeboeffekt und möglicherweise hat die Einnahme sogar doch eine respektable Anti-Aging-Wirkung. „Es gibt diesbezüglich noch viele Löcher in der Wissenschaft. Aber es deutet vieles darauf hin, dass NMN positive Eigenschaften hat.“

David Sinclair, der bekannte Anti-Aging-Wissenschaftler der Harvard University, dessen Forschungen zu Resveratrol, NAD+ und Sirtuinen weltberühmt sind, erklärt in seinen Berichten: „Mein Lipidprofil hat sich dramatisch verbessert und meine Blutwerte liegen mit über 60 Jahren näher an denen eines 31-Jährigen.“2 Wunder, so Englert, dürfe man trotzdem nicht erwarten.

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Wie das Jungbrunnen-Molekül in Tierstudien abschneidet

Beim Menschen ist die Studienlage weiterhin eher mau. Aber das dürfte sich in der nächsten Zeit ändern. In der Tierwelt sieht es schon ganz anders aus. So wiesen chinesische Forscher bereits 2017 nach, dass NMN bei Mäusen das Fortschreiten von Alzheimer nicht nur aufhalten, sondern umzukehren vermochte.3 Das heißt, Plaque-Bildung und Synapsen-Verlust gingen signifikant zurück. Bei einer weiteren Untersuchung stellten die Wissenschaftler fest, dass sich bei unter Altersdiabetes leidenden Nagern dank NMN die Glukoseintoleranz verbesserte samt Rückgang von Entzündungswerten und oxidativem Stress.4 Und das sind nur zwei von vielen Studien. Kurz: Bei Tieren scheint NMN eine nachweisbare Anti-Aging-Wirkung zu haben.

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Probieren geht über Studieren – das rät der Wissenschaftler zum Umgang mit MNM

Für den Wissenschaftler spricht also nichts dagegen, NMN selbst ausprobieren. Einziger Nachteil: Es ist vergleichsweise teuer und man sollte darauf achten, dass der Händler vertrauenswürdig ist und ein reines Produkt anbietet. Sprich: Eine 30 Gramm Packung (reicht für zwei Monate) kostet mindestens 60 Euro. „Mein Rat wäre, NMN erst im fortgeschrittenen Alter, also kurz vor der Menopause oder bei niedrigem Testosteronspiegel einzunehmen.“ Dann auch zunächst nur für zwei bis vier Wochen. Außerdem sollte man während der Zeit genau beobachten, wie es einem geht und ob sich etwas tut. „Und wenn ich merke, es geht mir richtig gut, gerne weitermachen. Aber von einer chronischen Einnahme würde ich abraten.“ Hersteller empfehlen übrigens, morgens auf nüchternen Magen, 0,5 Gramm Pulver unter die Zunge zu legen, bis es sich vollständig aufgelöst hat.

Englert, der aufgrund seines Fachs sehr kritisch sämtlichen Nahrungsergänzungsmitteln gegenüber steht, merkt am Schluss an: „Wenn ich eine Substanz einnehmen müsste, dann nur NMN. Ich überlege sogar, ob ich es mir demnächst bestelle. Einige meiner Kollegen nehmen es bereits.“ Günstiger und ähnlich effektiv lässt sich ein höherer NAD+Spiegel übrigens mit Fasten erreichen.

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Quellen

Themen Altern
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