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Rhodiola rosea als Kapseln

Taugt Rosenwurz zur Leistungssteigerung?

Mann nimmt Nahrungsergänzungsmittel
Verbessert die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit – heißt es jedenfalls. FITBOOK hat den Wirkstoff von Rhodiola rosea (Rosenwurz) unter die Lupe genommen. Foto: Getty Images
Laura Pomer
Laura Pomer

29.05.2020, 12:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Was viele hier höchstens vom Hörensagen kennen, soll in russischen, baltischen und skandinavischen Ländern schon seit hunderten von Jahren Verwendung finden: als pflanzliches Arzneimittel. Rosenwurz werden positive Wirkungen auf das Gemüt und die Stresssensibilität nachgesagt, angeblich soll es auch leistungssteigernd sein. Deshalb wird es verstärkt auch in Sportlerkreisen diskutiert. FITBOOK hat das angebliche Wundermittel unter die Lupe genommen – und ist auch auf Warnhinweise gestoßen.

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Rosenwurz wächst in Gebieten mit Bergschluchten und schattigen Felsspalten. In Skandinavien und Russland wird die Pflanze, die zur Gattung der Dickblattgewächse gehört, seit vielen Jahren in der Küche verwendet. Die leicht bitter schmeckenden Blätter können roh und gekocht verzehrt werden, ihre Stängel lassen sich ähnlich zubereiten wie Bohnen oder Spargel. Hierzulande ist Rosenwurz eher in Kapselform als Nahrungsergänzungsmittel bekannt. Und diesem werden wahre Wunderwirkungen nachgesagt.

Rosenwurz als Nahrungsergänzungsmittel

In der Naturheilkunde wird Rosenwurz gegen Depressionen und bei starkem Stress eingesetzt. Einige Sportler interpretieren in sein Wirkspektrum auch einen Einfluss auf die körperliche und mentale Leistungsfähigkeit. Da die Schmerzgrenze heraufgesetzt werde, erhoffen sie sich, härter und länger trainieren zu können. In Foren werden Studien diskutiert, die dem „natürlichen Doping“ noch nach vier Wochen einen Effekt attestieren. Damit soll sich Rosenwurz von anderen leistungsfördernden Substanzen, bei dem es schnell zu einer Gewöhnung komme, unterscheiden.

FITBOOK sprach mit Frau Dr. Astrid Albrecht. Sie arbeitet für Dr. Willmar Schwabe, einen Hersteller pflanzlicher Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel, der auch ein Rosenwurz-Präparat führt. Dieses ist (noch) nicht für den deutschen Markt zugelassen, wird aber bereits im Ausland vertrieben.

Die Expertin erklärt uns, dass Rosenwurz einen „harmonisierenden Einfluss auf relevante neuroendokrine Systeme“ ausübe. Dieser sei dann sinnvoll, wenn der Körper bei chronischem Stress seine Fähigkeit zur Selbstregulation verliere. Dadurch gerieten unter anderem der Cortisol- und Adrenalinhaushalt aus dem Gleichgewicht, mit der Folge anhaltender Anspannung. Hier sollen die Inhaltsstoffe der Rhodiola rosea, so der Originalname der Heilpflanze, ansetzen: mit einer „adaptogenen“ Wirkung. Diese sei durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bestätigt und bedeute, dass Rosenwurz dem Organismus bei der Anpassung an körperliche und emotionale Stresssituationen helfen soll. „Die Wirkung ist umso ausgeprägter, je tiefer die pathologischen Veränderungen im Organismus sind“, so die Fachfrau. Soll heißen: Ist die Stresssensibilität hoch, funktioniere Rosenwurz noch besser.

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Rosenwurz-Kapseln
Rosenwurz-Kapseln werden bei Sportlern immer beliebter. Zu recht? Foto: herbano.com

Kann Rosenwurz beim Stressmanagement helfen?

Online erhältliche Rosenwurz-Kapseln versprechen, „Konzentration und Gedächtnis zu unterstützen“, zudem mehr geistige Agilität und Ausgeglichenheit. In vielen Fällen ist der Wirkstoff durch weitere ergänzt, beispielsweise Vitamine. In der richtigen Zusammensetzung soll die Einnahme von Rhodiola rosea das Nervensystem und den gesamten Energiestoffwechsel positiv beeinflussen. Einige Hersteller machen sie zudem explizit für Sportler attraktiv. „Verbessert die allgemeine sportliche Leistungsfähigkeit und Ausdauer“, lautet die Produktbeschreibung im Online-Shop von Herbano, einem Schweizer Hersteller für Mikronährstoffpräparate.

Das würde Frau Dr. Albrecht jedoch nicht unterschreiben. Im Rahmen der klinischen Forschung für ihr Präparat hat die Firma, bei der sie arbeitet, sich mit der Datenlage zu Rhodiola im Bezug auf die sportliche Leistungsfähigkeit auseinandergesetzt. Sie bezieht sich im Gespräch mit FITBOOK auf fünf Studien aus dem Zeitraum zwischen 2009 und 2014 mit unterschiedlichen methodischen Herangehensweisen, die höchstens „einen sehr geringen Effekt“ rückschließen lassen. Sie sieht das geeignete Anwendungsgebiet daher im Stressmanagement.

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Gestresste Frau
Die Hauptabnehmer des Präparats sind laut Dr. Albrecht Frauen ab Mitte 30 mit der Doppelbelastung von Beruf und kleinen Kindern. Um beim Sport bessere Leistungen zu erzielen, eigne sich der Rosenwurz-Extrakt nicht.

Professor Nicolai Worm, Diplom-Ökotrophologe aus München, würde die Heilpflanze mit Vorsicht genießen. Oder besser noch: gar nicht. „Die amerikanische Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA schätzt Rosenwurz als ‚möglicherweise giftig‘ ein, weil seine Sicherheit und Unbedenklichkeit nicht in Studien überprüft wurde“, erklärt er FITBOOK. Pflanzliche Lebensmittel seien nicht automatisch gesund und ohne Risiko, warnt der Ernährungswissenschaftler weiter. „Fliegen- oder Knollenblätterpilze etwa haben bestimmt auch ein paar interessante Effekte. Neben der Tatsache, dass sie den Menschen ab einer gewissen Dosis ins Grab bringen.“

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Eine toxische Wirkung ist nicht ausgeschlossen

„Aus den verfügbaren Humanstudien, in denen Tagesdosen von 100 bis 1.800 mg Rhodiola rosea (meist als Wurzelextrakt) untersucht wurden, lässt sich kein Gefährdungspotential ableiten“, heißt es laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Sämtliche Untersuchungen, die eine gefahrlose Therapie ableiten lassen, wurden vor 1997 vorgenommen. Hier sei nicht erfasst, inwieweit bzw. ab welcher Einnahmedauer die Wurzel oder deren Extrakte womöglich toxisch wirken können. Die Anstalt würde anhand der bestehenden Informationslage keine Empfehlung aussprechen.

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Fazit zu Rosenwurz

Ein Wundermittel ist Rhodiola rosea sehr wahrscheinlich nicht. Nicht einmal, ob es sich dauerhaft zur täglichen Einnahme eignet, konnte bislang belegt werden. Mindestens, bis alle offenen Fragen geklärt sind, bleibt man auf der sicheren Seite, wenn man Stresssymptonen mit autogenem Training begegnet. Und, wie es ein User auf „Forum Muscle Corps“ auf den Punkt bringt: „Die Behauptung, dass Rhodiola rosea zu mehr Kraft oder gar mehr Muskeln führen würde, stammt ausschließlich von den Supplement-Herstellern“. Eine Einnahme von Rosenwurz aus sportlichem Ehrgeiz ist definitiv nicht empfohlen.

Themen Nahrungsergänzungsmittel
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