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Vor den ersten Symptomen

Ermöglicht eine Stuhlprobe die Früherkennung von Parkinson?

Forscher fanden heraus, dass sich im Stuhl Biomarker für Parkinson finden lassen
Forscher fanden heraus, dass sich im Stuhl Biomarker für Parkinson finden lassen Foto: Getty Images

13.07.2023, 18:55 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Bei Parkinson handelt es sich um eine chronische Nervenkrankheit. Bislang ist eine Frühdiagnose kaum möglich. Doch es gibt Hoffnung. Forscher haben herausgefunden, dass sich Parkinson womöglich anhand einer Stuhlprobe im Frühstadium erkennen lässt.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Prof. Dr. med. Frank Erbguth, Neurologe und Präsident der Deutschen Hirnstiftung

Parkinson ist nicht heilbar. Und so lässt sich das Absterben der Gehirnzellen, die für die Bewegung des Körpers zuständig sind, nicht aufhalten. Warum dieser degenerative Prozess in Gang gesetzt wird, ist noch nicht geklärt. Allerdings gibt es Therapiemöglichkeiten, um die Symptome wie das typische Zittern und die Muskelsteifheit zu lindern. Dadurch lässt sich die Lebensqualität der Betroffenen verbessern und der Krankheitsverlauf verlangsamen. Auch wird momentan intensiv an Therapien geforscht, die an den Ursachen der Parkinson-Erkrankung ansetzen. Wichtig ist daher eine Früherkennung der Nervenkrankheit. Doch gerade das ist immer noch ein Problem, an dem intensiv geforscht wird. In Erprobung befindet sich ein Ansatz, bei dem per Hautabstrich eine Talgprobe entnommen und auf bestimmte Biomarker untersucht wird (FITBOOK berichtete). Eine neue Studie zeigt, dass sich auch im Stuhl von Betroffenen frühe Anzeichen für Parkinson nachweisen lassen.

8,5 Millionen weltweit an Parkinson erkrankt

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden weltweit rund 8,5 Millionen Menschen an Parkinson.1 Damit hat sich die Anzahl der Betroffenen in den letzten 25 Jahren durch den demografischen Wandel mit einer immer älter werdenden Bevölkerung nahezu verdoppelt. Zudem nehmen die Behinderungen und Todesfälle in Folge von Parkinson schneller zu als bei jeder anderen neurologischen Erkrankung. Umso wichtiger ist es, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen.

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Eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Parkinson spielt das Protein Alpha-Synuclein2. Dieser Eiweißstoff ist ein Bestandteil von Nervenzellen und kommt vor allem im Gehirn vor, wo es u.a. die Dopamin-Ausschüttung reguliert. Unter anderem aus diesem Alpha-Synuclein formen sich die sogenannten Lewy-Körperchen, die bei Parkinson und anderen Nervenerkrankungen vorkommen. Forscher vermuten, dass diese vermehrt aus Alpha-Synuklein gebildeten Lewy-Körperchen abgelagert werden und die Funktion der Nervenzellen stören. Es kommt dann zum Abbau vor allem von Zellen, die die Ausschüttung von Dopamin gewährleisten und so für den degenerativen Prozess bei Parkinson verantwortlich sind.3

Nachweis von Alpha-Synuclein im Stuhl von Parkinson-Patienten

Forschern aus Deutschland und den USA ist es nun gelungen, Ablagerungen von Alpha-Synuclein im Stuhl von Parkinson-Patienten nachzuweisen.4 Für die Studie wurden 94 Parkinson-Patienten, 51 gesunde Probanden sowie 72 Personen, die an einer REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD) leiden, ausgewählt. Die Schlafstörung äußert sich dadurch, dass die sonst im REM-Schlaf im Rahmen heftiger Träume blockierte Muskelaktivität teilweise nicht mehr gut funktioniert. Wenn die Betroffenen ihre Träume durchleben, bewegen sie sich heftig, schreien oder schlagen um sich. Menschen, die von RBD betroffen sind, haben ein Risiko von bis zu 80 Prozent, innerhalb von 10 bis 15 Jahren an Parkinson oder einer anderen neurodegenerativen Krankheit zu erkranken.5

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In den Stuhlproben der Menschen mit REM-Schlaf-Verhaltensstörung wurde deutlich mehr Alpha-Synuclein-Ablagerungen nachgewiesen als bei Kontrollpersonen ohne RBD. Erstaunlicherweise war die Konzentration der Ablagerungen auch höher, als bei Personen mit bereits bestehender Parkinson-Erkrankung. Anhand der erhöhten Alpha-Synuclein-Werte konnten die Wissenschaftler mit einer Zuverlässigkeit von 76,4 Prozent RBD-Betroffene von gesunden Personen unterscheiden. Und mit einer Zuverlässigkeit von 80,6 Prozent wurden die RBD-Betroffenen von Parkinson-Patienten abgegrenzt.

Warum haben die Parkinson-Kranken weniger Synuklein im Stuhl als die mit der Vorstufe?

Obwohl die Ergebnisse nahe legen, dass Untersuchung des Stuhls die Parkinson-Frühdiagnose ermöglicht, sind noch einige Fragen ungeklärt. So blieb unklar, weshalb gerade die Parkinson-Kranken weniger Synuklein im Stuhl hatten als diejenigen mit der „Vorstufe“ der REM-Schlaf-Verhaltensstörung. Die Forscher vermuteten, dass sich die Gruppe der Parkinson-Patienten vorwiegend aus Personen mit der „Head-First-Variante“ des Parkinson zusammengesetzt hatte. Bei ihnen tauchen die Alpha-Synuklein-Ablagerungen erst im Gehirn auf und später im autonomen Nervensystems des Darms. Es könnte also sein, dass die RBD-Personen eher den anderen Typ der Parkinson-Erkrankung entwickeln (den sogenannten „Body-First-Typ“), bei dem tatsächlich die Alpha-Synuklein-Ablagerungen im Darm beginnen und später über den Vagusnerv ins Gehirn aufsteigen. Bei diesem Typ dürften dann auch die Alpha-Synuklein-Mengen im Stuhl erhöht sein.  

Außerdem hängen diese erhöhten Werte offenbar nicht nur mit einer späteren Parkinson-Erkrankung zusammen: Sie können auch ein Hinweis auf andere neurodegenerative Erkrankungen sein – wie bspw. die Alzheimer-Demenz.

Weshalb die Studienergebnisse derzeit noch nicht zur Parkinson-Diagnose verwendet werden können

„Aktuell können unsere Ergebnisse nicht zur Diagnose einzelner Patienten verwendet werden“, erklärt der Studienleiter Prof. Erdem Gültekin Tamgüney von der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf (HHU) gegenüber „Medical News Today“6. „Unsere Ergebnisse könnten jedoch möglicherweise dazu verwendet werden, die Wirksamkeit einer Behandlung während klinischer Studien zu überprüfen“, erläutert der Wissenschaftler. Denn sollte eine medikamentöse Behandlung den Alpha-Synuclein-Spiegel im Stuhl reduzieren, könnte dies darauf hindeuten, dass die Behandlung wirksam ist.

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Quellen

Themen Parkinson
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