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Laut Studie

Hörgeräte könnten womöglich vor Demenz schützen

Schwerhörigkeit Demenz: Hörgerät
Hörgeräte erhöhen nicht nur die Lebensqualität bei Schwerhörigkeit, sondern können offenbar das Risiko für Demenz deutlich reduzieren Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

14.04.2023, 16:21 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Demenz, also der geistige Abbau im Alter, gehört wohl zu den gefürchtetsten Erkrankungen. Deswegen gilt es, bereits im jüngeren Alter Risikofaktoren zu minimieren. Eine Studie rät Menschen, die schwerhörig sind, Hörgeräte zu benutzen. Das kann nachweislich das Demenzrisiko deutlich senken.

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Es gibt viele Faktoren, die das Risiko für eine Demenzerkrankung im höheren Alter steigern. Dazu zählen unter anderem niedriger Bildungsstand, Rauchen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch. Aber auch Schwerhörigkeit ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Demenz (FITBOOK berichtete). Das Erschreckende dabei: Laut einer Studie aus dem Jahr 2022 sind rund eine Milliarde junger Menschen gefährdet, durch lautes Musikhören Schwerhörigkeit zu entwickeln.1 FITBOOK machte auf die Gefahr bereits in einem Beitrag aufmerksam. Nun kommen Forscher anhand einer großen Datenauswertung zu dem Schluss, dass Schwerhörige sich mit einem Hörgerät vor einer möglichen Demenz schützen könnten. Denn leider verwendet ein großer Teil von Menschen mit Hörproblemen keine helfenden Geräte. Aufklärung der Betroffenen wäre wichtig.

Studie mit 437.704 britischen Probanden

Sowohl Demenz als auch Hörverlust treten meist im höheren Alter auf. In einem Bericht der Lancet-Kommission für Prävention, Intervention und Pflege bei Demenz gehen Forscher davon aus, dass Hörverlust mit etwa acht Prozent der weltweiten Demenzfälle zusammenhängt.2 Deswegen könnte die Behandlung von Hörschäden ein entscheidender Faktor sein, um die Ausbreitung der Demenz zu verringern. Und tatsächlich wurde nun in einer großen Datenauswertung mit 437.704 Probanden festgestellt, dass der Einsatz von Hörgeräten bei Schwerhörigkeit das Risiko für Demenz deutlich senkt.

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Die Daten zu Hörschäden und dem Tragen von Hörgeräten haben die chinesischen Wissenschaftler von der britischen Biobank erhalten. Diese wurden anhand von Fragebögen gesammelt, während die Demenzdiagnosen aus Krankenhausakten und Sterberegisterdaten ermittelt wurden. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer bei der Rekrutierung für die Daten (zwischen 2006 und 2010) betrug 56 Jahre. Generell waren die Teilnehmer zu diesem Zeitpunkt zwischen 40 und 69 Jahren alt. Ihr gesundheitlicher Zustand wurde später nach rund zwölf Jahren wieder abgefragt.

Bei Schwerhörigkeit sinkt das Risiko für Demenz durch Hörgeräte

Die Auswertung der Daten ergab, dass rund drei Viertel der Studienteilnehmer keine Hörprobleme hatten. Ein Viertel hingegen (über 100.000) litt zu einem gewissen Grad unter Schwerhörigkeit. Erstaunlicherweise trugen von den Personen mit Hörschäden nur 11,7 Prozent ein Hörgerät. Das zumindest gaben sie in den Fragebögen an. Unter Berücksichtigung anderer Faktoren kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass Menschen mit Hörverlust, die keine Hörgeräte nutzten, im Vergleich zu Teilnehmern mit normalem Gehör ein um 42 Prozent höheres Risiko für Demenz hatten. Und das unabhängig von der Ursache für die degenerative Gehirnerkrankung. Studienteilnehmer, die hingegen Hörgeräte verwendeten, hatte rechnerisch kein erhöhtes Risiko für Demenz.3

„Hörverlust kann mit Anfang 40 beginnen, und es gibt Hinweise darauf, dass sich ein allmählicher kognitiver Abbau bis hin zur Demenz über 20 bis 25 Jahre hinweg entwickeln kann. Unsere Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit einer frühzeitigen Einführung von Hörgeräten, wenn bei jemandem ein Hörverlust beginnt“, sagt Prof. Dongshan Zhu von der chinesischen Shandong-Universität in einer Medienmitteilung.4 Laut ihm gebe es immer mehr Beweise dafür, dass Hörverlust der größte veränderbare Risikofaktor für Demenz sein könnte. Vor allem in der Lebensmitte ab 40 spielt er eine wichtige Rolle. „Unsere Studie liefert die bisher besten Beweise dafür, dass Hörgeräte eine minimalinvasive, kostengünstige Behandlung sein könnten, um die potenziellen Auswirkungen von Hörverlust auf Demenz zu mildern“, erklärt der Wissenschaftler.

Studienergebnisse haben Einschränkungen

Obwohl die Studie zu einem bemerkenswerten Ergebnis kommt, müssen die Autoren eingestehen, dass es ein paar Einschränkungen gibt. Die wichtigste Fehlerquelle für die Daten sind nämlich die Studienteilnehmer selbst. Inwiefern sie richtige Angaben in den Fragebögen gemacht haben, ist unklar. Ebenso handelt es sich hier um eine Beobachtungsstudie. Das heißt, der Zusammenhang zwischen Schwerhörigkeit und Demenz könnte womöglich auch eine umgekehrte Kausalität haben. Also zum Beispiel, dass die Neurodegeneration die Hörzellen und Nerven angreift und die Betroffenen deswegen einen Hörverlust erleiden. Zudem könnten auch andere Faktoren eine Rolle spielen, die aber nicht mitbetrachtet wurden. Also beispielsweise, dass Personen, die Hörgeräte tragen, mehr auf ihre Gesundheit im Allgemeinen achten. Insofern bleiben noch einige Fragen offen, die hoffentlich in weiteren Studien geklärt werden können.

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Quellen

Themen Demenz
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