
22. Mai 2025, 12:57 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Viele Menschen kennen das unangenehme Brennen hinter dem Brustbein – ausgelöst durch zu viel Magensäure. Doch chronisches Sodbrennen, auch gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) genannt, kann mehr als nur Unbehagen verursachen. Eine neue Langzeitstudie aus Korea zeigt: GERD-Patienten haben ein deutlich erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten.
Zigaretten, üppige Mahlzeiten und säurehaltige Lebensmittel wie Kaffee: Sie alle haben gemein, dass sie bei ansonsten gesunden Menschen gelegentliches Sodbrennen auslösen können. Treten die Beschwerden jedoch regelmäßig auf und halten über längere Zeit an, kann die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) dahinterstecken. Sie tritt häufig auf, etwa 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland ist davon betroffen. GERD kann sich auch durch Husten oder Halsschmerzen bemerkbar machen.1 Und eine neue Studie kommt zu einem beunruhigenden Ergebnis: Offenbar kann die Refluxkrankheit das Risiko bestimmter Arten von Krebs erhöhen.2
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Übersicht
Refluxkrankheit bisher nur im Zusammenhang mit einem Krebs untersucht
Die Refluxkrankheit betrifft weltweit Hunderte Millionen Menschen. Durch den Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre entstehen nicht nur Symptome wie Sodbrennen und Husten, sondern langfristig auch Gewebeschäden, die zur Entstehung von Krebs führen können. Der Zusammenhang mit Speiseröhrenkrebs – insbesondere dem Adenokarzinom – ist bereits gut dokumentiert. Doch ob die Refluxkrankheit auch das Risiko für andere Arten von Krebs erhöht, blieb bislang unklar. Ziel dieser neuen Kohortenstudie aus Südkorea war daher, den Blick auszuweiten, ob es nicht auch Zusammenhänge zwischen anderen Krebserkrankungen und Refluxkrankheit gibt – auch unter Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, Körpergewicht, Bewegung, Einkommen und chronischen Vorerkrankungen.
Wie gingen die Wissenschaftler vor?
Die Studie basiert auf Daten der südkoreanischen „Health Screening Cohort“ (NHIS-HEALS). Es nahmen 10.261 GERD-Patienten sowie 30.783 Kontrollpersonen ohne Refluxkrankheit teil, von denen niemand zu Studienbeginn an Krebs erkrankt war. Beide Gruppen wurden im Verhältnis 1:3 nach Alter und Geschlecht „gematcht“. Soll heißen, auf jeden GERD-Patienten kamen drei Kontrollpersonen mit gleichem Geschlecht und Alter zum Vergleich. GERD wurde definiert anhand des internationalen Diagnosekatalogs ICD-10 und mindestens achtwöchiger Behandlung mit Protonenpumpenhemmern (PPI) oder Histamin-2-Rezeptorblockern (H2RA).
Die Nachbeobachtung erfolgte über einen Zeitraum von durchschnittlich 9,9 Jahren – bis zur Krebsdiagnose, Tod oder Ende der Studie 2015. Zur Berechnung des Krebsrisikos wurden Cox-Regressionen verwendet, die Parameter wie Lebensstil, sozioökonomische Faktoren und andere Grunderkrankungen berücksichtigte. Zusätzlich analysierten die Wissenschaftler, wie sich die Dauer der GERD-Behandlung auf das Krebsrisiko auswirkte.
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Refluxkrankheit mit 3 Arten von Krebs assoziiert
Wenig überraschend war, dass GERD das Risiko für Speiseröhrenkrebs erhöhte, und zwar um das 3,2-fache. Doch auch für zwei weitere Arten von Krebs stieg das Risiko bei Patienten mit Refluxkrankheit an. Insbesondere für Kehlkopfkrebs war das Ergebnis gravierend. So erhöhte GERD das Risiko hierbei um das 5,4-fache. Bei Patienten mit langer GERD-Behandlungsdauer – etwa einer mindestens 360-tägigen Einnahme von PPI oder H2RA – lag dieser Wert noch etwas höher bei 5,7. Auch bei Speiseröhrenkrebs stieg das Risiko mit der Behandlungsdauer. Daraus schlussfolgern die Autoren, dass es für beide Krebsarten eine Dosis-Wirkung-Beziehung gibt.
Auch Risiko für Schilddrüsenkrebs war erhöht – dafür gab es jedoch eine andere Erklärung
Auch für Schilddrüsenkrebs war das Risiko durch die Refluxkrankheit um das 1,91-fache erhöht. Berücksichtigten die Autoren in ihren Berechnungen jedoch zusätzlich die Häufigkeit von Schilddrüsenbiopsien, war dieser Wert nicht mehr statistisch signifikant.
Einige Krebsarten traten sogar seltener auf
Auffällig war ein um 27 Prozent reduziertes Risiko für kolorektalen Krebs sowie ein um 33 Prozent reduziertes Risiko für Leberkrebs und Pankreaskrebs (57 Prozent) bei GERD-Patienten. Aber auch bei diesen Ergebnissen ist Vorsicht geboten. Die Autoren weisen darauf hin, dass dieser Effekt ebenso auf häufigere Vorsorgeuntersuchungen und bessere medizinische Screenings zurückzuführen sein könnte.
Welche Bedeutung haben die Ergebnisse?
Wichtig ist die Erkenntnis, dass GERD-Patienten ein deutlich höheres Risiko für Speiseröhren- und Kehlkopfkrebs haben – besonders bei längerer Erkrankungsdauer. Diese Ergebnisse stützen einen möglichen direkten Zusammenhang, vermutlich durch chronische Säureschädigung des Gewebes. Das erhöhte Risiko für Schilddrüsenkrebs lässt sich dagegen mit häufigeren Arztbesuchen und mehr Vorsorgeuntersuchungen erklären. Die geringeren Raten von Darm-, Leber- und Pankreaskrebs bei GERD-Patienten könnten auf intensivere medizinische Betreuung und bessere Früherkennung zurückzuführen sein – nicht auf einen schützenden Effekt der Krankheit selbst.
Stärken und Schwächen der Studie
Die Studie überzeugt durch ihr robustes Design, die große Teilnehmerzahl und die sorgfältige Kontrolle zahlreicher Störfaktoren. Dennoch gibt es einige Einschränkungen: Die GERD-Diagnose basierte auf Krankenkassendaten und medikamentöser Behandlung, was asymptomatische Fälle oder unzureichend behandelte Patienten ausschließen könnte. Außerdem wurde ein möglicher direkter Risikofaktor für Kehlkopfkrebs der –Laryngopharyngealer Reflux – nicht gesondert erhoben. Zudem fehlten Daten zu Unterarten der jeweiligen Krebserkrankungen und zur Teilnahme an staatlichen Früherkennungsprogrammen zu Krebs. Gerade bei Schilddrüsenkrebs könnte eine Überdiagnose vorliegen – in Korea wurde dieser Krebs in der Studienperiode besonders häufig diagnostiziert, während die Sterblichkeit kaum zunahm. Weiterhin könnte die beobachtete Risikoreduktion bei bestimmten Krebsarten auf ein besseres Screening bei GERD-Patienten zurückzuführen sein, nicht auf einen direkten biologischen Zusammenhang. Trotz dieser Limitationen liefern die Daten einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um GERD und Krebsrisiko.

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Fazit
Die Studie zeigt, dass GERD-Patienten ein signifikant erhöhtes Risiko für Speiseröhren- und Kehlkopfkrebs haben – insbesondere bei längerer Behandlungs- bzw. Erkrankungsdauer. Der Zusammenhang mit Schilddrüsenkrebs scheint hingegen auf häufigere Vorsorgeuntersuchungen zurückzuführen sein. Die Ergebnisse zeigen, GERD-Patienten von einer engmaschigen medizinischen Überwachung profitieren, um potenzielle Krebsvorstufen frühzeitig zu erkennen.