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Zahlen aus Mexiko zeigen

Hitzetod – U35-Jährige stärker gefährdet als bisher gedacht

Frau leidet unter hohen Temperaturen
Wer stirbt bei Hitze? Todesstatistiken aus Mexiko zeigen: Nicht nur Alte sind gefährdet. Die physiologische Belastung durch Hitze ist dort natürlich höher als in Deutschland – dennoch sollten uns die Zahlen dieser Studie als Warnsignal gelten. Foto: Getty Images

3. Juli 2025, 12:55 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Hitze kann für den Körper gefährlich werden. Wenn die körpereigene Wärmeregulation nicht mehr ausreichend funktioniert, endet das schlimmstenfalls tödlich. Vor allem für ältere Menschen bedeuten hohe Temperaturen ein Gesundheitsrisiko – das dachte man zumindest lange. Zahlen aus Mexiko zeigen jedoch, dass junge Menschen stärker gefährdet sind als bislang gedacht.

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In weiten Teilen Deutschlands wurden diese Woche sehr hohe Temperaturen gemessen. Der Deutsche Wetterdienst und Nachrichtenansager mahnten, sich nach Möglichkeit nicht im Freien aufzuhalten – der Hitze und hohen UV-Belastung wegen. Derartige Faktoren können einen Kreislaufkollaps und Hitzeschäden verursachen, wie FITBOOK hier näher erläutert. Ältere Menschen sind bei extremer Wärme „schon allein deshalb gefährdet, weil ihre Wahrnehmung der Hitze eingeschränkt ist“. Dies schreibt das Bundesministerium für Gesundheit in einer Aufklärungsbroschüre zu diesem Thema.1 Auch lassen bekanntlich im Alter verschiedene körperliche Fähigkeiten und Schutzfunktionen nach. Dennoch: Eine Studie aus Mexiko kam zu dem Ergebnis, dass Hitze bzw. eine bestimmte Kombination aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit für eine jüngere Altersgruppe noch gefährlicher sein kann.2

Studie zeigt, in welcher Altersgruppe Hitze besonders tödlich ist

„Jüngste Studien gehen davon aus, dass die temperaturbedingte Sterblichkeit die größte Schadensquelle des Klimawandels sein wird“, schreiben die Studienautoren einleitend. In ihrer aktuellen Untersuchung beleuchteten sie Mexiko – ein Land, das demnach besonders extreme Bedingungen durch feuchtheiße Temperaturen aufweist. Gleichzeitig stehen dort außergewöhnlich umfangreiche landesweite Sterblichkeitsdaten zur Verfügung. Grundlage der Untersuchung war die Annahme, dass ältere Menschen das größte hitzebedingte Sterberisiko haben. Die Ergebnisse ihrer Analyse widerlegen diese Annahme jedoch.

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Details zur Untersuchung

Um die Zusammenhänge zwischen hohen Temperaturen, insbesondere bei hoher Luftfeuchtigkeit, und erhöhter Sterblichkeit besser zu verstehen, analysierten die Forscher die Zahl der Verstorbenen zwischen 1998 und 2019. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum mehr als 15 Millionen Todesfälle registriert. Die Forscher verknüpften diese mit Wetterdaten und konzentrierten sich dabei auf die Kombination aus Hitze und Luftfeuchtigkeit.

Diese Kombination aus Hitze und Luftfeuchtigkeit („Wet-Bulb-Temperatur“) sagt etwas über das potenzielle Hitzerisiko für den Menschen bei hoher Luftfeuchtigkeit aus, weil sie darüber entscheidet, wie gut sich der Körper durch Schwitzen abkühlen kann. Ist es bspw. sehr heiß und dabei feucht, verdunstet der Schweiß schlechter. Das beeinträchtigt die natürliche Kühlungsfähigkeit des Körpers.

Die Wet-Bulb-Temperatur, auch Feuchtkugektemperatur genannt, beschreibt den niedrigsten Wert, auf den ein nasser Gegenstand durch Verdunstung abgekühlt werden kann bei gegebener Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Die Wet-Bulb-Temperatur ist nicht mit der uns gängigen Lufttemperatur identisch, sondern ein zusammengesetzter Wert aus Temperatur und relativer Luchtfeuchtigkeit.

Bei der Auswertung berücksichtigten die Forscher unter anderem das Geschlecht und das Alter der Verstorbenen. Auch die Region, in der sich die Todesfälle ereigneten, sowie saisonale Einflüsse flossen in die Beurteilung ein.

Erkenntnisse: Hohe Temperaturen vor allem bei Jüngeren tödlich

Von den registrierten Todesfällen ließen sich rund 3.300 auf hohe Temperaturen zurückführen. Erstaunlich war, dass 75 Prozent dieser hitzebedingten Todesfälle Menschen unter 35 Jahren betrafen. Ein großer Prozentsatz davon war zwischen 18 und 35 Jahre alt. Studienautor Jeffrey Shrader bezeichnet dies in einer Pressemitteilung als überraschend.3 Denn es handele sich „physiologisch gesehen um die robustesten Menschen in der Bevölkerung“. Ebenfalls stark gefährdet waren Kinder unter fünf Jahren und Säuglinge.

Welche Kombination aus Hitze und Luftfeuchtigkeit forderte diese Todesfälle? Die meisten Todesfälle ereigneten sich den Daten zufolge bei „Wet-Bulb-Temperaturen“ von 23 oder 24 Grad Celsius. Frühere Untersuchungen hatten nahegelegt, dass erst Wet-Bulb-Temperaturen ab 27-Grad-Marke kritisch werden, heißt es in der Pressemitteilung. Die tödliche Schwelle liegt bei 35 Grad Celsius Wet-Bulb.

An dieser Stelle noch einmal der Hinweis, dass die Wet-Bulb-Temperatur nicht mit der uns gängigen Lufttemperatur identisch ist, sondern ein zusammengesetzter Wert aus Temperatur und relativer Luftfeuchtigkeit. Eine Wet-Bulb-Temperatur von 23 Grad Celsius ist etwa bei 33 Grad Lufttemperatur und 60 Prozent Luftfeuchtigkeit erreicht; oder aber bspw. bei 40 Grad Lufttemperatur und 35 bis 40 Prozent Luftfeuchtigkeit. Mit diesem Rechner können Sie die Feuchtkugeltemperatur an Ihrem Ort bestimmen.

Die Forscher beleuchteten auch den Anteil der Lebenszeit, der durch vorzeitige Todesfälle aufgrund von Hitze verloren geht. Den Berechnungen zufolge entfallen rund 87 Prozent dieser verlorenen Jahre auf Menschen unter 35 Jahren. Dies ist einfach damit zu erklären, dass rein rechnerisch junge Menschen durch einen frühen Tod mehr potenzielle Lebenszeit verlieren als ältere.

Warum sind in Mexiko so viele junge Erwachsene und Kleinkinder unter den Hitzetoten?

Die Forscher führen mehrere plausible Erklärungsansätze an. Ein zentraler Punkt dürfte das unterschiedliche Verhalten von jüngeren und älteren Menschen sein. Erstere verbringen in der Regel mehr Zeit im Freien und sind körperlich aktiver – sei es bei der Arbeit, beim Sport oder auf dem Weg zu einem Ziel. Gerade in Mexiko sind zudem viele junge Erwachsene in körperlich anstrengenden und schlecht gegen Hitze geschützten Berufen tätig, etwa in der Landwirtschaft. Das kann das Risiko für hitzebedingte Beschwerden stark erhöhen. Hinzu kommt, dass jüngere Menschen die Gefahren von Hitze oft unterschätzen. Sie wollen etwa nicht auf Aktivitäten im Freien verzichten und vernachlässigen dabei mitunter die Flüssigkeitszufuhr. Ein weiterer Faktor könnte bei jungen Menschen aus einkommensschwachen Haushalten ein erschwerter Zugang zu Gesundheitsversorgung sein.

Kleine Kinder wiederum können den Forschern zufolge ihre Körpertemperatur noch nicht so gut regulieren wie Erwachsene. Sie dehydrieren schneller und sind auf die Obhut ihrer Umgebung angewiesen. Wenn Betreuungspersonen Gefahren zu spät erkennen, kann die Situation lebensbedrohlich werden.

Ältere Menschen sterben eher an Kälte als Hitze

Am wenigsten von hitzebedingten Todesfällen betroffen waren überraschenderweise Menschen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Die ausgewerteten Temperatur- und Sterblichkeitsdaten zeigen, dass dagegen ältere Menschen in Mexiko vermehrt an den Folgen von Kälte sterben. Im Land herrscht zwar hauptsächlich tropisches und subtropisches Klima, heißt es dazu in der Pressemitteilung. Es verfügt aber auch über hochgelegene Gebiete, in denen es kühl werden kann. Die Forscher erklären, dass die Körperkerntemperatur bei älteren Menschen gemeinhin niedriger ist, was sie empfindlicher gegenüber Kälte macht. Sie halten sich daher möglicherweise häufiger in geschlossenen Räumen auf, wo die Ansteckungsgefahr mit Infektionskrankheiten bekanntlich höher ist als an der frischen Luft.

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Mögliche Bedeutung der Studie

Dem Thema Erderwärmung wird zwar bereits einige Aufmerksamkeit zuteil. Doch offenbar nicht genug, mahnen die Forscher. Der Anteil hitzebedingter Todesfälle ist seit dem Jahr 2000 drastisch angestiegen und dieser Trend wird sich voraussichtlich fortsetzen. Ihre Hochrechnung hat gezeigt, dass die Zahl der unter 35-Jährigen, die hitzebedingt sterben, ohne einschneidende Maßnahmen bis zum Ende dieses Jahrhunderts um mehr als 30 Prozent steigen wird.

Es ist auf verschiedene Einschränkungen hinzuweisen. So gehen die Forscher beispielsweise davon aus, dass sich das Verhalten der betrachteten Bevölkerung im Umgang mit Hitze im Laufe der Zeit nicht signifikant verändert hat. Bei der Analyse wurden etwaige Klimaanlagen, die städtische Infrastruktur oder medizinische Fortschritte nicht berücksichtigt. Wichtig ist auch, dass die Studie auf Daten aus Mexiko basiert.

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Studienergebnisse nicht auf Hitze-Sterberisiko in Deutschland übertragbar

Mexiko, wo die Anzahl der hitzebedingten Todesfälle erhoben wurde, hat regelmäßig deutlich höhere Wet-Bulb-Temperaturen als Deutschland. Die physiologische Belastung durch Hitze ist in Mexiko grundsätzlich höher und damit auch das beobachtete Sterberisiko. Deswegen sind die Studienergebnisse auch nicht 1:1 auf uns übertragbar. Relevant sind sie in Teilen dennoch – insbesondere als Frühwarnsignal dafür, was in Deutschland mit fortschreitendem Klimawandel auf uns zukommen würde.

Themen Hitze

Quellen

  1. Bundesministerium für Gesundheit: Alter & Hitze – Tipps für ältere Menschen (aufgerufen am 2. Juli 2025) ↩︎
  2. Wilson, A., Bressler, R., Ivanovich, C. et al. (2024), Heat disproportionately kills young people: Evidence from wet-bulb temperature in Mexico. Sciences Advances. ↩︎
  3. Columbia Climate School: High Heat Is Preferentially Killing the Young, Not the Old, New Research Finds (aufgerufen am 2.7.2025) ↩︎

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