23. August 2024, 13:10 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dem Fasten – besonders Intervallfasten – werden positive Effekte auf die Gesundheit zugeschrieben. Doch allzu lange sollte man diese Ernährungsform nicht beibehalten, wie eine neue Studie zeigt. Denn das anhaltende Fasten kann dann zu ernsthaften Erkrankungen führen.
Intervallfasten gilt als eine beliebte Methode, wenn es ums Abnehmen oder die Förderung der Darmgesundheit geht. Neben diesen Hauptgründen verspricht die Ernährungsform weitere Vorteile – z. B. die Verbesserung der Gesundheit von Herz und Gehirn, die Verringerung von oxidativem Stress und Entzündungen und ein geringeres Krebsrisiko. Letztgenannter Punkt gilt jedoch nur mit einer Einschränkung. So haben Forscher des Massachusetts Institute of Technology herausgefunden, dass zu langes Fasten womöglich das Darmkrebs-Risiko erhöhen könnte.
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Übersicht
Untersuchungen an Mäusen
Das Forschungsteam um Omer Yilmaz, Professor für Biologie am MIT, hatte in früheren Studien herausgefunden, dass das Fasten die Regenerationsfähigkeit der Darmstammzellen erhöhte. Jedoch blieb offen, wie genau dieser Prozess durch das Fasten hervorgerufen wird. „Seit dieser Arbeit haben wir uns darauf konzentriert, zu verstehen, was das Fasten mit der Regeneration zu tun hat“, erklärt Yilmaz in einer Pressemitteilung.1 „Ist es das Fasten selbst, das die Regeneration vorantreibt, oder das Essen nach dem Fasten?“
Für ihre Forschung nutzten die Wissenschaftler Mäuse, die sie in drei Gruppen unterteilten:
- Gruppe 1: Mäuse, die 24 Stunden fasteten
- Gruppe 2: Mäuse, die 24 Stunden lang fasteten, gefolgt von einer 24-stündigen Fütterungsperiode
- Gruppe 3 (Kontrollgruppe): Mäuse, die während des gesamten Experiments aßen, was sie wollten.
Mittels verschiedener, wissenschaftlich anerkannter Verfahren analysierte man die Stammzellen des Darms der Mäuse genauer.2
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Intervallfasten regt Zellvermehrung und -teilung an
Die Forscher fanden heraus, dass die Darmstammzellen sich durch das intermittierende Fasten vermehren konnten. Besonders am Ende der 24-stündigen Nahrungsaufnahme stieg die Anzahl am stärksten an. Im Vergleich zu den Darmstammzellen der Mäuse, die nicht fasteten, waren die Zellen beim Intervallfasten wachstumsfreudiger. „Im nüchternen Zustand ermöglicht die Fähigkeit der Zellen, Lipide und Fettsäuren als Energiequelle zu nutzen, ihnen das Überleben, wenn die Nährstoffe knapp sind. Und dann ist es der Zustand nach der Fastenkur, der die Regeneration wirklich vorantreibt. Wenn wieder Nährstoffe zur Verfügung stehen, aktivieren diese Stammzellen und Vorläuferzellen Programme, die es ihnen ermöglichen, Zellmasse aufzubauen und die Darmschleimhaut neu zu besiedeln“, erklärt der an der Studie mitwirkende Wissenschaftler Shinya Imada.
Aber durch welchen Mechanismus geschieht die Vermehrung? Die Analysen ergaben, dass der zelluläre Signalweg mTOR aktiviert wird, der am Zellwachstum und -stoffwechsel beteiligt ist. Dieser sorgt dafür, dass die Zellen mehr Protein produzieren, was für die Vermehrung der Darmstammzellen unerlässlich ist. Zusätzlich führt die mTOR-Aktivierung auch zu einer erhöhten Produktion von Polyaminen, die das Wachstum und die Teilung von Zellen fördern. „Im regenerierten Zustand ist die Proliferation stärker, und die Zellen müssen mehr Masse aufbauen. Dafür werden mehr Proteine benötigt, um neue Zellen zu bilden, und diese Stammzellen bilden dann differenziertere Zellen oder spezialisierte Darmzelltypen, die den Darm auskleiden“, erklärt Mitautor Saleh Khawaled.
Entwicklung von präkanzerösen Zellen
Dieser Zustand der hochgradigen Regeneration birgt aber einen gravierenden Nachteil: Die Stammzeilen neigen durch das häufige Teilen dazu, Krebs zu entwickeln. Dies ergab eine weitere Untersuchung, für die die Forscher bei den Mäusen ein krebserregendes Gen anschalteten.
So beobachtete man, dass Mäuse, bei denen das krebserregende Gen während der Nahrungsaufnahme aktiviert wurde, viel häufiger präkanzeröse Polypen entwickelten, als Mäuse, bei denen das Gen in der Fastenphase aktiviert wurde. Auch krebsbedingte Mutationen, die während der Nahrungsaufnahme auftraten, führten öfter zu präkanzerösen Polypen. Das verdeutlicht, dass Fasten das Darmkrebs-Risiko durchaus erhöhen kann. Und dass der „gefährliche Zeitpunkt“ mit dem Punkt der höchsten Regeneration – nämlich der Wiederaufnahme des Essens nach der Fastenphase – zusammenzufallen scheint.
„Fasten ist sehr gesund, aber wenn man Pech hat und nach dem Fasten wieder Nahrung zu sich nimmt und dabei einem Mutagen ausgesetzt ist, wie etwa einem verkohlten Steak oder ähnlichem, erhöht sich möglicherweise das Risiko, eine Läsion zu entwickeln, aus der sich Krebs entwickeln kann“, erklärt Yilmaz die Bedeutung dieser Studienergebnisse. „Mehr Stammzellenaktivität ist gut für die Regeneration, aber zu viel des Guten kann mit der Zeit ungünstige Folgen haben.“
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Einordnung der Studie
Demnach ist klar: Fasten, besonders Intervallfasten, kann die Regenerationsfähigkeit der Darmstammzellen fördern und dazu beitragen, dass sich der Darm von Krankheiten und Entzündungen erholt. Allerdings spielt die Dauer des Fastens eine große Rolle in Bezug auf das Darmkrebs-Risiko, wie Yilmaz betont: „Mehr Stammzellenaktivität ist gut für die Regeneration, aber zu viel des Guten kann mit der Zeit ungünstige Folgen haben.“
Die Studie liefert damit einen Hinweis darauf, dass die Fastendauer beim Menschen negative Folgen haben kann. Doch um diese These auch stützen zu können, müssen Studien an Menschen durchgeführt werden. Denn nur, weil die Ergebnisse bei Mäusen auf ein erhöhtes Darmkrebs-Risiko bedingt durch Fasten hindeuten, müssen diese nicht zwangsläufig repräsentativ für den Menschen sein.