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Alle 14 in nur 6 Monaten!

Noch zwei 8000er fehlen Norwegerin für Bergsteiger-Weltrekord – woran es aber scheitern könnte

Kristin Harila hier auf einem der 8000er-Gipfel, dem Gasherbrum I in Pakistan
Kristin Harila hier auf einem der 8000er-Gipfel, dem Gasherbrum I in Pakistan Foto: Kristin Harila
Martin Lewicki
Freier Autor

06.10.2022, 10:56 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Kristin Harila (36) könnte als erster Mensch der Welt alle 8000er-Gipfel in einer Rekordzeit von nur sechs Monaten besteigen. Doch ausgerechnet China kann ihr am letzten Gipfel, dem Shishapangma, womöglich einen Strich durch die Rechnung machen. FITBOOK sprach mit der Bergsteigerin kurz vor ihrem Aufbruch zum vorletzten Achttausender.

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Kristin Harila ist keine Unbekannte, denn bereits letztes Jahr hat die Norwegerin einen Weltrekord gebrochen. Innerhalb von weniger als zwölf Stunden erreichte sie sowohl den Gipfel des Mount Everest (8848 Meter) als auch den des Lhotse (8516 Meter). Schneller als jede Frau zuvor. Diese Erfahrung hat ihr gezeigt, dass sie Grenzen überwinden kann. Und sie hungrig nach neuen Rekorden gemacht. So entstand die Idee, alle 14 Achttausender-Gipfel zu besteigen. Nicht innerhalb von ein paar Jahren, sondern innerhalb von sechs Monaten. Damit wäre sie nicht nur die einzige Frau, die es in so kurzer Zeit geschafft hat, sondern würde auch den amtierenden Rekordhalter Nirmal Purja vom Thron stoßen. Er schaffte es im Jahr 2019 in 189 Tagen. Doch damit Kristin Harila der neue Weltrekord gelingt, muss China die Erlaubnis zur Einreise und zur Besteigung des letzten Gipfels geben. Wir sprachen mit der unerschrockenen Norwegerin.

Weltrekord hängt von Chinas Einreiseerlaubnis ins tibetische Gebiet ab

Als wir telefonieren, ist Kristin Harila gerade seit zehn Tagen in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals. Das Wetter sei schlecht, erzählt sie uns, deswegen können sie und ihr Team noch nicht zum vorletzten Etappenziel aufbrechen, dem Cho Oyu (8188 Meter) im Himalaja. Doch von Anspannung ist keine Spur zu erkennen. Sie wirkt gut gelaunt und locker. Kaum zu glauben, dass sie in den letzten Wochen bereits zwölf der Achttausender-Gipfel mit ihrem Team erklomm. Doch die größte Herausforderung auf ihrem Weg zum Weltrekord steht ihr noch bevor. Und es hat nichts mit dem Bergsteigen direkt zu tun. Stattdessen mit der Bürokratie Chinas.

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„China hat die Berge noch nicht geöffnet. Deswegen benötigen wir eine Genehmigung, um auf den Shishapangma zu dürfen sowie ein Visum für China“, erklärt Kristin Harila im FITBOOK-Interview. So könnte womöglich Chinas strickte Covid-Politik dem Rekordversuch am letzten der Achttausender ein Ende bereiten. Die Zeit wird knapp, denn sie muss bis zum 2. November 2022 auf den Shishapangma, um den Rekord zu knacken. Zudem ist die Lage des Gipfels auf dem autonomen tibetischen Gebiet immer problematisch für Bergsteiger. Der bisherige Rekordhalter Nirmal Purja bekam nur durch die Hilfe der nepalesischen Regierung in letzter Minute die Zugangserlaubnis.

Und auch die Norwegerin lässt nichts aus, um die chinesische Regierung gnädig zu stimmen. Sie hat sich sogar in Kathmandu mit dem chinesischen Impfstoff gegen Corona impfen lassen. Natürlich würde sie alle geltenden Quarantäne-Richtlinien befolgen und einen Covid-Test machen, wenn sie nach China einreisen darf.

Kristin Harila verkörpert Unerschrockenheit und Optimismus

Oben auf den Bergen fühlt sich das Leben manchmal einfacher an als unten in der Alltagsrealität, findet die Norwegerin
Oben auf den Bergen fühlt sich das Leben manchmal einfacher an als unten in der Alltagsrealität, findet die Norwegerin Foto: Kristin Harila

Und was, wenn die chinesische Regierung sich nicht umstimmen lässt? „Wenn es uns nicht gelingt, dann müssen wir nächstes Jahr noch mal von vorne anfangen. Mein Vater fand das nicht besonders lustig“, scherzt die Bergsteigerin. Offenbar braucht es viel Optimismus, wenn man die Besteigung aller 8000er-Gipfel in Rekordtempo schaffen will. Und Unerschrockenheit. „Ich liebe den Part der Bergbesteigung und dort oben zu sein. Es ist zwar hart, aber es fühlt sich so viel leichter an als das normale Leben da unten“, erklärt sie ihre Leidenschaft für das Extreme. Dort oben muss sie sich nur auf den Berg konzentrieren, alles andere existiert in dem Moment nicht. Sobald Kristin Harila runter vom Berg kommt, muss sie sich hingegen um die Organisation des ganzen Abenteuers kümmern, E-Mails beantworten, die sozialen Netzwerke pflegen.

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Schreckmoment auf einem hängenden Eisblock

Hat sie wirklich gar keine Angst auf einem verschneiten Gipfel in 8000 Metern Höhe? „Fast nie“, sagt die unerschrockene Norwegerin. „Vielleicht sollte ich etwas mehr Angst haben“, fügt sie nachdenklich hinzu. Denn gefährliche Situationen und Schreckmomente bleiben nicht aus. „Da gab es diese Situation, wo wir zwei Nächte auf einem hängenden Eisblock übernachtet haben. Und auch über unseren Köpfen hing ein Eisblock. In der ersten Nacht war alles okay, wir waren nur zu fünft in einem Zelt. Doch in der zweiten Nacht kamen zwei weitere Zelte mit Bergsteigern dazu. Das hat dem Eis nicht gefallen. Am nächsten Morgen fing der Eisblock an, zu knacken und zu wackeln. Und wir konnten nirgendwo hin. Alle wurden panisch und haben geschrien, doch zum Glück hörte es nach ein paar Sekunden wieder auf“, erzählt sie uns von einem der gefährlichsten Momente bei dem Rekordversuch.

Manchmal sollte ich etwas mehr Angst haben, sagt die Norwegerin über sich selbst
Manchmal sollte ich etwas mehr Angst haben, sagt die Norwegerin über sich selbst Foto: Kristin Harila

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Glück bewahrte sie vor einer Katastrophe auf dem Manaslu

Und auch eine große Portion Glück gehört bei der Besteigung der 8000er dazu. Ihre Unerschrockenheit lässt sie die Gefahr manchmal nicht richtig spüren. So zum Beispiel auf dem Manaslu, der eigentlich zu den „leichteren“ höchsten Gipfeln der Erde zählt. Als sie mitten in der Nacht vom dritten zum vierten Camp aufbrach, hörte sie in der Nähe eine Schneelawine vorbeirauschen. Wie viel Glück sie dabei hatte, wurde ihr erst vor ein paar Tagen bewusst. An gleicher Stelle gab es wieder eine Lawine. Doch diesmal begrub sie mehrere Zelte im Base Camp mit Bergsteigern unter sich. Es gab viele Verletzte und einen Toten. Dabei handelt es sich um den erfahrenen nepalesischen Bergsteiger Dawa Chhiring Sherpa, der andere Menschen bei ihren Abenteuern am Berg unterstützte.

Ohne die Sherpas lässt sich der Weltrekord kaum knacken

Auch Kristin Harila setzt auf die Unterstützung von Sherpas. Sie legen die Seile am Berg und tragen die komplette Ausrüstung, Proviant und das Zelt der Bergsteiger. Es sind erfahrene Einheimische, die sich im Himalaja bestens auskennen. Zudem haben sie von Natur aus ein stark verdünntes Blut, wodurch sie vor der Höhenkrankheit geschützt sind. „Einige Bergsteiger versuchen sich an den 8000ern ohne Sherpas. Aber ich glaube, dass es ein zu riskantes Unterfangen ist. Sie sind sehr wichtig“, erklärt die Norwegerin. Und es sei natürlich sicherer, sie dabei zu haben.

Die Bergsteigerin mit ihren Sherpas, die dabei helfen, die 8000er sicherer zu erklimmen
Die Bergsteigerin mit Bergsteigerkollegen – Sherpas, die dabei helfen, die 8000er sicherer zu erklimmen Foto: Kristin Harila

Außerdem sei es viel einfacher, mithilfe der gelegten Seile zu klettern als mit einem Eispickel und verbunden an einen anderen Bergsteiger. Sie glaube nicht, dass solch ein Rekordversuch ohne die Sherpas erfolgreich sein kann. „Aber es ist nicht so, dass sie mich hochtragen“, sagt Harila schmunzelnd. Sie müsse schon selbst hinauf. Doch das Ganze funktioniere nur mit Teamwork.

Bergsteigen ist immer unberechenbar

Wer schon mal ernsthaft in den Bergen unterwegs war, der weiß: Bergsteigen ist immer unberechenbar. Ausgerechnet der als „schwer“ zu besteigende K2 fiel Kristin Harila relativ leicht. In nur fünf Stunden ging es rauf und runter. Genau das Gegenteil erwartete sie bei dem eigentlich leichten Manaslu. 19 Stunden am Stück ging es bergauf durch frischen Schnee, der teilweise 1,40 Meter tief war. Eine Qual.

Topfit mit 36: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, kommentiert die Norwegerin Kristin Harila ihren Rekordversuch.
Topfit mit 36: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“, kommentiert die Norwegerin Kristin Harila ihren Rekordversuch. Foto: Kristin Harila

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Bis etwa 7500 Metern schafft sie es übrigens ohne künstlichen Sauerstoff. Eindrucksvoll, wenn man bedenkt, dass die Höhenkrankheit schon ab 3500 Metern auftreten kann. Und bereits ab 5000 Metern wird die Luft so dünn, dass jeder Schritt eine Herausforderung für die Lungen darstellt. Es ist eine extreme körperliche Beanspruchung, der sich Kristin Harila erfolgreich widersetzt. Es bleibt zu hoffen, dass ihr Rekordversuch nicht an den bürokratischen Hürden Chinas scheitert.

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Alle vierzehn 8000er im Überblick

  • Mount Everest: 8848 Meter
  • K2: 8611 Meter
  • Kangchendzönga: 8586 Meter
  • Lhotse: 8516 Meter
  • Makalu: 8485 Meter
  • Cho Oyu: 8188 Meter
  • Dhaulagiri: 8167 Meter
  • Manaslu: 8163 Meter
  • Nanga Parbat: 8125 Meter
  • Annapurna: 8091 Meter
  • Hidden Peak (Gasherbrum I): 8080 Meter
  • Broad Peak: 8051 Meter
  • Gasherbrum II: 8034 Meter
  • Shishapangma: 8027 Meter
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