28. August 2024, 14:06 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Langsamer altern und länger leben – das wollen wohl die meisten. Dann ist eines klar: Man sollte regelmäßig Sport machen. Bewegung ist einer der Schlüsselfaktoren für diese Lebensziele. Während die einen dabei v. a. auf Cardio setzen und die anderen auf Krafttraining, kommt eine Fitnesskomponente oft zu kurz: das Dehnen. Laut einer neuen Studie soll die Flexibilität für Langlebigkeit aber wichtig sein. FITBOOK-Redaktionsleiterin Melanie Hoffmann erklärt, was die Forscher herausgefunden haben.
Ein Mindestmaß an Schritten pro Woche, mehrere Stunden wöchentliches Training oder mehr Muskelkraft: Es gibt die unterschiedlichsten Sportempfehlungen.1,2,3 Die Forschung beschäftigt sich schließlich schon lange mit der Frage, wie das Training idealerweise aussehen sollte, um die Lebenserwartung steigern zu können – mit diversen Erkenntnissen. Jetzt rückt eine andere Trainingsmethode in den Fokus der Wissenschaft: Flexibility-Training. Wer seine Langlebigkeit erhöhen möchte, sollte laut einer neuen Studie auf das Dehnen besser nicht verzichten.
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Übersicht
Ablauf der Studie
Wissenschaftler aus Brasilien analysierten Daten zu Körpermaßen, Gesundheit und Vitalwerten von 3139 Männern und Frauen im Alter von 46 bis 65 Jahren. Das Durchschnittsalter betrug 55 Jahre, 66 Prozent der Personen waren männlich. Anhand einer Kombination von 20 Bewegungen, die sieben verschiedene Gelenke fokussierten, erstellten die Forscher für die Probanden einen Beweglichkeitsscore, den Flexindex. Dabei handelt es sich um einen standardisierten Test, der – so wird es in der Dokumentation der aktuellen Studie betont – von Wissenschaftlern über 30 Jahre lang entwickelt und perfektioniert wurde.4 Der Nachbeobachtungszeitraum betrug rund 13 Jahre. Er diente dazu, mithilfe eines etablierten statistischen Verfahrens, der sogenannten Kaplan-Meier-Kurve, die Sterblichkeitsrate bzw. Überlebensrate zu ermitteln.5 Das Verfahren der -Regression (Cox Proportional Hazards Survival Regression) fand Anwendung, um den Einfluss der körperlichen Flexibilität auf die Überlebensrate zu untersuchen.6
Korrelation zwischen Beweglichkeit und Sterberisiko
Während des Nachbeobachtungszeitraums starben 302 Personen (9,6 Prozent): 224 Männer und 78 Frauen. Die Auswertung des Flexindex ergab, dass die Frauen im Vergleich mit den Männern um 35 Prozent besser abgeschnitten hatten, also deutlich beweglicher waren. Für beide Geschlechter ergab die Studienanalyse, dass ein höherer Beweglichkeitsscore mit einem geringeren Sterberisiko verbunden war. Wichtig hier noch zu erwähnen: Keiner der in der Analyse berücksichtigten Todesfälle stand mit einer Coronaerkrankung in Zusammenhang. Die positive Korrelation zwischen Dehnbarkeit und Langlebigkeit blieb auch nach einer Bereinigung der Daten um andere Einflussfaktoren wie Alter, BMI und dem allgemeinen Gesundheitszustand (mögliche Vorerkrankungen) bestehen. Männer mit einer schlechten Dehnbarkeit hatten ein um 1,87-mal höheres Sterberisiko, schlecht gedehnte Frauen ein 4,78-mal höheres Sterberisiko.
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Dehnen für mehr Langlebigkeit
Die Forscher selbst verwiesen auf den Einsatz des standardisierten Flexindex sowie die Größe der Probandengruppe als Stärken ihrer Studie. Sie betonen die wichtige Erkenntnis ihrer Analyse. „Aerobische Fitness und Kraft sowie ein gutes Gleichgewicht wurden schon früher mit einer niedrigen Sterblichkeit in Verbindung gebracht. Wir konnten zeigen, dass eine geringere körperliche Flexibilität auch mit einer schlechten Überlebensrate bei Männern und Frauen im mittleren Alter zusammenhängt“, erklärt Studienautor Claudio Gil S. Araújo in einer Pressemitteilung.7
Dieses neu gewonnene Wissen sei v. a. für Menschen höheren Alters von Bedeutung, die sich in der Lebensphase befinden, in der die Beweglichkeit aufgrund der biologischen Alterungsprozesse ganz natürlich abnehme. Neben Krafttraining, das den ebenfalls durch die Alterung bedingten Muskelschwund bremsen kann, scheint also auch die regelmäßige Dehnung des Körpers wichtig zu sein.
Im nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, ob man durch die Erhöhung der Beweglichkeit – etwa mithilfe von Trainingsarten wie Yoga oder Tai-Chi – die Überlebensrate von zuvor schlecht abschneidenden Personen verbessern kann.
Mit Yoga macht mir Dehnen endlich Spaß!
„Als Jugendliche habe ich viele Jahre intensives Tanztraining gemacht – und war wunderbar gelenkig. Doch dahinter steckte harte Arbeit. Zu jeder Trainingssession gehörte neben dem Tanzen eine Stunde Dehnen. Wie ich das gehasst habe! Als ich meine ‚Tanzkarriere‘ beendete, stoppte ich kurzerhand auch jegliches Flexibility-Training. Ich fokussierte mich auf Ausdauer- und v. a. Krafttraining. Ein Fehler! Zehn Jahre später war von meinen früheren Fähigkeiten, wie z. B. dem Spagat, nicht viel übrig. Ein Glück, dass ich irgendwann Yoga für mich entdeckte – und meine Aversion gegen Beweglichkeitsübungen ablegen konnte. Die Yoga-Philosophie zeigte mir, dass Dehnen auch sanfter funktionieren kann, als ich es vom Tanzen gewohnt war. Die korrekte Atmung in den Dehnschmerz hinein, die ich beim Yoga gelernt habe, half zusätzlich. Zugegeben, vom Spagat bin ich nach wie vor meilenweit entfernt. Aber ich genieße es, die allmählichen Fortschritte bei meiner Beweglichkeit zu merken.“