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Laut Studie

Bereits eine Scheibe Wurst am Tag kann das Risiko chronischer Krankheiten erhöhen

Verarbeitetes Fleisch Krankheiten
Eine Studie liefert Hinweise, dass schon geringe Mengen verarbeiteten Fleisches in der Ernährung fatal für die Gesundheit sind Foto: Getty Images/frantic00
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19. Juli 2025, 7:44 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Schlechte Nachrichten für Wurst-Fans: Laut einer neuen Studie können selbst geringe Mengen verarbeitetes Fleisch das Risiko chronischer Krankheiten erhöhen. Ein Schinkenbrötchen hier, eine Snacksalami da – was harmlos klingt, kann zu Diabetes, koronarer Herzerkrankung oder Darmkrebs führen. FITBOOK-Ernährungsexpertin stellt Ihnen die Studienergebnisse vor.

Verarbeitete Fleischprodukte stehen seit Jahren im Verdacht, chronische Erkrankungen zu fördern. Doch wie stark der Zusammenhang wirklich ist – und ob bereits kleine Mengen schädlich sind – blieb bisher unklar.

Ein Forschungsteam um Demewoz Haile vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) an der University of Washington wollte genau das herausfinden. Ziel war es, den Einfluss von verbreiteten Lebensmittelgruppen auf die Entwicklung chronischer Erkrankungen systematisch zu quantifizieren. Gerade weil chronische Erkrankungen wie Diabetes, koronare Herzerkrankung (KHK) und Darmkrebs weltweit eine erhebliche Krankheitslast verursachen, sind präzise Erkenntnisse zu ernährungsbedingten Risikofaktoren von großer Bedeutung für die öffentliche Gesundheit.1

Wie die Wissenschaftler vorgingen

Die Studie wurde als sogenannte „Burden of Proof“-Analyse durchgeführt – ein fortschrittliches Verfahren, das auf systematischen Übersichtsarbeiten (Meta-Analysen) und statistischer Modellierung basiert. Das Besondere: Die Forscher konnten mit diesem speziellen Verfahren Dosis-Wirkungs-Beziehungen berechnen – also, wie stark das Risiko bei unterschiedlichen Konsummengen ansteigt. Dabei wurde bewusst konservativ gerechnet, um keine Effekte zu überschätzen. Sie nutzten hierfür ausschließlich bestehende Daten aus großen Beobachtungsstudien.

Was ist die „Burden of Proof“-Methode?

Die „Burden of Proof“-Studien sind eine Reihe besonders aufwendiger Meta-Analysen, entwickelt vom IHME. Sie fassen Daten aus zahlreichen Beobachtungsstudien zusammen und bewerten, wie stark und verlässlich der Zusammenhang zwischen einem Risikofaktor (z. B. verarbeitetem Fleisch) und einer Erkrankung (z. B. Typ-2-Diabetes) ist. Das Ergebnis wird mit einem Sterne-System dargestellt – von schwacher (ein Stern) bis starker Evidenz (fünf Sterne). Ziel ist es, wissenschaftliche Unsicherheiten zu reduzieren und verlässliche Aussagen für Ernährungsempfehlungen zu ermöglichen.

Für die vorliegende Studie wurden Daten aus einer Vielzahl prospektiver Kohortenstudien und Fall-Kontroll-Studien einbezogen, darunter:

  • 15 Studien mit über 1,1 Millionen Teilnehmenden zum Zusammenhang zwischen verarbeitetem Fleisch und Typ-2-Diabetes
  • 11 Studien mit über 1,17 Millionen Teilnehmenden zu verarbeitetem Fleisch und KHK
  • 18 Studien mit über 2,67 Millionen Teilnehmenden zu verarbeitetem Fleisch und Darmkrebs

Auch interessant: Je weniger Fleisch in der Ernährung, desto niedriger …

Schon eine Wurst am Tag ist eine zu viel

Die Analyse ergab, dass selbst kleinste tägliche Mengen verarbeitetes Fleisch mit einem messbaren Anstieg des Erkrankungsrisikos verbunden sind – und zwar in allen untersuchten Bereichen.

Das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, stieg durchschnittlich um elf Prozent bei einem täglichen Verzehr von 0,6 bis 57 Gramm. Ausgehend von der Annahme, dass eine Person 50 Gramm pro Tag isst (das entspricht zwei bis drei Scheiben Aufschnitt oder einem Wiener Würstchen), stieg das Risiko um stolze 30 Prozent. Ähnlich unschön waren die Ergebnisse bei Darmkrebs. Hier ergab sich bei einem täglichen Verzehr von 0,78 bis 55 Gramm ein durchschnittlicher Risikoanstieg um sieben Prozent. Wer jeden Tag 50 Gramm verarbeitetes Fleisch isst, hat ein um 26 Prozent höheres Darmkrebsrisiko. Für die KHK führte eine tägliche 50-Gramm-Portion zu einem Risikoanstieg von 15 Prozent.

Auffällig war für die Studienautoren: Das Risiko stieg kontinuierlich mit der Menge – jedoch besonders stark bereits bei niedrigen, alltäglichen Mengen.

Was macht verarbeitetes Fleisch eigentlich so ungesund?

„Der Teufel steckt in der Konservierung. Schinken, Speck und viele Wurstwaren werden mit Nitritpökelsalz haltbar gemacht: Es stoppt Keime und erhält die rosa Farbe, doch ab etwa 150 Grad kann Nitrit mit Eiweiß zu krebserregenden Nitrosaminen reagieren, z. B. in der Pfanne oder auf dem Grill. Auch beim Räuchern oder scharfem Anbraten entstehen ungesunde Verbindungen, die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK), welche das Erbgut schädigen können. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft deshalb verarbeitetes Fleisch – und auch rotes Fleisch – als ‚krebserregend für den Menschen’ ein.“

Auch zuckerhaltige Getränke und Transfette zeigten einen negativen Effekt

Die Autoren betrachteten noch zwei weitere verbreitete Lebensmittelgruppen, die einen negativen Effekt auf die Entwicklung chronischer Krankheiten zeigten: zuckerhaltige Getränke und Transfette. Hierbei umfasste die Analyse

  • 19 Studien zu zuckergesüßten Getränken und Diabetes (563.444 Teilnehmende), acht Studien zu KHK (961.176 Teilnehmende) sowie
  • 6 Studien mit 226.509 Personen zu Transfetten und KHK.

Das Ergebnis: Der Konsum von zuckergesüßten Getränken (z. B. Softdrinks) erhöhte das Risiko für Diabetes um 20 Prozent, das für KHK um sieben Prozent, wenn täglich 250 Gramm getrunken wurden. Wenn Transfette (z. B. in Croissants, Pommes, Fertiggerichten) ein Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachten, stieg das Risiko chronischer Krankheiten um elf Prozent.

Bedeutung der Ergebnisse

Bereits kleinste Mengen Wurst, Softdrinks und Transfette können das Risiko für drei der häufigsten chronischen Krankheiten weltweit erhöhen. Besonders kritisch: Der steilste Anstieg im Risiko trat bei niedriger täglicher Aufnahme auf – also in Bereichen, die viele Menschen regelmäßig konsumieren. Für den Alltag bedeutet das: Auch wer sich „in Maßen“ verarbeitetes Fleisch oder Softdrinks gönnt, setzt sich potenziell einem erhöhten Krankheitsrisiko aus. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in den 2024 aktualisierten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung wider. Statt 600 Gramm sind es nur noch 300 Gramm Fleisch und Wurst, die maximal pro Woche verzehrt werden können – wenn man diese Lebensmittel überhaupt essen möchte. Denn die DGE betont: „Auch bei einem Verzehr von keinem oder weniger als 300 Gramm Fleisch pro Woche können die Nährstoffziele erreicht werden.“2

Für die Forschung unterstreicht die Studie die Notwendigkeit, Dosis-Wirkungs-Zusammenhänge präzise zu erfassen – nicht zuletzt, um realistische und wirksame Ernährungsempfehlungen geben zu können.

Einordnung und mögliche Einschränkungen

Die Studie nutzt eine fortschrittliche Methodik mit systematischer Literatursuche und präziser Dosis-Wirkungs-Modellierung. Das „Burden of Proof“-Verfahren zählt zu den aktuell anspruchsvollsten Ansätzen in der Ernährungsepidemiologie. Positiv hervorzuheben ist außerdem die Transparenz der Arbeit: Die Daten, Methoden und Codes sind öffentlich zugänglich, Interessenkonflikte wurden offengelegt und ausgeschlossen. Die Arbeit wurde peer-reviewed und in „Nature Medicine“, einem renommierten Fachjournal, veröffentlicht.

Dennoch gibt es Einschränkungen: Die Ergebnisse beruhen auf Beobachtungsstudien – also Studien, die keine Ursache-Wirkung-Beziehungen beweisen können, sondern nur Zusammenhänge aufzeigen. Diese wurden intern jeweils mit nur zwei Sternen bewertet, „was auf schwache Zusammenhänge oder widersprüchliche Belege hindeutet und sowohl den Bedarf an weiteren Forschungen als auch – angesichts der hohen Belastung durch diese chronischen Krankheiten – die Zweckmäßigkeit unterstreicht, den Verzehr dieser Lebensmittel weiterhin zu begrenzen“, resümieren die Autoren der Studie.

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Weniger ist mehr

Kleine Mengen verarbeitetes Fleisch wirken harmlos, sind es aber nicht. Die aktuelle Studie zeigt, dass geringe Mengen an Wurst und Co. ausreichen, um das Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes, KHK und Darmkrebs deutlich zu erhöhen. Besonders tückisch: Der größte Risikoanstieg passiert bei kleinen, alltäglichen Portionen. Wer also seiner Gesundheit langfristig etwas Gutes tun will, sollte beim nächsten Snack vielleicht lieber zur pflanzlichen Alternative greifen. Weniger ist in diesem Fall eindeutig mehr – und manchmal auch lebensverlängernd.

Themen Diabetes Herzgesundheit

Quellen

  1. Haile, D., Harding, K.L., McLaughlin, S.A. et al. (2025). Health effects associated with consumption of processed meat, sugar-sweetened beverages and trans fatty acids: a Burden of Proof study. Nature Medicine. ↩︎
  2. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Fleisch und Wurst – weniger ist mehr. (aufgerufen 18.07.2025) ↩︎

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