VG Wort
Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für Fitness, Gesundheit und Ernährung
Aus A und B mach Null

Forscher können Blutgruppen jetzt umwandeln

Blutproben in einem Labor
Forscher wollen die Blutgruppen A und B dank einer neuen Methode in universell einsetzbares Blut umwandeln können Foto: Getty Images
Sebastian Kunze

27.06.2019, 11:03 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten

In den Ferien gehen weniger Menschen zum Blutspenden als sonst, Blut ist also gerade eher knapp. Und auch von den vorhandenen Konserven sind aufgrund der unterschiedlichen Blutgruppen nicht alle für jeden verwendbar. Kanadische Wissenschaftler können die Problematik jetzt etwas entschärfen: indem sie aus der Blutgruppe A die universell-einsetzbare Blutgruppe 0 machen – mithilfe von Darmbakterien.

Artikel teilen

Vier Jahre suchte eine Forschergruppe der kanadischen University of British Columbia nach einer Möglichkeit, Blut umzuprogrammieren – und wurde fündig. Die Ergebnisse veröffentlichten sie jetzt in „Nature Microbiology“.

Keine FITBOOK-Themen mehr verpassen – abonnieren Sie hier unseren Newsletter!

Darmbakterien wandeln das Blut um

Laut dem Forscherteam um Dr. Peter Rahfeld überzeugt das Darmbakterium Flavonifractor plautii durch „hohe Aktivität und Spezifität“.

Weshalb ausgerechnet Darmbakterien?

Der (erfolgreiche) Versuch wurde mit Darmbakterien unternommen, weil sich in deren gewohntem Terrain – an der Darmschleimhaut – viele sogenannte Mucine befinden. Das sind Proteine mit Zuckeranlagerungen, die chemisch sehr ähnlich aufgebaut sind wie die Antigene der Blutgruppenantigene A und B. Die Forscher vermuteten, dass das Enzym, mit dessen Hilfe jene Bakterien die Zuckermoleküle an der Darmschleimhaut zerlegen, auch bei den genannten Antigenen funktionieren müsste. Und sie sollten Recht behalten.

Ziel ist es nun, den Prozess in das automatisierte System von Blutabnahme, Verarbeitung und Lagerung zu integrieren und somit zu gewährleisten, dass der Notfall- und Transfusionsmedizin mehr universell einsetzbare Konserven der Blutgruppe 0 zur Verfügung stehen.

Auch interessant: Aderlass soll den Blutdruck senken

Mehr zum Thema

Das sagt der Experte zur neuen Methode

Für Prof. Dr. med. Torsten Tonn, Medizinischer Geschäftsführer DRK-Blutspendedienst Nord-Ost gGmbH, ist es eine sehr interessante Entdeckung. „Leider funktioniert der Verdau der Blutgruppen nur bei Blutgruppen, die auf Zuckermolekülen beruhen“, erklärt Prof. Dr. Tonn auf FITBOOK-Nachfrage. Das sei bei den Hauptblutgruppen A und B der Fall. Allerdings ist 0 mit über 40 Prozent eine bereits sehr häufige Blutgruppe. „Um es in der Versorgung sinnvoll einzusetzen, müsste man unbedingt auch die Rhesusblutgruppe berücksichtigen. Eine Knappheit besteht insbesondere bei ‚0 / Rhesus-negativ‘-Blutgruppen“, berichtet der Experte.

„Das Verfahren konkurriert zudem mit modernen Methoden der genetischen Veränderung von Stammzellen“, wie Prof. Dr. Tonn anmerkt. Bei diesen ist man in der Lage, auch Blutgruppen, die auf Unterschieden in der Proteinstruktur beruhen (dazu zählen Rhesus, Kell, Duffy u.a.), mit sogenannten Genscheren herauszuschneiden und somit Universalblut herstellen zu können, welches mit vielen Blutgruppen kompatibel ist. Allerdings ist diese Art der Züchtung und genetischen Manipulation noch nicht in einem relevanten Maßstab verfügbar, und der jetzt beschriebene Enzymverdau erscheint Prof. Dr. Tonn aktuell praktikabler. Wenn er auch auf die Verwandlung von A in 0 beschränkt ist.

Folgen Sie FITBOOK auf Youtube!

Eine höhere Bedeutung für das Verfahren sieht Professor Tonn im Zusammenhang mit blutgruppenungleichen Organtransplantationen. Laut seiner Einschätzung sei es denkbar, dass man Spenderorgane (z.B. Nieren oder Herzen) der Blutgruppe A vorbehandelt und für Organempfänger mit der Blutgruppe 0 oder B kompatibel macht. Auch bei Organabstoßungen aufgrund einer Blutgruppe-A-Inkompatibilität wäre es gegebenenfalls denkbar, das Enzym intravenös einzusetzen, um die Abstoßungsreaktion zu mildern. Hierbei seien allerdings viele Fragen hinsichtlich der Verträglichkeit einer derartigen Anwendung der Enzyme am Patienten offen.

afgis-Qualitätslogo mit Ablauf Jahr/Monat: Mit einem Klick auf das Logo öffnet sich ein neues Bildschirmfenster mit Informationen über FITBOOK und sein/ihr Internet-Angebot: www.fitbook.de

FITBOOK erfüllt die afgis-Transparenzkriterien.
Das afgis-Logo steht für hochwertige Gesundheitsinformationen im Internet.

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale-Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.