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Experten klären auf

Was digitale Psychotherapie-Angebote leisten können – und was nicht

Was bringt eine Online-Psychotherapie?
Online-Programme sind vor allem Zusatzangebote, die eine herkömmliche Therapie nicht ersetzen, aber ergänzen können. Erfahren Sie hier, wie Sie geeignete Angebote finden. Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

24.03.2024, 09:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Pro Jahr erfüllt mehr als jeder vierte Erwachsene in Deutschland die Kriterien einer psychischen Erkrankung. Angststörungen und affektive Störungen, zu denen Depressionen zählen, sind am häufigsten. Doch wer in mentalen Krisen Hilfe braucht, muss oft lange auf einen Therapieplatz warten. Online-Angebote sind zwar kein Ersatz – aber sie können helfen.

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Basierend auf epidemiologischen Studien sind in Deutschland jedes Jahr
27,8 der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen – das entspricht mit 17,8 Millionen Menschen der Einwohnerzahl
von Nordrhein-Westfalen.1 Seelische Erkrankungen können enorm quälen. Aber viele Betroffene zögern, sich Hilfe zu suchen, oder wissen nicht, wie sie sie bekommen sollen. Schließ­lich sind Therapieplätze rar, gerade im ländlichen Raum. Seit einigen Jahren gibt es eine wachsende Zahl an Angeboten für Online-Psychotherapie – das kann Betroffenen Aufwand, etwa die Anfahrtswege, ersparen. Doch welche Anwendungen sind gut und verlässlich? Hier erhalten Sie einen Überblick.

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Expertin: »Vollständige Online-Psychotherapie weder erlaubt noch ratsam

Eine vollständige Psychotherapie ausschließlich über Videokonferenzen durchzuführen, gilt jedoch weder als erlaubt noch als ratsam, sagt Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer, in der aktuellen Ausgabe des Magazins „test“ (04/24).2 „Oft ist der unmittelbare Kontakt in der Praxis unverzichtbar, beispielsweise zu Anfang der Therapie oder kurzfristig bei akuten Krisen.“

Online-Programme: Was vor der Nutzung einer App zu beachten ist

Online-Programme seien vor allem Zusatzangebote, die eine herkömmliche Therapie nicht ersetzen, aber ergänzen können. „Vor der Nutzung einer App ist eine umfassende Diagnosestellung notwendig, um festzustellen, ob eine psychische Störung vorliegt, welche Behandlung geeignet ist und inwiefern eine App dabei unterstützend wirken könnte.“

Auch interessant: Wie bekommt man eine Psychotherapie und wie läuft sie ab?

Daran erkennt man Online-Anwendungen, die im medizinischen Sinne hilfreich sind

Doch hier gibt es Unterschiede. Nicht jedes Programm, das etwa auf Social Media beworben wird, ist im medizinischen Sinne hilfreich. Sogenannte Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) sind vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geprüft, und es gibt sie auf Rezept. DiGA sind Produkte, die z.B. dazu bestimmt sind, Erkrankungen zu erkennen oder zu lindern, die bei der Diagnosestellung unterstützen und die dabei maßgeblich auf digitaler Technologie beruhen.

Online-Anwendungen bei Angststörungen, Depressionen – die Testsieger bei Stiftung Warentest

Die Stiftung Warentest weist darauf hin, dass sie in ihren Untersuchungen aus dem Jahr 2021 mehrere DiGAs positiv bewertet hat, darunter HelloBetter Panik und Velibra bei Angstzuständen sowie Deprexis bei Depressionen.3

Solche DiGAs könnten eine Unterstützung bieten, um die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken. Sie können aber auch helfen, eine Krankheit zu erkennen, Patienten während der Behandlung zu begleiten und dadurch die Lebensqualität zu steigern.

DiGAs – so kommt man an Apps auf Rezept ran

Erste Anlaufstelle für das Thema kann der Hausarzt oder Psychotherapeut sein, zum Beispiel während der Sprechstunde. Diese Fachkräfte sind in der Lage, psychische Probleme zu diagnostizieren und gegebenenfalls DiGA zu verschreiben.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM, hat ein Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen erstellt. Bevor Apps und Online-Programme in diesem Verzeichnis erscheinen, werden sie unter anderem auf Datenschutz, Funktionstauglichkeit und ihren tatsächlichen medizinischen Nutzen geprüft. Sind sie dort gelistet, können Ärzte sie verschreiben und die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten. So sieht es das Digitale-Versorgung-Gesetz vor.

Die Kategorie „Psyche“ etwa listet derzeit 26 Anwendungen, etwa zu den Diagnosen F32.0 (Leichte depressive Episode), F32.1 (Mittelgradige depressive Episode), F33.0 (Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode), F33.1 (Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode) aber auch Anwendungen bei Ein- und Durchschlafstörungen, Phobien… Diese DiGAs wurden:

  • als Medizinprodukt mit niedrigem Risiko CE-zertifiziert
  • zusätzlich vom BfArM als DiGA geprüft
  • und können damit von Ärten verschrieben oder
  • bei entsprechender Diagnose direkt von der gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden.
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Fazit

Hat man das Gefühl, tatsächlich psychisch erkrankt zu sein, sollte man sich stets fachlichen Rat einholen und eine Diagnose erstellen lassen. DiGAs sind auf medizinische Wirksamkeit geprüft und können von Ärzten oder Psychotherapeuten verordnet werden. Die Kosten werden durch die Krankenkasse des Patienten übernommen. Ein Ersatz für eine vollständige Psychotherapie sind sie keinesfalls, sie können allenfalls zur Überbrückung dienen oder diese ergänzen. Ganz die Finger lassen sollte man von Programmen, die etwa auf Social Media beworben werden und ungeprüft sind.

*Mit Material von dpa

Quellen

Themen Psychologie

Quellen

  1. Deutsche Gesellschaft für Gesundheits- und Pflegewissenschaft (DGGP): Psychische Erkrankungen in Deutschland (2018, aufgerufen am 21.03.2024) ↩︎
  2. Stiftung Warentest 4/2024: Therapieformen – was sie ausmacht, welche helfen (aufgerufen am 21.03.2024) ↩︎
  3. Stiftung Warentest: Apps gegen Angst­störungen – Raus aus der Isolation (2021, aufgerufen am 21.03.2024) ↩︎
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