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Ungesunde Gewohnheit

Zwischen Dopamin und Dauerstress! Warum man so oft zum Handy greift

Handy und Dopamin
Kurze Videos in sozialen Medien sprechen das Belohnungssystem schneller an als analoge Aktivitäten wie Bücher oder Brettspiele. Doch für die Regeneration braucht das Nervensystem regelmäßige Pausen vom Bildschirm. Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

28. April 2025, 21:06 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Warum macht uns ein Spaziergang oft weniger glücklich als ein lustiges Video auf dem Handy? Warum fühlen sich manche Dinge plötzlich anstrengend an, obwohl sie früher Freude bereitet haben? Die Antwort liegt tief im Gehirn – und beginnt mit dem Botenstoff Dopamin, der süchtig machen kann.

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Immer mehr digitale Reize vom Handy fordern unser Belohnungssystem heraus. Psychosomatik-Experte Steffen Häfner hat der „dpa“ erklärt, wie Dopamin dabei wirkt, welche Folgen Reizüberflutung haben kann – und wie sich unser Gehirn mit einfachen Mitteln wieder neu justieren lässt.1

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Zwischen Handy und Dopamin

Na, was tun Sie, wenn Sie im Wartezimmer beim Arzt sitzen? Sich nach einem anstrengenden Tag in der Bahn auf den Sitz fallen lassen? Oder zu Hause am Herd stehen und das Nudelwasser noch nicht kocht?

Alles Situationen, in denen viele von uns zum Smartphone greifen dürften – mal schauen, was in den sozialen Netzwerken so los ist. Ein Verhalten, das sich aus psychologischer Sicht so erklären lässt: Video-Schnipsel unterhalten uns und lenken ab. Sie bieten unserem Gehirn damit einen Glückskick, der schnell einsetzt, aber auch schnell wieder verpufft.

Verantwortlich dafür ist Dopamin – ein körpereigener Botenstoff, der positive Gefühle erzeugt und unser Verhalten beeinflusst. Auch andere Impulse wie der Griff zur Schokolade, zum Kaffee oder Online-Shopping aktivieren das Belohnungssystem auf ähnliche Weise.

Was genau ist eigentlich Dopamin?

Dopamin zählt zu den zentralen chemischen Botenstoffen des Körpers. Es wird im Nervensystem sowie im Inneren der Nebenniere – dem sogenannten Nebennierenmark – produziert. Im menschlichen Organismus erfüllt es vielfältige Aufgaben: Es unterstützt die Steuerung von Bewegungen, beeinflusst Antrieb und Motivation und verstärkt das Empfinden von Vorfreude.

Da Dopamin bei positiven Gefühlen eine Schlüsselrolle spielt, wird es häufig als „Glückshormon“ bezeichnet. Seine Ausschüttung sorgt dafür, dass das Herz schneller schlägt und der Blutdruck ansteigt – es aktiviert also auch körperliche Reaktionen. Darüber hinaus ist es die biochemische Vorstufe der Stresshormone Noradrenalin und Adrenalin.

Ein dauerhaft erhöhter Dopaminspiegel im Blut kann in Einzelfällen auf einen meist gutartigen Tumor hindeuten. Ist die Konzentration hingegen zu niedrig, hat das in der Regel keine medizinisch relevante Bedeutung.2

Wenn Dopamin durch das Handy zur Dauerstimulation wird

Was kurzfristig ein Wohlgefühl erzeugt, kann langfristig überfordern – nämlich dann, wenn das Gehirn durch zu viele Reize in einen Zustand ständiger Aktivierung gerät. Dann „kann die hohe Menge Dopamin psychische Belastungen wie Stress, innere Unruhe oder Konzentrationsprobleme verstärken“, so Häfner, der ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos in Bad Saulgau ist.

Die Folge: Man fühle sich innerlich überreizt und brauche ständig neue Impulse, um Freude zu empfinden. „Vergleichbar mit einem Suchtmechanismus“, so der Experte.

Auch interessant: Der dramatische Effekt von Smartphone-Nutzung auf das Gehirn

Smartphone-Sucht: Wenn digitale Nutzung zur Belastung wird

Auch wenn Handy-Sucht bislang keine offiziell anerkannte Krankheit ist, beschreibt sie ein weitverbreitetes Phänomen: ein zwanghaftes Verhalten, bei dem das Mobiltelefon dauerhaft und übermäßig genutzt wird, selbst wenn dadurch negative Folgen im Alltag entstehen.

Dabei geht es selten um das Gerät selbst, sondern um die Inhalte: Push-Nachrichten, Social-Media-Apps, Nachrichten oder Spiele sorgen für eine ständige Reizflut.

Der Übergang von gesunder Nutzung zu problematischem Verhalten ist oft fließend. Besonders problematisch wird es, wenn digitale Reize andere Lebensbereiche wie Hobbys, Beziehungen oder berufliche Leistungen verdrängen.

Studie zeigt: Smartphones werden weit häufiger genutzt als gedacht

Eine Studie aus dem Jahr 2015 untersuchte das Nutzungsverhalten von 23 Personen im Alter zwischen 18 und 33 Jahren. Über einen Zeitraum von zwei Wochen wurde mithilfe einer speziellen App die tatsächliche Handy-Nutzung der Teilnehmenden objektiv erfasst.

Es wurde beobachtet, dass die Probanden durchschnittlich 85-mal pro Tag zum Handy griffen – deutlich häufiger, als sie selbst geschätzt hatten. Auffällig war zudem, dass mehr als die Hälfte dieser Nutzungen weniger als 30 Sekunden dauerte. Die Studie gibt Hinweise darauf, wie stark automatisiert und unbewusst das Nutzungsverhalten vieler Menschen bereits ist – und dass subjektive Einschätzungen die Realität oft unterschätzen.3

Folgen digitaler Reizüberflutung durch das Handy

Körperliche Beschwerden

  • Schlafstörungen durch Bildschirmlicht am Abend
  • Nacken- und Rückenschmerzen durch häufiges Sitzen und falsche Haltung
  • Überanstrengte Augen und zunehmende Sehprobleme

Soziale Konsequenzen

  • Rückzug aus sozialen Kontakten
  • Vernachlässigung familiärer oder freundschaftlicher Beziehungen
  • Sinkende Leistungsfähigkeit in Schule, Ausbildung oder Beruf

Psychische Auswirkungen

  • Konzentrationsprobleme und verminderte Aufmerksamkeitsspanne
  • Gesteigertes Risiko für psychische Erkrankungen
  • Gereiztheit, emotionale Erschöpfung oder depressive Verstimmungen

So reduziere ich Zeit am Handy

„Wer ein Smartphone besitzt, verbringt sicherlich viel zu viel Zeit damit. Man kann ja auch so viel mit dem Handy machen: chatten, Videos schauen, Musik hören, mehr oder weniger brauchbare Informationen recherchieren, digitale Bücher lesen, shoppen, sinnlos durch Social Media scrollen … Auch ich stelle an so manchen Tagen erschrocken fest, wie viele Stunden ich auf mein Handy und beruflich bedingt generell auf Bildschirme gestarrt habe. Deswegen ist meine Devise: Handy weg am Wochenende. Bis auf absolut notwendige Kommunikation, z. B. für Verabredungen, oder um beim Sport Musik zu hören, hat mein Handy dann Pause. Einkaufslisten schreibe ich mit Stift und Zettel, zum Lesen nehme ich waschechte Bücher zur Hand und wenn mir mal der Name eines Schauspielers aus einer Serie nicht einfällt, verkneife ich mir das Googeln und halte das Nichtwissen einfach mal aus. Wie schön, wenn mir der Name plötzlich doch selbst einfällt. Und was soll ich sagen: Meine Strategie wirkt. Ich verbringe viel weniger Zeit am Handy, weiß sogar manchmal gar nicht, wo in meiner Wohnung ich es zuletzt gesehen habe. Dann, das gebe ich zu, suche ich kurz gestresst, aber bisher habe ich das Smartphone immer noch wiedergefunden.“

Selbsttest: Wie gesund ist mein Handy-Konsum?

Ob die Nutzung des Smartphones bereits problematische Züge annimmt, lässt sich anhand einiger Fragen einschätzen:

  • Verbringt man häufig mehr Zeit am Handy, als ursprünglich geplant?
  • Werden Hobbys oder soziale Aktivitäten zugunsten der Smartphone-Nutzung vernachlässigt?
  • Zeigen sich im Alltag bereits negative Auswirkungen – etwa im Berufsleben, im Studium oder im privaten Umfeld?
  • Greift man oft aus Gewohnheit oder Langeweile zum Gerät, ohne konkreten Anlass?
  • Fühlt man sich unruhig oder gereizt, wenn das Smartphone nicht in greifbarer Nähe ist?

Treffen mehrere dieser Punkte zu, kann es sinnvoll sein, das eigene Nutzungsverhalten kritisch zu hinterfragen – auch wenn dadurch keine medizinische Diagnose ersetzt wird.4

Handy-Pause statt Reizflut – wie ein Dopamin-Detox helfen kann

Ein sogenannter „Dopamin-Detox“ kann dabei helfen, wieder zu innerer Ruhe zu finden. Dabei geht es nicht darum, Freude zu unterdrücken – sondern künstliche Reizfluten zu reduzieren, damit echte Freude wieder Raum bekommt.

Diese Schritte können im Alltag helfen:

  • Smartphone am Abend bewusst weglegen
  • Push-Nachrichten deaktivieren
  • Musik oder Podcasts gezielt und nicht permanent konsumieren
  • Analoge Aktivitäten wie Lesen, Zeichnen oder Spazierengehen wiederentdecken
  • Aufgaben wie Wecker oder Terminplanung bewusst auf analoge Alternativen verlagern

Auch der bewusste Verzicht auf weitere schnelle Dopamin-Kicks – etwa durch Kaffee, Süßigkeiten oder Online-Shopping – kann das Nervensystem entlasten.

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Weniger Handy, weniger Dopamin – mehr Raum für echte Lebensfreude

Der Weg zu einem bewussteren Umgang mit digitalen Reizen ist oft ungewohnt – aber lohnend. „Wir merken, dass sich unsere Wahrnehmung wieder schärft, die Freude an alltäglichen Dingen zurückkehrt.“, so Häfner.

Ein reduzierter Reizkonsum kann nicht nur Stress verringern, sondern auch die psychische Widerstandskraft stärken – und damit langfristig für mehr innere Ausgeglichenheit sorgen.

Themen Psychologie

Quellen

  1. Mit Material von dpa ↩︎
  2. Gesundheitsinformation.de. Dopamin (Dopa). (aufgerufen am. 23.04.2025) ↩︎
  3. Andrews S, Ellis DA, Shaw H. el al. (2015). Beyond Self-Report: Tools to Compare Estimated and Real-World Smartphone Use. PLoS One. ↩︎
  4. Mkk. Handysucht bekämpfen: Mit diesen Tipps gelingt es. (aufgerufen am 23.04.2025) ↩︎

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