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Dr. Kulreet Chaudhary

Ayurveda-Expertin: »Wer seinen Darm umprogrammiert, isst gesünder und nimmt ab!

Illustration des Verdauungstraktes
Im Darmmikrobiom schlummern viele Geheimnisse – die Forschung kommt ihm nach und nach auf die Spur. Dr. Kulreet Chaudhary revolutionierte die Behandlung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen, indem sie (ergänzend zur konventionellen Behandlung) ihre Verdauung verbesserte. Im FITBOOK-Interview bietet sie spannende Einblicke. Foto: Getty Images / TefiM
Anna Echtermeyer
Redakteurin

05.04.2024, 11:01 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Dieses Interview mit der Hirnforscherin und Neurowissenschaftlerin Dr. Kulreet Chaudhary aus dem Jahr 2020 ist ein FITBOOK-Klassiker. Durch klinische Studien mit neurologisch Erkrankten gelangte sie zu er Erkenntnis, dass die Gesundheit eines Menschen im Darm beginnt. Inzwischen stellen viele Forschungsstudien den Zusammenhang der Darm-Hirn-Verbindung her, einschließlich spezifischer Erkrankungen wie Parkinson. Wo steht die Forschung 2024? Und wie füttert man das Darmmikrobiom richtig? Darauf antwortet Fasten-Experte Prof. Dr. med Andreas Michalsen.

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Wenn Hirnforscherin Dr. Kulreet Chaudhary einen neuen Patienten vor sich hat, knöpft sie sich zunächst dessen Darmmikrobiom vor. Für eine Neurologin war das – zumindest zum Zeitpunkt dieses Interviews 2020 – eine ziemlich ungewöhnliche Herangehensweise. Nicht so für Chaudhary, die die traditionelle Wissenschaft des Ayurveda schon früh in ihre Forschung mit einbezog. Inzwischen ist die Theorie von der Darm-Hirn-Verbindung keine Theorie mehr, viele klinische Forschungsstudien stellen diesen Zusammenhang her, einschließlich spezifischer Erkrankungen wie Parkinson (FITBOOK berichtete). Im Interview mit FITBOOK erklärt Chaudhary, wie es funktioniert, dass der Darm uns diktiert, was wir essen wollen, wie man es schafft, sein Darmmikrobiom so zu verändern, dass man automatisch gesünder isst und damit bei einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen Verbesserungen herbeiführen und diesen vorbeugen kann. Ergänzend wollten wir von Deutschlands bekanntem Fasten-Experten Prof. Dr. med. Andreas Michaelsen, Chefarzt der Abteilung für klinische Naturheilkunde an der Charité Berlin, wissen, wo die Forschung zum Darmmikrobiom 2024 steht und wie man sich ernähren sollte, um die Ernährungwelche Rolle die Darmgesundheit in seiner täglichen Arbeit mit chronisch Kranken spielt.

Wer ist Kulreet Chaudhary?

Kulreet Chaudhary ist Neurologin, Neurwissenschaftlerin und Ayurveda-Expertin. Sie gilt als Pionierin auf dem Gebiet der Integrativen Medizin und war zehn Jahre lang Direktorin des Wellspring Health Memorial Hospital in San Diego (Kalifornien). Dort revolutionierte sie die Behandlung von Patienten mit neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Parkinson und Migräne, indem sie, ergänzend zur konventionellen Behandlung, deren Verdauung verbesserte. Sie hat vielfach erlebt, wie Krankheitsverläufe durch eine veränderte Lebensweise (entscheidende Änderungen in der Ernährung, im Lebensstil und Stressmanagement) rückgängig gemacht werden konnte.

Chaudhary ist überzeugt, dass die Bakterien in unserem Darm dem Gehirn diktieren, worauf wir Appetit haben und damit: was wir letztlich essen. Entsprechend ist ihr Ansatz, das Darmmikrobiom so zu verändern, dass darin die guten Bakterien überwiegen – und man somit automatisch den Appetit auf ungesundes Essen verliert und mehr von dem konsumiert, was dem Körper guttut. Eine Art Umprogrammierung, die eine nachhaltige Essensumstellung bewirken soll.

Dr. Kulreet Chaudhary
„Wie neu geboren durch modernes Ayurveda“ heißt das Buch, in dem Dr. Kulreet Chaudhary ihren Ansatz zur Umprogrammierung des Darms beschreibt Foto: Dr. Kulreet Chaudhary

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„Das ist die direkte Kommunikation zwischen Darmmikrobiom und Gehirn“

FITBOOK: Frau Chaudhary, Sie schreiben, dass der Darm uns diktiert, was wir essen wollen. Wie muss man sich das genau vorstellen?
Dr. Kulreet Chaudhary: „Die Bakterien in unserem Verdauungstrakt ernähren sich von dem, was wir zu uns nehmen. Ein Darm, der von Bakterien besiedeltet ist, die sich von raffiniertem Zucker und Weizenmehl ernähren, setzen Chemikalien (Neurotransmitter) frei, die dem Gehirn eine angenehme Reaktion auf Junkfood ermöglichen. Sie belohnen uns für dieses Essen, weil sie es zum Überleben brauchen. Das ist die direkte Kommunikation zwischen Darmmikrobiom und Gehirn. Wenn man nahrhafte Lebensmittel wie Gemüse und Obst isst, erhält das Gehirn keine erfreulichen Reaktionen mehr auf den Konsum ungesunder Lebensmittel.“

Abnehmwunsch? „Viel cleverer und auch einfacher ist es, zuerst das Mikrobiom zu verändern“

Die meisten Menschen versuchen auf die harte Tour abzunehmen: Sie halten unterschiedlichste Diäten ein und leiden dann unter Heißhungerattacken. Gibt es eine elegantere Art, das Mikrobiom positiv zu verändern?
„Diese Menschen ändern ihre Ernährung, bevor sie ihr Mikrobiom wechseln. Dieser Weg kann effektiv sein, ist aber äußerst schwierig. Viel cleverer und auch einfacher ist es, zuerst das Mikrobiom zu verändern. Aus ayurvedischer Sicht empfehlen wir, zunächst die Toxine aus dem Körper und speziell aus dem Magen-Darm-Trakt zu entfernen. Wenn man damit beginnt, wachsen die ungesunden Bakterien in ihrer Darmumgebung nicht mehr weiter und es bildet sich wieder eine gesunde Darmflora heraus. Der Kopf wird automatisch folgen und nach gesünderer Ernährung verlangen. Verändern Sie also zuerst den Darm! Wer diesen Zusammenhang verstanden hat, hat gewonnen.“

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Darmgesundheit – so programmiert man das Darmmikribiom um

Zu welchen Maßnahmen raten Sie konkret?
„Ich empfehle drei Dinge: Das erste ist eine ayurvedische Kräutermischung namens Triphala1. Sie ist bekannt für ihre Vorteile hinsichtlich Verdauung und Entgiftung. Triphala ändert nicht nur das Darmmikrobiom, sondern auch das Verhalten; man wird klarer im Kopf. Eine weitere, einfache Änderung besteht darin, die größte Mahlzeit vom Abend- auf das Mittagessen umzustellen. In der Tagesmitte hat man am meisten Energie. Das hilft, die Toxine zu reduzieren. Punkt drei: Gießen Sie zwei Wochen lang jeden Morgen je einem halben Teelöffel Kreuzkümmel-, Fenchel- und Koriandersamen mit einem Liter kochendes Wasser auf und lassen Sie das Ganze fünf bis zehn Minuten ziehen. Anschließend in eine Thermoskanne abseihen und den Prime Tea über den Tag verteilt schluckweise trinken. Sie werden feststellen, dass der Heißhunger auf ungesunde Lebensmittel verschwindet. Und Sie werden sich ganz von selbst zu gesunden Lebensmitteln hingezogen fühlen, weil sich Ihr Mikrobiom in eine glücklichere Population verändert.“

Prime Tea: Erfahrungsbericht von FITBOOK-Redakteurin

Anna Echtermeyer
Redakteurin

Ich habe den Prime Tea 5 Tage lang ausprobiert

Die Sache mit dem „Prime Tea“ hatte mich beim Lesen von Chaudharys Buch („Wie neugeborenen durch Ayurveda“) besonders neugierig gemacht. Im Reformhaus besorgte ich mir Kreuzkümmel-, Fenchel- und Koriandersamen und los ging’s. Der Blick morgens in den Spiegel an Tag zwei war ein Schock: Mein Gesicht war voller Rötungen und Pickelchen. Noch drei weitere Tage zog ich das Experiment Prime Tea durch, dann hatte ich „genug“ von der unreinen Gesichtshaut. Kulreet Chaudhary war nicht überrascht davon, was ich ihr berichtete. Im Gegenteil: Sie war sogar sehr zufrieden mit dem „Ergebnis“: Der Tee helfe, Giftstoffe aus dem Körper und aus den Organen zu entfernen. Einer der schnellsten Wege, diese loszuwerden, sei die Haut, erklärte sie mir. Dass meine Haut schlechter wurde war also ein Zeichen dafür, dass sich Giftstoffe in meinem Körper befanden. Sie empfahl mir, den Tee schwächer zuzubereiten, um meinen Körper nicht mit der Entgiftung zu überwältigen – was ich nicht mehr umgesetzt habe.

»Ich denke, dass wir in zehn Jahren ein erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen vorhersagen können

Die Erforschung des Darmmikrobioms und das Zusammenspiel mit dem Gehirn steht noch ganz am Anfang. Was glauben Sie, wird die Breaking News in zehn Jahren sein?
„Am meisten beeindruckt mich, wie man unterschiedliche Störungen, Krankheiten und Tendenzen vorhersagen kann. Ich denke, dass wir ihn zehn Jahren die Zusammensetzung des Darmmikrobioms als Fingerabdruck verwenden werden. Nicht nur, um Krankheiten zu diagnostizieren, sondern auch um ein erhöhtes Risiko für bestimmte Erkrankungen vorherzusagen.“

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Fasten-Experte zum aktuellen Forschungsstand

Andreas Michalsen ist einer der profiliertesten Fasten- und Ernährungsmediziner Deutschlands. Seit 15 Jahren ist er Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin, lehrt und forscht als Professor für klinische Naturheilkunde der Charité. Der zentralen Bedeutung des Darms für unsere Gesundheit geht er in seinem neuen Buch „Ernährung – meine Quintessenz“ nach.

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Quellen

  1. Triphala wird als Dreifrucht bekannte Kräutermischung seit Jahrhunderten in der traditionellen indischen Medizin als Heilmittel (u. a. zur Darmreinigung, Immunstärkung, Regeneration) eingesetzt. Sie besteht aus den Früchten Amalaki, Bibhitaki und Haritaki. Kaufen kann man Triphala als Pulver im Fachhandel oder Online. Achten sollte man auf eine gute Bio-Qualität der verarbeiteten Früchte.  ↩︎
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