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Oft lebenslange Behandlung

So gefährlich kann der Fuchsbandwurm für Menschen werden

Fuchsbandwurm (Echinococcus multilocularis)
Bei ca. 20 Prozent der Fuchsbandwurm-Infizierten kommt es zum Wachstum des Bandwurm-Larvengewebes in den inneren Organen – zu 99 Prozent zuerst in der Leber Foto: Getty Images
Laura Pomer
Sophie Brünke
Laura Pomer,

10.10.2023, 11:04 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Der Fuchsbandwurm (wissenschaftlicher Name: Echinococcus multilocularis) ist ein Parasit. Als Wirt bzw. Zwischenwirt dienen ihm bestimmte Tiere – in Mitteleuropa hauptsächlich der Rotfuchs. Er kann aber auch den Menschen befallen. FITBOOK hat mit dem Bandwurm-Experten Professor Dr. Brehm sowie dem Kompetenzzentrum für Fuchsbandwurm-Erkrankung der Uniklinik Ulm gesprochen und klärt über die seltene, aber sehr gefährliche Infektion auf. Insbesondere Haustier- und Gartenbesitzer sollten den Parasiten auf dem Schirm haben.

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Auf einem Spaziergang unverhofft Wildbeeren finden und essen ist leider kein bedenkenloses Vergnügen – es kann sein, dass sie mit dem Kot eines infizierten Fuchses verunreinigt sind. Auch bei gekauften Früchten wird empfohlen, sie vor dem Verzehr gut zu waschen, sonst könnte man sich mit einem Fuchsbandwurm anstecken. Dabei ist das nicht der Lebensweg, den der Parasit eigentlich einschlagen will.

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Wo kommt der Fuchsbandwurm vor?

Der Fuchsbandwurm trägt seinen Namen nicht ohne Grund. Sein bevorzugtes Zuhause – und gleichzeitig nur eine Station seines Lebenskreislaufs – ist der Dünndarm eines Rotfuchses (oder einer vergleichbaren Hundeart). Er nistet sich dort ein und legt hochinfektiöse Eier ab. Diese sind sehr kälteresistent, dafür aber empfindlich gegenüber Hitze und Austrocknung.

Über den Kot des Wirts gelangen die Eier in die Umwelt. So z. B. auf Pflanzen oder Beeren, die andere (Nage-)Tiere fressen könnten. Geschieht dies, tritt er in den Körper eines Zwischenwirts ein. Im Darm schlüpfen aus den Eiern die Larven des Fuchsbandwurms und wandern in die Leber des Wirts, wo sie zu einer anderen Form von Gewebe weiterentwickeln. Dieses sogenannte Finnengewebe enthält die Protoform des Fuchsbandwurms.

Wird dieser Wirt nun von einem Fuchs gefressen, gelangen die Anlagen des Fuchsbandwurms in den Darm des neuen Wirts. Dort fangen sie an, auszuwachsen (bis zu einer Länge von rund fünf Metern). Der Fuchsbandwurm legt erneut Eier und der Zyklus beginnt von vorn.

Mit dem Menschen hat der Parasit also streng genommen nichts zu tun – er ist ein Fehl- bzw. Zufallswirt. Und doch hört man immer wieder von Fällen, bei denen jemand an einem Fuchsbandwurm erkrankt oder sogar gestorben ist.

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Wie befällt der Fuchsbandwurm Menschen?

Der menschliche Darm ist für den Fuchsbandwurm die Endstation. Er hat es nicht auf ihn abgesehen, seine Eier landen aber manchmal dennoch dort. Der Mensch nimmt sie unwissentlich über die Nahrung auf, wenn Lebensmittel z. B. mit Spuren von Ausscheidungen eines infizierten Tieres verunreinigt sind. Auch durch Gartenarbeit können die Hände den Fuchsbandwurm ins Haus tragen, wenn sie danach nicht gewaschen werden. Eine Infektion kann erhebliche gesundheitliche Folgen haben.

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Wie verläuft eine Infektion des Menschen?

Das größte Problem an einer Fuchsbandwurminfektion ist, dass sie lange keine Symptome zeigt. Dr. Brehm erklärt: „Man infiziert sich über die orale Aufnahme infektiöser Eier des Fuchsbandwurms und bemerkt die Infektion zunächst nicht. Bei ca. 20 Prozent der Infizierten kommt es dann zum Wachstum des Bandwurm-Larvengewebes (Finnengewebe, Anm. d. Red.) in den inneren Organen – zu 99 Prozent zuerst in der Leber.“

Der Fuchsbandwurm bleibt oft lange unbemerkt. Auch die Symptome der Betroffenen sind zunächst unspezifisch. Der Bandwurm-Experte erläutert: „Je nach Lage und Ausbreitung des Gewebes in der Leber kommt es dann nach 5 bis 10 Jahren zum Abdrücken von Blutgefäßen oder Gallengängen, die sich in Oberbauchschmerzen oder Ikterus äußern.“ Ikterus beschreibt eine Gelbfärbung der Haut, Schleimhäute und inneren Organe.

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Wie wird die Erkrankung behandelt?

Die Echinokokkose – so der Fachbegriff für die Ansteckung (Echinococcus steht für die Gattung der Bandwürmer) – sollte so schnell wie möglich behandelt werden. In den meisten Fällen wird der Befall jedoch zu spät erkannt, sodass das Gewebe bereits zu groß geworden ist, um es operativ zu entfernen. Es verbleibt dann im Körper des Patienten.

Dr. Brehm erklärt dazu: „Bei einigen der Infizierten, etwa 20 Prozent, kann man das Parasitengewebe chirurgisch entfernen, das ist die einzige Chance der Heilung. Bei der Mehrzahl bleibt nur noch medikamentöse Behandlung, die den Parasiten jedoch nicht abtötet, sondern nur sein Wachstum verlangsamt. Die medikamentöse Therapie muss daher sehr lange, oft lebenslang, verabreicht werden.“

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Wie gefährlich ist eine Fuchsbandwurm-Infektion?

Laut dem Kompetenzzentrum für Fuchsbandwurm-Erkrankung an der Uniklinik Ulm haben Patienten dank guter Therapiemöglichkeiten „eine nahezu ebenbürtige Lebenserwartung“ wie Nichtinfizierte. Allerdings: Werden keine (oder zu spät) Medikamente eingenommen, die das Wachstum des Parasiten hemmen, kann er die Organe vollständig zerstören und zum Tod führen.

Gibt es Personen, die besonders anfällig sind?

Laut Brehm gebe es sehr wahrscheinlich eine genetisch bedingte Resistenz gegen die Infektion: „Wir haben jedoch keinen Test, der sagen könnte, ob man zu den Sensitiven oder zu den Resistenten gehört.“ Aber: „Generell ist Landbevölkerung häufiger betroffen, da diese häufiger in Wald und Flur unterwegs ist und häufiger Pilze, Kräuter oder Beeren sammelt.“

Auch wer einen Vierbeiner täglich ausführt, sollte aufpassen: „Hundebesitzer, deren Hunde Mäuse fressen, sind besonders gefährdet.“

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Wie kann man eine Infektion verhindern?

Für Haustierbesitzer gilt nach Brehm: „Das Tier (der Hund) soll keine Mäuse fressen, besonders wenn man in Süddeutschland beheimatet ist. Katzen sind hingegen sehr schlechte Wirte und kaum an der Übertragung beteiligt.“

Weiterhin sollten Haustiere regelmäßig entwurmt und ihre Ausscheidungen rückstandsfrei entfernt werden. Denn die Eier des Fuchsbandwurms sind sehr resistent und können monatelang überleben und ansteckend bleiben.

Besitzern von (Gemüse-)Gärten wird das Errichten von Zäunen empfohlen, die gegen das Eindringen von Füchsen schützen. Rund jedes vierte Tier ist mit dem Fuchsbandwurm befallen, gab vor einigen Jahren der Bayerische Jagdverband (BJV) bekannt. Haut, die mit Erde oder potenziell befallenen Pflanzen in Kontakt gekommen ist, muss gereinigt werden.

Laut eines Ratgebers des Robert-Koch-Instituts sollten weiterhin alle bodennah wachsenden Nahrungsmittel, z. B. Beeren, Pilze, Gemüse, Salat und Fallobst, vor dem Verzehr gründlich gewaschen und insbesondere in Gebieten mit erhöhtem Infektionsrisiko möglichst gekocht oder getrocknet werden. Die gefährdetsten Gebiete in Deutschland sind laut RKI vorwiegend südlich, in Baden-Württemberg und Bayern. Auch in der Nord-Schweiz sowie in West-Österreich und Ost-Frankreich komme der Fuchsbandwurm vor.1

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Wie häufig infizieren sich Menschen mit dem Parasiten?

Dr. Brehm kann beruhigen: „Insgesamt tritt die Infektion sehr selten auf.“ Es gäbe etwa 30 bis 50 Neuinfektionen pro Jahr in Deutschland. Die Uniklinik Ulm zieht einen beschwichtigen Vergleich: „Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Verkehrsunfall tödlich zu verunglücken, ist 100 Mal höher, als am Fuchsbandwurm zu erkranken.“

Wenn jemand infiziert ist, kann er übrigens keine anderen Menschen anstecken. Selbst das Gewebe, das im seltenen Fall einer Echinokokkose-Operation entnommen wird, ist nicht infektiös.

Fazit

Eine Infektion mit dem Fuchsbandwurm ist lebensgefährlich, kommt allerdings so selten vor, dass Menschen relativ unbesorgt sein können. Die wichtigsten Vorsichtsmaßnahmen sind eine gewissenhafte Hygiene sowie ein angemessener Umgang mit (den Ausscheidungen von) Nagern, Füchsen sowie Haustieren.

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Quellen

Themen Krankheiten
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