
28. Mai 2025, 16:03 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Einzelfallberichte über verstorbene Bodybuilder gibt es viele – größere, systematische Untersuchungen zu den Gründen dieser Todesfälle gab es bisher nicht. Ein internationales Team von Sportmedizinern und Kardiologen hat diese Wissenslücke geschlossen und 121 verifizierte Todesfälle von männlichen Bodybuildern genauer untersucht. Besonders bei den Profis ist das Risiko für einen plötzlichen Herztod schockierend hoch.
Bodybuilder beeindrucken mit massiven Muskeln und eisernem Willen – sie stehen für Kraft, Disziplin und Durchhaltevermögen. Die Schattenseite: Bodybuilder – vor allem Profis – haben ein deutlich erhöhtes Risiko, einen plötzlichen Herztod zu erleiden. Einzelfallberichte zu den Todesfällen gibt es viele – doch nun liegt erstmals eine systematische, groß angelegte Untersuchung mit Langzeitdaten zu diesem Thema vor. FITBOOK hat sich die Studie genauer angesehen.
Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!
Übersicht
Was und warum wurde untersucht?
Die Studie untersuchte die Sterblichkeit männlicher Bodybuilding-Athleten, die an offiziellen Wettkämpfen der International Federation of Bodybuilding and Fitness (IFBB) teilgenommen hatten. Zahlreiche Berichte über plötzliche Todesfälle prominenter Bodybuilder, die in den vergangenen Jahren für Aufsehen sorgten, haben die Forscher veranlasst, das Phänomen erstmals wissenschaftlich zu untersuchen. Besonders der plötzliche Herztod (SCD) rückte in den Fokus, da er häufig mit unentdeckten Herzerkrankungen oder dem Missbrauch leistungssteigernder Substanzen wie anabolen Steroiden zusammenhängt.1
Ziel der Studie war es, ein realistisches Bild der Gesundheitsrisiken im Bodybuilding zu zeichnen und mögliche Risikofaktoren wie Alter, Profistatus, Wettkampfklasse und Substanzmissbrauch genauer zu beleuchten. Damit soll eine Grundlage für Prävention, medizinische Betreuung und Aufklärung geschaffen werden.
Auch interessant: 13 absolute No-Gos im Fitnessstudio
Studiendesign und Methoden
Die Forscher führten eine sogenannte retrospektive Kohortenstudie durch. Das bedeutet: Sie werteten Daten aus der Vergangenheit aus, um Todesfälle unter männlichen Bodybuildern zu untersuchen. Dafür sammelten sie Informationen aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Quellen wie Medienberichten, Social-Media-Beiträgen und speziellen Foren. Jeder Todesfall wurde anschließend von mindestens zwei unabhängigen Ärzten überprüft, um die Angaben zu bestätigen.
In die Analyse einbezogen wurden insgesamt 20.286 männliche Athleten, die zwischen 2005 und 2020 mindestens an einem offiziellen Wettkampf IFBB teilgenommen hatten. Diese 20.286 Athleten wurden aus ursprünglich über 44.000 gemeldeten Teilnehmern herausgefiltert – doppelte Einträge wurden entfernt, um die Daten genau auszuwerten.
Die Forscher begleiteten die Athleten im Durchschnitt 8,1 Jahre lang. Insgesamt konnten sie so 190.211 sogenannte „Athletenjahre“ erfassen – eine wichtige Grundlage, um das Risiko für Todesfälle berechnen zu können.
Die Todesfälle wurden in vier Kategorien eingeteilt:
- Plötzliche Todesfälle (SD)
- Plötzlicher Herztod (SCD)
- Traumatische Todesfälle (TSD), etwa durch Unfälle
- Nicht-plötzliche Todesursachen
Besonders auffällig: In einigen Fällen gab es Autopsieberichte oder toxikologische Analysen, die zeigten, dass die Athleten anabole Steroide eingenommen hatten.
Die Ergebnisse wurden als sogenannte Inzidenzraten berechnet – das heißt, die Anzahl der Todesfälle pro 100.000 Athletenjahre. Dabei wurden die Daten zusätzlich nach Altersgruppen, Wettkampfklassen und Profistatus ausgewertet, um mögliche Unterschiede genauer zu erkennen.
Auch interessant: Herzstillstand (plötzlicher Herztod) – diese Vorab-Symptome dürfen Sie nicht ignorieren
Was ist das Ergebnis der Studie?
40 Prozent starben durch plötzlichen Herztod
Die Analyse von 20.286 männlichen Bodybuildern über insgesamt 190.211 Athletenjahre ergab 121 Todesfälle. Am häufigsten war der plötzliche Herztod (SCD) die Todesursache – insgesamt 46 Fälle, was etwa 38 Prozent aller Todesfälle ausmachte.
Deutlich erhöhtes Risiko für Profi-Bodybuilder
Besonders betroffen waren Profi-Bodybuilder: Sie hatten ein mehr als fünfmal so hohes Risiko für einen plötzlichen Herztod wie Amateure. Die Inzidenzraten zeigen ein klares Bild:
- Profis: 193,63 pro 100.000 Athletenjahre
- Amateure: 11,84 pro 100.000 Athletenjahre
Bei den „Mr. Olympia“-Teilnehmern lag die Rate sogar bei 386,10 pro 100.000 Athletenjahre – ein besonders alarmierender Wert. Auch bei aktuell aktiven Bodybuildern, die im vergangenen Jahr an einem Wettkampf teilgenommen hatten, war das Risiko erhöht: 32,83 pro 100.000 Athletenjahre.
Todesfälle während Training, Wettkampf oder kurz danach
Insgesamt starben 11 aktive Bodybuilder an einem plötzlichen Herztod – einige während des Trainings, bei Wettkämpfen oder kurz danach.
Herzveränderungen und Steroidmissbrauch als mögliche Risikofaktoren
In mehreren Fällen zeigten Autopsieberichte deutliche Veränderungen am Herzen, darunter eine Vergrößerung des Herzmuskels (Kardiomegalie) und eine Verdickung der Herzwände (ventrikuläre Hypertrophie). In einigen Fällen konnten toxikologische Analysen den Missbrauch anaboler Steroide belegen – ein Faktor, der offenbar mit den Todesfällen in Zusammenhang steht.
Weitere Todesursachen
Neben plötzlichen Herztoden wurden auch Todesfälle durch andere Ursachen dokumentiert, darunter Unfälle, Suizide und Nierenerkrankungen.
Welche Bedeutung haben die Ergebnisse?
Die Studie zeigt: Bodybuilding, insbesondere auf Profiniveau, ist mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden. Im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten, die oft die Herz-Kreislauf-Gesundheit fördern, erhöht Bodybuilding das Risiko für plötzliche Herztode – teils drastisch. Besonders beunruhigend ist die hohe Rate an plötzlichen Herztoden bei aktiven Athleten. Diese Zahlen legen nahe, dass extreme Trainingsmethoden, harte Diäten, Entwässerungsphasen vor Wettkämpfen und vor allem der Einsatz von leistungssteigernden Substanzen wie anabolen Steroiden die Gesundheit erheblich gefährden können.
Die Studie macht deutlich: Regelmäßige medizinische Untersuchungen – darunter Herz-Checks wie EKGs und Ultraschalluntersuchungen – sind für Bodybuilder dringend erforderlich. Ebenso wichtig sind eine bessere Aufklärung über die Risiken leistungssteigernder Substanzen und eine strengere Kontrolle, um Doping zu verhindern. Auch Freizeitsportler, die Bodybuilding als Hobby betreiben, sollten sich bewusst sein: Extreme Trainingsmethoden und der Missbrauch von Substanzen können erhebliche gesundheitliche Schäden verursachen. Prävention und Aufklärung sind entscheidend, um Risiken zu minimieren.

Kann Champagner das Risiko für plötzlichen Herztod minimieren?

Vittorio Pirbazari starb im Gym! Warum trainierte Männer einen Herzinfarkt bekommen können

Nach tragischem Promi-Fall! So tödlich kann Diabetes sein
Einordnung der Studie und mögliche Einschränkungen
Größte Analyse ihrer Art – aber mit Schwächen
Die Studie ist die bisher erste systematische, groß angelegte Untersuchung mit Langzeitdaten zum Thema Sterblichkeit im Bodybuilding. Sie liefert daher wichtige Erkenntnisse. Dennoch gibt es methodische Einschränkungen, die berücksichtigt werden müssen.
Datenerhebung über öffentliche Quellen
Die Todesfälle wurden aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Medienberichten, Social Media und Foren recherchiert. Offizielle Todesregister oder vollständige medizinische Unterlagen standen nicht zur Verfügung. Das birgt die Gefahr, dass nicht alle Todesursachen bekannt oder korrekt dokumentiert sind. Außerdem werden bekannte Athleten häufiger erwähnt als unbekannte Sportler, was die Ergebnisse beeinflussen kann.
Fehlende Autopsien und unklare Ursachen
Autopsieberichte und toxikologische Analysen lagen nur in wenigen Fällen vor. Deshalb lässt sich der Einfluss von Dopingmitteln wie anabolen Steroiden nicht abschließend beurteilen.
Begrenzte Aussagekraft auf andere Verbände
Die Studie betrachtete ausschließlich IFBB-Athleten – Sportler aus anderen Verbänden wurden nicht berücksichtigt.
Bedarf an weiteren Untersuchungen
Für eine noch genauere Risikoabschätzung wären systematische medizinische Untersuchungen notwendig, ein zentrales Todesregister und standardisierte Autopsieberichte.
Trotz dieser Einschränkungen zeigt die Studie klar: Das Risiko für einen plötzlichen Herztod ist bei männlichen Bodybuildern – primär auf Profiniveau – deutlich erhöht.
Fazit
Die internationale Studie zeigt: Männliche Bodybuilder, hauptsächlich im Profibereich, haben ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod. In mehreren Fällen wurden Herzveränderungen wie Kardiomegalie und ventrikuläre Hypertrophie dokumentiert, ebenso der Missbrauch anaboler Steroide. Die Ergebnisse weisen auf ein erhöhtes Gesundheitsrisiko im Bodybuilding hin, insbesondere im Zusammenhang mit plötzlichem Herztod.