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Laut Studie

Wer besser keinen löslichen Kaffee trinken sollte – und warum

Löslicher Kaffee
Was Kaffee mit unseren Augen zu tun hat? Eine aktuelle Analyse geht dieser Frage erstmals genetisch nach. Foto: Getty Images
Julia Freiberger
Redakteurin

23. Juni 2025, 13:01 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Instantkaffee gilt als praktisch, schnell und weltweit beliebt. Doch wie wirkt sich der Konsum auf unsere Gesundheit aus – insbesondere auf das Sehvermögen im Alter? Eine neue große genetische Studie liefert nun spannende Hinweise: Der regelmäßige Konsum von Instantkaffee steht womöglich in Verbindung mit einem deutlich erhöhten Risiko für trockene altersbedingte Makuladegeneration (AMD). Wem besonders vom Konsum des löslichen Kaffees abzuraten ist …

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Kaffee gehört für viele Menschen zum Alltag. Studien belegen sogar gewisse gesundheitliche Vorteile, etwa für Herz oder Leber.1 Doch nicht jede Kaffeevariante wirkt gleich auf den Körper. Mögliche Gründe für die Unterschiede in der Wirkung könnten die Art der Produktion oder Zubereitung sein. Instantkaffee, also löslicher Kaffee, wird durch ein spezielles industrielles Verfahren hergestellt – und enthält dadurch teils andere chemische Stoffe als frisch gebrühter Filterkaffee. Ein chinesisches Forschungsteam hat untersucht, ob genau diese Variante mit einem höheren Risiko für trockene AMD, eine der häufigsten Ursachen für Erblindung im Alter, in Verbindung steht. Die Ergebnisse liefern erstmals genetisch fundierte Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang – und zeigen, dass besonders Menschen mit bestimmter Vorbelastung und ab einem gewissen Alter besser auf den Kaffeeklassiker verzichten sollten.2

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Was hat Kaffeekonsum mit der Augengesundheit zu tun?

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine chronische Erkrankung der Netzhautmitte, bei der das zentrale Sehen schrittweise verloren geht. Betroffene können Gesichter nicht mehr erkennen oder Bücher nicht mehr lesen – in fortgeschrittenen Fällen kann die Sehbehinderung so stark sein, dass sie als „Blindheit“ eingestuft wird. Die häufigste Form ist die trockene AMD, für die es bislang keine heilende Therapie gibt. Umso wichtiger sind mögliche vorbeugende Maßnahmen.3

Frühere Beobachtungsstudien lieferten widersprüchliche Ergebnisse zum Einfluss von Kaffee – manche sahen sogar einen schützenden Effekt.4 Doch diese Studien sind oft anfällig für Verzerrungen.5,6 Die aktuelle Analyse ging deshalb einen Schritt weiter und untersuchte mithilfe genetischer Methoden, ob ein Zusammenhang bestehen könnte – und ob dieser je nach Kaffeeart unterschiedlich ausfällt.

Auch interessant: Die Wirkung von schwarzem Kaffee auf den Insulinspiegel

Studiendesign: So gingen die Wissenschaftler vor

Die Forschenden nutzten Daten aus zwei großen Gesundheitsdatenbanken:

  • UK Biobank: Informationen von über 800.000 Menschen zum Kaffeekonsum
  • Finngen-Konsortium (Finnland): Genetische und medizinische Daten von über 300.000 Menschen – darunter über 7500 Fälle von trockener AMD

Der Konsum wurde neben generellem Kaffeekonsum in drei Kaffevarianten unterteilt:

  • Gesamtkonsum
  • Entkoffeinierter Kaffee
  • Gemahlener Kaffee
  • Instantkaffee (löslicher Kaffee)

Mit drei genetisch-epidemiologischen Methoden wurde geprüft, ob ein Zusammenhang mit AMD besteht:

  • LDSC: Testet, ob es eine genetische Überschneidung zwischen zwei Eigenschaften gibt – hier z. B. zwischen „Kaffeekonsum“ und „AMD“.
  • Mendelsche Randomisierung: Prüft, ob Menschen mit genetischer Veranlagung zu höherem Konsum auch häufiger AMD entwickeln – was für eine mögliche kausale Wirkung spricht.
  • Kolokalisation: Analysiert, ob die genetischen Ursachen beider Eigenschaften im selben Abschnitt des Erbguts liegen.

Zentrale Ergebnisse der Studie

Nur Instantkaffee zeigt einen klaren Risikozusammenhang

Die Auswertung zeigte, dass ausschließlich löslicher Kaffee signifikant mit einem erhöhten Risiko für trockene AMD verbunden war. Personen mit einer genetischen Veranlagung zu höherem Instantkaffekonsum wiesen eine Odds Ratio (OR) von 6,92 für das Auftreten von trockener AMD auf – eine deutliche Korrelation, die auch nach statistischer Korrektur Bestand hatte. Dies könnte bedeuten, dass sie ein um das 6,92-fache erhöhtes Risiko für diese Augenerkrankung haben.

Kein erhöhtes Risiko bei Filter- oder entkoffeiniertem Kaffee

Andere Kaffeevarianten, darunter entkoffeinierter Kaffee, gemahlener Filterkaffee oder der allgemeine Kaffeekonsum, zeigten keinen vergleichbaren Zusammenhang. Auch bei Menschen mit hoher genetischer Neigung zu diesen Varianten konnte kein statistisch signifikanter Effekt auf das AMD-Risiko festgestellt werden – ebenso wenig wie bei der feuchten AMD, der selteneren, aber aggressiveren Verlaufsform.

Keine gemeinsamen Gene für Kaffee und AMD

Ein weiterer Teil der Analyse – die sogenannte Kolokalisation – prüfte, ob dieselben Gene sowohl den Kaffeekonsum als auch die AMD-Erkrankung beeinflussen. Ergebnis: Kein gemeinsamer genetischer Ursprung konnte nachgewiesen werden. Das spricht dafür, dass der beobachtete Zusammenhang nicht durch ein einzelnes „Risikogen“ erklärbar ist, sondern vermutlich ein komplexes Zusammenspiel aus genetischer Veranlagung, Umweltfaktoren und biologischen Prozessen (wie Entzündungen oder oxidativem Stress) dahintersteht.

Warum gerade Instantkaffee? Was macht ihn anders?

Die Forschenden vermuten, dass der Unterschied in der Herstellung liegt: Löslicher Kaffee wird bei sehr hohen Temperaturen verarbeitet und enthält dadurch potenziell mehr Schadstoffe wie:

  • Acrylamid: Entsteht bei starker Röstung und gilt als möglicherweise krebserregend.
  • AGEs (Advanced Glycation Endproducts): Zucker-Eiweiß-Verbindungen, die Entzündungsprozesse und oxidativen Stress fördern – beides spielt eine Rolle bei der Schädigung der Netzhaut.

Diese Stoffe wurden in der Studie nicht direkt gemessen, gelten aber in der Forschung als plausible Erklärung für den beobachteten Effekt.

Für wen sind die Ergebnisse wichtig?

Die Ergebnisse sprechen nicht gegen Kaffee an sich – sondern gegen Instantkaffee als spezielle Form. Relevante Zielgruppen könnten sein:

  • Menschen mit bekannter familiärer Vorbelastung für AMD
  • Personen über 60 Jahren – denn das AMD-Risiko steigt mit dem Alter
  • Menschen mit hohem Instantkaffeekonsum über viele Jahre hinweg

Für diese Gruppen kann es sinnvoll sein, den eigenen Kaffeekonsum bewusster zu gestalten und auf andere Zubereitungsformen umzusteigen.

Einschränkungen der Studie

Nur europäische Daten berücksichtigt

Die Studie basiert ausschließlich auf genetischen und medizinischen Daten von Menschen europäischer Herkunft. Ob sich die Ergebnisse auch auf andere Bevölkerungsgruppen übertragen lassen – etwa asiatische oder afrikanische Herkunft – bleibt unklar. Für eine allgemeingültige Aussage wären künftig ethnisch breiter aufgestellte Studien nötig.

Genetisch vorhergesagter Konsum – keine echten Trinkmengen

Die Forschenden nutzten sogenannte genetische Instrumente, um vorherzusagen, wie viel Kaffee eine Person aufgrund ihrer Gene voraussichtlich konsumiert. Das ist gängige Praxis in der Mendelschen Randomisierung – ersetzt aber keine tatsächlichen Verbrauchsdaten. Wie viel Kaffee wirklich getrunken wurde, lässt sich daraus nicht ableiten. Aussagen wie „ab drei Tassen pro Tag steigt das Risiko“ sind deshalb nicht möglich.

Kaffeeinhaltsstoffe nicht direkt gemessen

Die Studie untersucht nicht den Kaffee selbst, sondern genetische Zusammenhänge. Chemische Stoffe wie Acrylamid oder AGEs, die bei der Herstellung von Instantkaffee entstehen können, wurden nicht direkt analysiert. Die Vermutung, dass diese Verbindungen am erhöhten Risiko beteiligt sein könnten, stammt aus anderen wissenschaftlichen Arbeiten.

Zubereitungsarten nur grob erfasst

Die Unterscheidung zwischen Kaffeearten beschränkte sich auf vier grobe Kategorien: Löslicher Kaffe, entkoffeinierter Kaffee, gemahlener Kaffee und Gesamtkonsum. Unterschiede im Röstgrad, in der Zubereitung (z. B. French Press, Siebträger), Zusatzstoffe oder Trinkgewohnheiten (z. B. mit Zucker oder Milch) wurden nicht erfasst.

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Fazit

Die neue Studie zeigt: Nicht alle Kaffeearten sind gesundheitlich gleich zu bewerten. Während gemahlener und entkoffeinierter Kaffee in der Analyse unauffällig blieben, war Instantkaffee klar mit einem erhöhten Risiko für trockene Makuladegeneration verbunden – einer der häufigsten Ursachen für starke Sehbehinderung im Alter.

Für Menschen mit erhöhtem Risiko lohnt sich eine bewusste Auseinandersetzung mit dem eigenen Kaffeekonsum – und möglicherweise der Umstieg auf eine schonendere Variante. Die Forschung liefert damit einen wichtigen Beitrag zu einer differenzierten Bewertung von Alltagsgewohnheiten – und zur personalisierten Prävention.

Quellen

  1. Ding, M., Bhupathiraju, SN., Satija, A. et al. (2014). Long-term coffee consumption and risk of cardiovascular disease: a systematic review and a dose-response meta-analysis of prospective cohort studies. Circulation. ↩︎
  2. Qi, Jia., Zhijian, Zha., Si, Li. et al. (2025). Genetic Correlation and Mendelian Randomization Analyses Support Causal Relationships Between Instant Coffee and Age-Related Macular Degeneration. Food Science & Nutrition. ↩︎
  3. Gesundheitsinformation.de. Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) (aufgerufen am 23.6.2025) ↩︎
  4. Chiu, C.J., Chang, M.L., L,i T. et al. (2017). Visualization of Dietary Patterns and Their Associations With Age-Related Macular Degeneration. Invest Ophthalmol Vis Sci. ↩︎
  5. Song, J.W., Chung, K.C. (2010). Observational studies: cohort and case-control studies. Plast Reconstr Surg. ↩︎
  6. Vassy, J.L, Ho, Y.L, Honerlaw, J. et al. (2018). Yield and bias in defining a cohort study baseline from electronic health record data. J Biomed Inform. ↩︎

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