Sein Nasenbeinbruch ist bestätigt und bereits operiert worden. Sebastian Rudy (25) wird Jogis Jungs beim letzten Gruppenspiel zwischen Deutschland und Südkorea fehlen, für ein mögliches Achtelfinale könnte der Mittelfeldspieler aber wieder zur Verfügung stehen. FITBOOK fragte beim Experten nach, ob und gegebenenfalls inwieweit eine Carbonmaske die Gefahren beim Kontaktsport reduzieren kann.
Ähnlich tief in unser Gedächtnis eingebrannt wie das bis zur 95. (!) Spielminute ersehnte zweite deutsche Tor, hat sich der heftige Zusammenstoß zwischen Sebastian Rudys Nase und dem harten Stollenschuh seines schwedischen Gegners Ola Toivonen (31) – genauer gesagt: der blutige Anblick des Mittelfeldspielers.
Trainer Joachim Löw (58) hatte es direkt vermutet und Recht behalten: Rudy erlitt einen Nasenbeinbruch. Dieser zog eine „leichte OP“ nach sich, wie Teammanager Manager Oliver Bierhoff (50) den Eingriff der ARD beschrieb. Und ergänzte: „Wir arbeiten daran“, dass Rudy am Mittwoch (16 Uhr im ZDF und BILD-Liveticker). auf dem Platz stehen kann. Das hat leider nicht geklappt, wie Jogi Löw am Dienstag auf einer Pressekonferenz bestätigte: „Rudy wird nicht spielen können. Das Nasenbein ist mehrfach gebrochen, er hatte für kurze Zeit eine Vollnarkose, bekam zwei Tage kaum Luft.“
Carbonmaske sollen beim Kontaktsport schützen
Falls Sebastian Rudy bei der WM noch mal zum Einsatz kommt, dann mit einer Carbonmaske, wie man sie in den vergangenen Jahren bereits an etlichen anderen Fußballern gesehen hat, darunter Dortmunds André Schürrle (27), ebenso wie die Ex-Nationalspieler Michael Ballack (50) und Simon Rolfes (36). Und auch in anderen Kontaktsportarten sollen die Gesichtsmasken vor Sekundärverletzungen schützen können.

So funktionieren Carbonmasken
Das Sanitätshaus Bockholt in Gütersloh hat sich auf die Anfertigung von Gesichtsmasken aus Carbon spezialisiert. Hauptabnehmer sind Fußballspieler in unteren Ligen, berichtet Inhaber Thorsten Bockholdt im Gespräch mit FITBOOK. Ihr Zweck sei es vor allem, die verletzten Gesichtspartien zu schützen, wenn es zu einem „Gerangel im Strafraum“ kommt, sprich zu einer ähnlichen Situation, wie sie sich gegen Schweden ereignet hat. Laut Einschätzung des Fachmanns würde eine Carbonmaske Sebastian Rudys Nase beim Spiel am Mittwoch zuverlässig schützen.
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Die Maske wird anhand eines Gipsabdrucks individuell auf die Gesichtsform ihres Trägers angepasst. Dieser kann vor Ort, also im Sanitätshaus, genommen werden oder zu Hause durch den Verletzten selbst. Zu diesem Zweck schickt die Firma Bockholt ein Maßnahme-Set an den Kunden, das Gips und eine Gebrauchsanleitung enthält, „außerdem etwas Creme zum Auftragen auf die Wimpern, damit sie nicht am Gips festkleben.“ Bockholt erklärt, dass um den empfindlichen Bereich der Nase herum ein Freiraum geschaffen wird. Die Maske liegt somit vollflächig auf Stirn und Wangen auf. An diesen Stellen wird die Wucht eines etwaigen Balls oder Schlags abgefangen und zuverlässig von der Nase abgeleitet. Die Kosten für die Anfertigung liegen bei etwa 400 Euro und werden im Regelfall vom Spieler, beziehungsweise dessen Verein oder Sponsoren getragen.
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Die Masken sind nicht absolut sicher
„Carbon ist das beste Material, das man verwenden kann“, bestätigt uns Dr. med. Schettle, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie bei Marianowicz Medizin in München. Es sei besonders leicht, weshalb eine Carbonmaske keine 100 Gramm wiege, und biete dabei extrem hohe Stabilität. Deshalb komme der bewährte Kohlenstoff auch in den Chassis von Formel-1-Fahrzeugen zum Einsatz.
Sebastian Rudy ist erst am Sonntag operiert worden, also drei Tage vor dem nächsten Anpfiff für die deutsche Mannschaft. Die Verletzung kann laut Dr. Schettle zu diesem Zeitpunkt nicht abgeheilt sein. Bei Normalsterblichen sollte jegliche Form von (kontakt-)sportlicher Aktivität daher jetzt noch nicht in Frage kommen. Bei Leistungssportlern sei die Risikobereitschaft – vor allem vor dem Hintergrund eines so wichtigen Wettkampfs – natürlich größer.
Sofern der Mittelfeldspieler nichts auf die Nase bekommt, sei Rudys Teilnahme an weiteren WM-Spielen relativ unbedenklich. „Es ist davon auszugehen, dass sein Knochenbruch gut versorgt und stabilisiert wurde. Da machen etwaige Erschütterungen ihm nichts aus“, so Dr. Schettle. Er räumt ein, dass fachkundig hergestellte Gesichtsmasken fest sitzen. Dennoch bleibe ein Restrisiko. Wenn ein sehr schneller Ball darauf trifft, „ist es nicht unmöglich, dass die Maske durch Krafteinwirkung verrutscht.“
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Stört die Maske beim Spiel?
Ex-Bundesligaprofi Tobias Rathgeb (36), ehemaliger Mittelfeldspieler unter anderem beim VfB Stuttgart und Hansa Rostock, brach sich in seiner Karriere sieben (!) Mal die Nase. Er ist daher Experte auf dem Gebiet. „Zwei Tage nach der OP kann man wieder trainieren. Natürlich nur mit Maske. Um sich an die zu gewöhnen, braucht man etwa zwei, drei Einheiten. Störend kann am Anfang ein schwarzer Balken im Sichtfeld sein,“ erklärte er erklärte im BILD-Interview. Mit der Maske könne man auch kurz nach der Operation angstfrei in den Zweikampf gehen. „Die Nase ist selbst bei Luft-Duellen geschützt“, sagt Rathgeb.