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Schummeltag beim Essen

Cheat Day – Erklärung, Wirkung auf den Stoffwechsel und Expertenmeinung

Cheat Day
Genüsslich in einen Burger beißen, dazu vielleicht Pommes: Am Cheat Day wäre das auf jeden Fall erlaubt Foto: Getty Images
Laura Pomer
Laura Pomer

03.04.2021, 17:55 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Immer mehr Menschen erklären den Samstag oder Sonntag zum Cheat Day. Er ist die Ausnahme in der von strengen Ernährungsregeln geprägten Woche. Am Cheat Day (z.Dt. „Schummeltag“) heißt es Kohlenhydrate und Zuckerhaltiges satt, ganz ohne schlechtes Gewissen. Klingt nach Völlerei? Ist es in vielen Fällen auch. Trotzdem soll das Sündigen dem Trainingserfolg und einem schlanken, definierten Körper dienen. FITBOOK erklärt, was dahintersteckt.

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Der Begriff Cheat Day ist zum geflügelten Wort geworden. Insbesondere ambitionierte Sportler setzen für einen durchtrainierten Körper auf den Fresstag, in ihren Kreisen auch Load Day („Ladetag“) genannt. Wieso figurbewusste Menschen einmal pro Woche bewusst über die Stränge schlagen, und darauf schwören, dieser Routine sogar ihren attraktiven Körper zu verdanken, ist nicht für jeden nachvollziehbar. Erstaunlich: Das funktioniert wirklich!

Wie ernähren sich Menschen, die 1x pro Woche cheaten?

Menschen, die einmal pro Woche einen Cheat Day einlegen, verfolgen in der Regel an den anderen sechs Tagen eine kohlenhydratarme Diät, oder verzichten komplett auf diese Energiequellen. Nudeln, (Weizen-)Backwaren, Reis und vergleichbare Sättigungsbeilagen kommen gar nicht oder höchstens in Maßen auf den Tisch. Süßes und sogar Obst – aufgrund des hohen Fruchtzuckergehalts – wird streng gemieden. Als Beilage zu Proteinlieferanten wie Fleisch, Tofu oder Fisch sind nur kalorienarmer Salat oder gedünstetes Gemüse erlaubt, jedoch keine kohlenhydratreiche Vertreter wie Kartoffeln, rote Paprika oder Karotten.

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Wirkung auf den Stoffwechsel

Diese Low-Carb-Diät in Kombination mit regelmäßigem Training lässt die Pfunde purzeln. Das bestätigt Sven-David Müller, Medizinjournalist und Ernährungswissenschaftler, im FITBOOK-Interview. „Die Energie, die der Körper für sportliche Leistungen benötigt, kommt normalerweise aus der Glukose“, also dem Blutzucker, erklärt der Experte. Diese bezieht der Organismus normalerweise aus den mit der Ernährung aufgenommenen Kohlenhydraten – also dem Makronährstoff, den „Cheater“ unter der Woche bewusst weglassen. „Die Zellen müssen sich deshalb alternative Quellen suchen. Langfristig stellt der Körper seine Stoffwechselprozesse um.“ Ernährungsexperten und Kraftsportler nennen diesen Prozess Ketose, den sogenannten „Hungerstoffwechsel“, der dazu führt, dass die benötigte Energie aus dem Fett im Körper gewonnen wird. Die Folge? „Man nimmt ab!“

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Wozu braucht man den Cheat Day?

Der Cheat Day – davon sind seine Anhänger überzeugt – füllt die Energiespeicher wieder auf. Er soll wie eine Art Kickstarter funktionieren und den Körper quasi daran erinnern, wie er mit Kohlenhydraten umzugehen hat: sie helfen ihm dabei, mehr Muskeln aufzubauen. Kraftsportler, die über Jahre hinweg in der ketogenen Phase trainieren, sind Beweis für den Effekt. Viele von ihnen essen am Ladetag extreme Mengen an Süßem und fettreichem Fast Food und können ihren Muskeln förmlich beim Wachsen zusehen. Einigen hilft der Cheat Day auf psychologischer Ebene: Durch die Vorfreude auf den Schlemmtag gelingt es ihnen, die Diät an den anderen sechs Tagen durchzuhalten. Eine Studie von Dr. Paul Arciero (Skidmore College) belegte zudem, dass die Mehrzahl der Probanden nach und nach die Lust am exzessiven Fressen am Cheat Day verlor, da sich durch die Umstellung auf die bewusste Ernährung das Verlangen nach Junk Food und Süßigkeiten verminderte.

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Expertenmeinung zum Cheat Day

Diplom-Sportwissenschaftler und Personal Coach Felix Klemme arbeitet seit zehn Jahren als (Abnehm-)Coach mit Übergewichtigen zusammen und hat immer wieder festgestellt, dass vernünftige Ernährungsumstellungen die meisten Menschen kaum begeistern können. „Sie wollen Extreme“, so seine Erfahrung. Der Fitness-Experte hält wenig vom Konzept des Cheat Days, da er findet, dass die meisten es dabei extrem übertreiben: „Sie fressen allen möglichen Schrott, der ihren Körper belastet!“ Dabei könne man es auch vernünftig machen. Um herauszufinden, ob man es am Cheat Day übertreibt, empfiehlt Klemme, die Cheat-Day-Ration gedanklich einmal auf sieben Tage aufzuteilen, insbesondere die Süßigkeiten. Kommt dabei so viel zusammen, dass man die Ernährung der gesamten Woche kaum noch als bewusst bezeichnen kann, sei das Cheat-Day-Gelage schlichtweg ungesund und erhöht die Gefahr auf Diabetes.

Folgen der Überlastung mit Fetten, Kohlenhydrate und Zucker

Noch eine Spur kritischer sieht Prof. Hans Hauner vom Institut für Ernährungsmedizin am Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München den einen Tag in der Woche, an dem in Sachen Ernährung einfach alles erlaubt ist. Die Überlastung mit Fetten, Kohlenhydraten und Zucker könne den Blutzuckerspiegel stark ansteigen lassen, so Hauner. Zur Verdauung müsse viel Blut in den Verdauungstrakt gelenkt werden, das dann an anderer Stelle fehlt. „Das führt dazu, dass wir uns matt und nicht leistungsfähig fühlen“, sagt Hauner. Auch könne es zu Verstopfungen kommen. Er rät vor allem Übergewichtigen und Menschen mit Diabetes oder Stoffwechselerkrankungen von dem „Fresstag“ ab.

Folgen fleisch- und fettlastiger Ernährung

Verschiedene Schauspieler – darunter „Bridget Jones“-Darstellerin Renée Zellweger (48) – haben das Low-Carb-Prinzip bereits angewandt, um für oder nach einer Filmrolle wieder abzunehmen. Der Ernährungswissenschaftler Robert Atkins († 72) machte diese Form der Diät Ende der 90er-Jahre populär. Selbst ohne den Cheat Day rieten bereits damals Experten, das extrem fleisch- und fettlastige Essverhalten höchstens über einen kurzen Zeitraum und auf jeden Fall unter ärztlicher Kontrolle durchzuziehen. Es soll die Gefahr bestehen, dass es zu Ablagerungen an den Gefäßen und in der Folge zu einem Schlaganfall oder Herzinfarkt führt. Ein weiterer Nachteil: die Harnsäureproduktion im Körper, die durch den Konsum von (insbesondere rotem) Fleisch steigt und das Risiko auf Gicht steigern soll. Zudem ist auch der globale Ressourcenverbrauch durch die Viehaufzucht ein Faktor, der in die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) miteinfließt, „maximal 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche“ zu verzehren.

Noch ein Problem: Im Sinne der kohlenhydratfreien Diät sind an sechs Tagen der Woche Obst und verschiedenes Gemüsesorten tabu. Und diese werden am Cheat Day, an dem die richtig fiesen Leckereien erlaubt sind, meist nicht nachgeholt. Die ketogene Ernährung ist entsprechend eine besonders vitamin- und mineralstoffarme.

„Cheat Day light“

Sport-Enthusiast Klemme cheatet selbst auch – allerdings nicht mit vier Portionen Junk Food, süßem Gebäck und dutzenden Schokolriegeln für zwischendurch. „An meinem Cheat Day frühstücke ich beispielsweise ein Brötchen mit Marmelade und ein Croissant, esse nach dem Lunch vielleicht ein Stück Brownie und abends zum Dessert ein paar Stücke Schokolade.“ Auch hier habe er kalorien- und zuckertechnisch gesündigt, jedoch in Maßen.

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Fazit

Die ketogene Diät mag funktionieren, ist aber dauerhaft kein guter Plan. Die Idee, sich in geregelten Abständen etwas zu gönnen, ist aber grundsätzlich gut, da sie zu mehr Bewusstsein über die Ernährung führt. Man sollte aber darauf achten, dass aus Naschen keine Völlerei wird.

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