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Müller-Trimbusch und Wingertszahn über Sicherheit in Gyms

McFit-Chefs: „Es gibt ein oder zwei Studios in Deutschland, die wirklich schwierig sind“

McFit-Fitnessstudio
Die Chefs der RSG Group, Dr. Jobst Müller-Trimbusch und Hagen Wingertszahn, wollen McFit einen Relaunch verpassen Foto: picture alliance/dpa | Christoph Reichwein

28.12.2023, 11:06 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Nach dem tragischen Tod von McFit-Gründer Rainer Schaller bei einem Flugzeugunglück im Oktober 2021 übernahmen Dr. Jobst Müller-Trimbusch (53) und Hagen Wingertszahn (53) die Führung eines der weltgrößten Fitness-Unternehmen. Nach einem Jahr an der Spitze ziehen die beiden CEOs im FITBOOK-Interview eine erste Bilanz und erklären, warum sie sich zukünftig stärker auf McFit konzentrieren wollen und der Frauen-Anteil in den Studios auch ein Sicherheitsfaktor ist.

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Mit McFit, John Reed und Gold’s Gym ist die RSG Group ein Global Player in der Fitnessbranche. Das Unternehmen ist mit rund 900 Studios in mehr als 30 Ländern vertreten. Ein Erfolg, den die RSG Group maßgeblich ihrem Gründer Rainer Schaller und seinen visionären Ideen zu verdanken hat. Nach seinem Tod stehen mit Dr. Müller-Trimbusch und Hagen Wingertszahn nun zwei Manager an der Spitze der Company, die ihren Auftrag primär in der Fokussierung auf die Kernmarke McFit sehen. Die Fitnessstudio-Kette wollen sie einem umfangreichen Relaunch unterziehen. Im Interview mit FITBOOK erklären die McFit-Chefs, was geplant ist und warum sie mehr für Frauen machen.

FITBOOK: Fast genau ein Jahr ist es her, dass Sie beide nach dem plötzlichen Tod des Gründers Rainer Schaller als Doppelspitze die Geschäfte der RSG Group übernommen haben. Welche Bilanz ziehen Sie?
Dr. Jobst Müller-Trimbusch: „Die Zeit ist geflogen. Das ist natürlich häufig so in Situationen, in denen man wirklich viel zu verarbeiten hat und viel auf dem Tisch liegen hat. Insgesamt ziehen wir eine positive Bilanz. Wir haben zwar nicht alles geschafft, aber eine ganze Menge. Was bleibt, ist der Umgang mit dem tragischen Unfall. Die Wunde wird immer bleiben. Rainer saß zwei Plätze neben mir. Der Platz ist immer noch leer, und natürlich werde ich dadurch auch immer wieder daran erinnert. Aber man kommt auch wieder in die normale Routine des Alltags.“

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Diese Routine ist noch immer eine Herausforderung, nicht zuletzt auch wegen der Corona-Nachwehen. Mit schwarzen Zahlen plant die RSG Group erst 2025 wieder. Haben Sie dafür die richtigen Maßnahmen eingeleitet?
Müller-Trimbusch: „Davon sind wir weiterhin überzeugt. Corona hat zwar noch immer einen verlagerten Effekt auf das Kerngeschäft, aber was wir im vergangenen Jahr angefasst haben, war weniger die Bewältigung der Pandemie, sondern vielmehr die Neuausrichtung, sprich die Fokussierung auf die Geschäftsfelder, von denen wir mit den Eigentümern überzeugt sind, dass sie am zukunftsträchtigsten sind. Damit einher geht dann auch, dass Bereiche, die nicht in diese Kern-Kategorie fallen, zurückgefahren oder sogar auch stillgelegt werden.“

Wie zum Beispiel das Modelabel „Marcell von Berlin“ …
Müller-Trimbusch: „Das war sehr weit weg von unserem Kerngeschäft.“

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McFit-Chefs: „Die Niederlande ist ein schwieriger Markt für uns“

Was sind die Pläne für den Fitnessbereich?
Müller-Trimbusch: „Da schauen wir uns sehr genau an, in welchen Segmenten und Märkten wir in Zukunft expandieren wollen. Wenn wir dann uns dann aus strategischen Gründen gegen einen Markt entscheiden, muss man sich konsequenterweise auch fragen: Was macht man dann damit? Das betrifft sowohl Länder, in denen wir mit nur einem Studio vertreten sind, aber solche, in denen wir eine relevante Größe haben.“

Welche Länder genau stehen auf dem Prüfstand?
Müller-Trimbusch: „Die Niederlande ist ein schwieriger Markt für uns. Spanien hat sich als herausfordernder herausgestellt als ursprünglich geplant, was auch an den Marktumständen lag und weniger am eigentlichen Fitnessgeschäft.“

Das Spanien-Geschäft könnte also komplett verkauft werden …
Müller-Trimbusch: „Das Zinsniveau ist gestiegen, es besteht Unsicherheit auch aufgrund der inflationären Tendenzen. In solchen Zeiten sind Finanzinvestoren dann immer relativ zurückhaltend. Aber wir sind weiterhin in Gesprächen, teils auch schon in fortgeschrittenen.“

Hagen Wingertszahn (2. v. l.) und Dr. Jobst Müller-Trimbusch (2. v. r.) mit FITBOOK-Redaktionsleiterin Melanie Hoffmann und Chefredakteur Nuno Alves
Hagen Wingertszahn (2. v. l.) und Dr. Jobst Müller-Trimbusch (2. v. r.) mit FITBOOK-Redaktionsleiterin Melanie Hoffmann und Chefredakteur Nuno Alves Foto: FITBOOK

Bei welcher Ihrer Entscheidungen hätte Rainer Schaller stark diskutiert?
Hagen Wingertszahn: „Bei allen (lacht). Rainer Schaller war ein sehr hedonistisch geprägter Mensch, der gesagt hat: ‚Ich mache bis zu einem gewissen Punkt das, was mir Spaß macht, und schaue erst im zweiten Step, was es mir finanziell bringt.‘ Nehmen wir mal die Marke John Reed. Wir haben jeweils einen Club in London, Rotterdam, Istanbul. Rainer war bewusst, dass er damit erst mal gar nicht viel verdienen würde, aber es ging ihm um das Brand Building. Er hat sich das Soho House als Vorbild genommen und wollte aus John Reed eine internationale Marke machen, die dann Abstrahleffekte auf die globale Brand der RSG Group haben würde.“

Und damit hatte er durchaus Erfolg …
Wingertszahn: „Rainer hat gemerkt, dass die Kernmarke McFit vielleicht etwas in die Jahre gekommen ist und wollte sich mit einer weiteren Fitnessmarke diversifizierter und zukunftsträchtiger aufstellen. Gleichzeitig ist McFit nach wie vor unsere absolut stärkste Marke im Markt. Rainer konnte all das mit seiner Erfahrung im Fitnessbereich jonglieren. Die neuen Eigentümer und der Beirat haben eine stärkere ökonomische Perspektive. Da geht es auch um Rendite. Damit hat die Fokussierung auf die Kernmarken McFit sowie John Reed und die Kernländer Deutschland und Österreich oberste Priorität. Das ist in der Situation, in der wir sind – Post-Covid, Restrukturierung, neue Setting – der richtige Ansatz. Rainer hätte das sicherlich diskutiert, um es mal vorsichtig auszudrücken.“

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»Einen Wellnessbereich wird es im McFit sicherlich nicht geben

Wie sieht diese Fokussierung konkret aus?
Wingertszahn: „Erst mal tut man sich natürlich viel leichter in Ländern, wo man muttersprachlich unterwegs ist. Und in Deutschland ist lange nichts passiert. Das werden wir jetzt ändern. Wir fokussieren uns dabei aber auch auf unsere Bestandsstudios, die wir optimieren und revitalisieren – um dann auch mit einem neuen Look & Feel an den Start zu gehen.“

Sie planen mit McFit einen umfangreichen Relaunch. Kommt nach den Duschen bald auch ein Wellnessbereich?
Müller-Trimbusch: „Den wird es sicherlich nicht geben. Wir werden mit McFit auch in Zukunft nicht in den Premiumbereich gehen. Im Wesentlichen geht es darum, dass wir die Studios auf den neuesten Stand bringen und modernisieren. Schließlich haben wir manche im Portfolio, die mehr als 20 Jahre alt sind. Die würde man heute anders bauen. Und genau das machen wir jetzt eben.“

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McFit in Wien
Das McFIT Vio Plaza in Wien wurde im Dezember eröffnet und zeigt bereits ein neues Look & Feel Foto: RSG Group

„Wir müssen und wollen generell mehr für Frauen machen“

Schaut man sich die Mitglieder im McFit an, so sind das vorwiegend Männer. Wollen Sie nicht auch mehr Frauen in den Studios?
Wingertszahn: „Man muss sich zunächst einmal anschauen, wo wir herkommen. McFit war in der Vergangenheit eine klassische Trainingshalle für alle, bot aber keine Kurse an. Damit hat man bereits eine klare Ausrichtung. 2010 war die Verteilung ungefähr 70 Prozent Männer, 30 Prozent Frauen. 2016 und 2017 haben wir dann entschieden, dass wir neben den digitalen Formaten auch Live-Kurse anbieten wollen. Das hatte bereits einen spürbaren Effekt – gerade auf weibliche Kunden. Allerdings gehört das Kurs-Format nicht zu unserer McFit-DNA. Aber wir müssen und wollen generell mehr für Frauen machen.“

Bislang sind die Frauen-Ecken in den Studios noch winzig …
Wingertszahn: „Das werden wir ändern. Wie genau, das wird sich in der Ausgestaltung der nächsten McFits konkreter zeigen. Aber es wird eine klar größere Ausrichtung in Richtung Frauen geben. Bei John Reed machen wir das aktuell schon mit Kurs-Formaten wie Reformer-Pilates, sehr großen Frauenbereichen zwischen 150 und 200 Quadratmetern und Personal-Trainings-Angeboten. So haben wir in einigen Studios bereits ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern erreicht. Bei McFit wird das aber noch ein längerer Weg, da auch nicht alle Studios die räumlichen Möglichkeiten bieten. Ein neues Look & Feel und Ambiente zu ermöglichen – das werden wir als Erstes schon umsetzen. Und dazu gehören natürlich auch Frauenbereiche, die etwas exponierter sind und bei den Geräten mehr die weibliche Zielgruppe fokussiert.“

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Gibt es nicht mehr Ideen als eine separate Ecke, um Frauen in die Studios zu locken?
Wingertszahn: „Man kann das gerade auch über veränderte Umgebungsparameter erreichen. Wir machen das, indem wir die Anzahl an Geräten erhöhen, an denen Frauen gern trainieren, also zum Beispiel Multipressen, Hip-Thrust-Maschinen oder Power Racks. Es gibt Frauen, die wollen in das Gym integriert trainieren, aber eben auch viele, die einen separaten Bereich bevorzugen. Wir möchten gern beides ermöglichen. Ein weiterer wichtiger Punkt sind auch gut ausgestattete Umkleidekabinen. Auch hier werden wir einen wesentlichen Schwerpunkt bei der Modernisierung legen.“

Das Personal ist sicher auch ein wichtiger Faktor, um weibliche Mitglieder zu gewinnen …
Wingertszahn: „Mitarbeiter spiegeln Mitglieder wider. Wir wollen bei unserem Pool der Trainer und Trainerinnen deutlicher weiblicher werden. Aber es ist derzeit generell eine Herausforderung, qualifiziertes Personal zu finden, die im Trainingsbereich auch im McFit arbeiten wollen, können und dürfen – im Speziellen auch weibliches.“

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So soll die Sicherheit in den Studios verbessert werden

Für Frauen spielt das Thema Sicherheit auch eine wichtige Rolle, und einige Studios befinden sich in Gegenden, die als Problembezirke gelten. Gibt es dort besondere Konzepte?
Wingertszahn: „Es gibt hier ein Paradox. Wer ist die Person unter unseren Mitarbeiter, die auf der Trainingsfläche die größte Autorität ausstrahlt? Es ist nicht der Zwei-Meter-Trainer mit den dicksten Muskeln, sondern meistens eine Frau, die etwas couragiert und tough auftritt. Da haben auch die schweren Jungs Respekt und sind höflich. Heißt also: Den Frauenanteil innerhalb der Mitarbeiterschaft zu erhöhen, ist ein erheblicher Faktor, um auch das Thema Sicherheit zu verbessern.“

Aber das funktioniert sicher nicht überall …
Wingertszahn: „Es gibt ein oder zwei Studios in Deutschland, die wirklich schwierig sind. Dazu zählt zum Beispiel Berlin-Neukölln, wo wir die ganze Zeit Security vor Ort haben. Da haben wir dann nachts auch ein Problem mit Vandalismus, weshalb das Studio nicht mehr rund um die Uhr, sondern nur noch bis Mitternacht geöffnet ist. Ein wichtiger Faktor, um das Thema Sicherheit zu verbessern, ist es – wie gesagt –, den weiblichen Anteil bei den Mitarbeitern zu erhöhen. Das hat den effektivsten Abstrahleffekt.“

Wie beugen Sie in den Studios möglicher Belästigung vor?
Wingertszahn:
„Wir nehmen das Thema sehr ernst. In manchen Studios sind die Frauenbereiche auch nur über Frauenumkleiden erreichbar, was bereits hilft. Dennoch bleibt es schwierig. Frauen signalisieren es nicht immer so, dass es ein Trainer bemerkt und eingreift. Aber unsere Mitarbeiter sind dahingehend geschult, auf mögliche Belästigungssituationen zu achten. Und auch hier sind Frauen als Mitarbeiterinnen besser sensibilisiert. Wenn solche Situation erkannt werden, handeln wir auch entsprechend: Dann werden umgehend Hausverbote und Kündigungen ausgesprochen.“

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