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Mit einem Video wurde sie über Nacht berühmt

Jam-Skaterin Oumi Janta: „Ich hoffe, ich kann andere schwarze Frauen inspirieren“

Oumi Janta beim Jam-Skating
Oumi Janta beim Jam-Skating Foto: Vadim Photography
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FITBOOK Redaktion

04.10.2020, 09:42 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Oumi Janta wurde quasi über Nacht berühmt: Durch ein Video, das sie bei ihrem größten Hobby zeigt, dem Jam-Skaten. Wie veränderte der plötzliche Erfolg ihr Leben? Und was will sie mit der neu gewonnenen Reichweite anstellen? Das verriet sie im Interview.

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Als Oumi Janta auf das Tempelhofer Feld rollt, drehen sich die Köpfe. Manche kennen sie persönlich, viele von Instagram – denn dort, auf ihrem Account @oumi_janta, hat die Jam-Skaterin fast eine Million Follower! Schon seit 2017 postet die Berlinerin regelmäßig Videos von sich beim Jam-Skating.

Jam-Skating ist ein Stil, bei dem die Skater*innen auf Rollschuhen tanzen, gymnastische Verrenkungen oder sogar Tricks aus dem Breakdance machen. Dass Jam-Skating gerade einen wahren Hype erlebt, verdankt der Sport zum großen Teil Oumi Janta. Denn seit sie dieses Video gepostet hat, ist nichts mehr, wie es vorher war.

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Weltstars wie Alicia Keys teilten den Clip: Und plötzlich war Oumi Janta selbst ein Star. Wie das ihr Leben verändert hat und was sie mit ihrer neuen Reichweite anstellen will, hat sie im Interview erzählt.

Wie alt sie ist, möchte Oumi Janta übrigens nicht verraten – aus einem einfachen Grund: „Ich will als Frau nicht auch noch auf mein Alter reduziert werden. Ich finde, es sagt nichts aus, und deshalb gebe ich es gar nicht erst preis.“

Du bist auf Jam-Skating aufmerksam geworden, als du in einer Rollschuh-Disko warst – warum hast damit nicht mehr aufgehört?
Oumi Janta: „Bei mir war es diese Kombination aus Sport und Spaß. Man muss sich aber auch trauen, sich zu zeigen – wie in der Disko. Auch da schauen dich Leute an, und du musst dich trotzdem gehen lassen. Das fällt mir mit Rollschuhen leichter. Und die Jam-Skate-Community ist einfach großartig! Man skatet mit Jüngeren, Älteren, mit Menschen jeden Geschlechts – just souls dancing together, sage ich immer.“

Sind es wirklich ganz verschiedene Menschen, die sich von dem Sport angezogen fühlen? Oder sind es ingesamt eher junge, hippe Berlinerinnen wie du?
Oumi Janta:
„Ganz ehrlich: wirklich jeder. Wir haben auch Anwälte, die von neun bis fünf im Anzug mit Klienten reden und sich danach in Rollschuhe schmeißen.“

Hast du vorher schon getanzt?
Oumi Janta:
„Ich habe nie Tanzunterricht genommen, aber ich habe es im Blut. Tanzen war schon immer ein selbstverständlicher Teil in meinem Familienalltag. Meine Familie kommt aus dem Senegal, Tanz spielt in unserer Kultur eine große Rolle. Weiße Freunde können das manchmal nicht ganz nachvollziehen, weil das in Deutschland nicht wirklich die Regel ist. Wir tanzen nicht nur bei Festen; wenn im Alltag zu Hause Musik läuft, tanzen wir oft auch einfach dazu. Kinder schauen sich das von den Erwachsenen ab und machen mit.“

Würdest du sagen, dass dein Stil sich durch die Mischung aus Jam-Skating und senegalesichem Tanz auszeichnet?
Oumi Janta: „Ich finde es schwierig zu trennen, was an meinem Tanzstil einfach mein persönlicher Flow ist und was davon African Dance. Ich denke eigentlich nicht darüber nach, wie ich tanze, ich tue es einfach.“

Bist du die beste Jam-Skaterin, die du selbst kennst?
Oumi: „Ich bin auf keinen Fall die beste Jam-Skaterin, ich bin in dieser Hinsicht auch noch Schülerin und lerne sehr gerne dazu. Auch wenn ich Kurse gebe, heißt das nicht, dass ich ein Vollprofi bin. Ich bin auch keine saubere Jam-Skaterin, ich liebe es einfach, im Moment zu versinken und mich im Flow zu bewegen. Saubere Jam-Skater perfektionieren ihre Tricks – die sind für mich aber gar nicht wichtig. Denn wenn du den Trick sauber kannst, aber der Rest des Körpers nicht schwingt, dann fehlt da in meinen Augen etwas. Man darf sich nicht verkrampfen, sondern muss eins mit der Musik sein.“

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Gibt es Kommentare von deinen Fans, die dich stören?
Oumi: „Ich habe eine sehr unterstützende und positive Community, das ist toll! Aber oft schreiben Leute unter die Videos, ich solle doch mal lächeln. Aber in dem Moment, in dem ich tanze, tanze ich nicht für andere, sondern nur für mich. Wenn man alleine zu Hause auf dem Sofa sitzt, lacht man doch auch nicht. Und auch in dem Video, das viral gegangen ist lächle ich nicht – nur ab und zu, wenn Leute vor und hinter mir her fahren und ich das lustig finde.
Ich verstehe zwar, was die Kommentatoren meinen, und bin überhaupt nicht sauer deshalb – aber manchmal frage ich mich schon, ob mich die Leute auch zum Lächeln auffordern würden, wenn ich ein Mann wäre.“

Du sagtest, du hörst immer Musik beim Jam-Skating – welche Musik hörst du denn dabei?
Oumi: „Ich stehe total auf Elektro, Funk, Eighties, Nineties und Afrobeat. Meine absoluten Lieblinge sind gerade ‚Daft Punk – Harder Better Faster‘ und ‚Vaughan Mason – Bounce, Rock, Skate, Roll‘.

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Wie sah dein Leben aus, bevor du dich vollkommen aufs Skaten fokussiert hast?
Oumi:
„Ich habe Produktdesign studiert und dabei auch ein sehr schönes Auslandssemester in Oslo gemacht. Schön aber teuer. Nach meinem Abschluss bin ich direkt in die Arbeitswelt geschlittert. Ich hatte wirklich riesiges Glück: Als Berlinerin wollte ich für den Job nirgendwo anders hinziehen und habe tatsächlich etwas hier bekommen.
Es war toll, und ich wurde gut bezahlt – aber irgendwann konnte ich nicht mehr. Ich war gefangen in einem Lebensentwurf, den ich mir nie gewünscht hatte: Schule, Studium, Job, Kinder, Rente – ich habe mich gefangen gefühlt. Ich sage nicht, dass dieser Lebensentwurf schlecht ist – für mich hat er aber einfach nicht gepasst. Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr zu arbeiten, ließ mir einfach keine Zeit mehr für meine Hobbys. Mein ganzes Leben samt organisatorischen und Haushaltsaufgaben habe ich einfach nicht mehr auf die Reihe bekommen. Deshalb habe ich all meinen Mut zusammengenommen und gekündigt.“

Ohne Aussicht auf einen anderen Job.
Oumi: „Genau. Ich wollte nicht mehr Leben, um zu arbeiten. Ich wollte mich nicht einfach nur für einen Job entscheiden – sondern viele verschiedene Dinge tun, die mir Spaß machen. Das bedeutet Selbstständigkeit, und davor hatte ich zunächst Angst. In den ersten Monaten war ich im Minus. Aber ich tat Dinge, die mir Spaß machten, und das machte mich einfach glücklich.
Es flatterten plötzlich Angebote für Werbungen rein, in denen ich als Roller Girl auftreten sollte; irgendwann fing ich an, Rollschuhkurse zu geben. Davon wird man zwar nicht reich, aber ich war glücklich. Ich hoffte immer, dass das nächste Jahr besser wird.“

Und jetzt ist das lang ersehnte „nächste Jahr“ da.
Oumi: „Das stimmt. Dass mein Video viral ging, hat wirklich alles verändert. Meine Geldsorgen sind wie weggeblasen. Ich konnte auf einmal meinen Studienkredit für das Auslandssemester zurückzahlen – und endlich muss ich diesen Kredit und auch die BAföG-Rückzahlung nicht mehr im Hinterkopf haben. Ich bin schuldenfrei! Das ist ein tolles Gefühl.“

Hat sich seit deinem Erfolg sonst noch etwas verändert?

Oumi: „Ja, ich werde ständig erkannt. Das war zwar schon bei 60.000 Followern manchmal der Fall – aber jetzt habe ich einfach 853.000! Jetzt werde ich viel häufiger angesprochen. Aber das finde ich gar nicht schlimm. Alle sind sehr höflich.
Nicht nur durch die plötzliche Berühmtheit aber generell durch das Rollschuhfahren in der Öffentlichkeit bin ich selbstbewusster geworden. Am Anfang fiel es mir schwer, zu tanzen, wenn mir jemand zuguckt. Dann habe ich aufgehört zu tanzen und so getan, als hätte ich was Wichtiges am Handy zu tun. Das mache ich jetzt nicht mehr. Ich ruhe mehr in mir selbst.“

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Was sagen deine Freund*innen zum plötzlichen Erfolg?
Oumi: „Die waren genauso überrascht wie ich, als sie gesehen haben, wer mein Video so alles teilt. Das war irre! Mein Vater hat es als Letzter verstanden. Ich hatte ihm zwar erzählt, dass ich viral gegangen bin, aber an seiner Reaktion habe ich gemerkt, dass er gar nicht versteht, was das bedeutet. Erst als sein Arbeitskollege ihm ein Video von mir gezeigt hat, kam er auf mich zu und fragte mich: ‚Was ist denn da bei dir los?!‘ Das war echt witzig – mein Job findet in einer völlig anderen Lebenswelt als der meiner Eltern statt.
Mit Fame geht ja auch eine gewisse Verantwortung einher – hast du schon einmal darüber nachgedacht, deine Reichweite zu nutzen, um über gesellschaftliche Themen zu sprechen?
Ich habe schon öfter über dieses Thema nachgedacht. Eigentlich möchte ich in der Öffentlichkeit unpolitisch bleiben – aber bei manchen Sachen denke ich mir wirklich: Das geht gar nicht. Zum Beispiel, als ein AfD-Politiker im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern bei einer Debatte mehrfach das N-Wort benutzte – und vor Gericht auch noch Recht dafür bekam.
Aber grundsätzlich macht man sich mit politischen Äußerungen sehr angreifbar. Und ich möchte, dass mein Instagram-Kanal das bleibt, was er ist: nämlich ein Jam-Skating-Kanal.“

In den USA ist Jam-Skating ja auch zu einer Kultur geworden, mit der sich Afroamerikaner*innen einen Safe Space erschaffen haben.
Oumi: „In dieser Hinsicht kann ich mir wirklich gut vorstellen, mich politisch zu äußern, auch auf meinem Kanal: Denn das Thema der Schwarzen Skater-Community in den USA passt ja thematisch perfekt dazu. In den letzten Jahren sieht man in Amerika immer mehr weiße Rollschuhfahrer, tatsächlich ist es aber eine Kultur, die aus der Schwarzen Community kommt.“

Beschäftigt dich das Thema der Repräsentation von BPoCs auch sonst?
Oumi: „Auf jeden Fall! Allein dass ich als Schwarze Frau so viel Ruhm abbekomme und dann auch noch für das Jam-Skating, das gerade immer weißer wird – das finde ich total toll! Das ist eine wunderbare Message. Ich hoffe, ich kann damit andere Schwarze Mädchen und Frauen in Deutschland inspirieren und zeigen: Es bewegt sich etwas. Ihr könnt Erfolg haben. Ihr seid schön, ihr seid stark.“

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Willst du für immer Jam-Skaten, oder hast du noch andere Träume?
Oumi: „Das Etwas-für-immer-machen habe ich zum Glück abgehakt. Wenn ich meinen Job damals nicht gekündigt hätte, wäre ich niemals da, wo ich jetzt bin. Auch das ist etwas, das ich allen Leuten empfehle: Einfach mal darüber nachzudenken, ob man mit dem, was man tut, glücklich ist. Denn um nichts anderes geht es doch im Leben.
Mein Traum ist es, mehr in Richtung ökologisches und nachhaltiges Leben zu gehen. Früher habe ich alte Klamotten umgenäht, um nachhaltiger zu leben. Beruflich könnte ich mir auch etwas in die Richtung vorstellen – in welcher Form auch immer.
Aber erst mal freue ich mich auf die Zeit nach Corona, wenn die Roller-Diskos wieder anfangen, die ich veranstalte. Dafür suche ich gerade nach Räumlichkeiten. Raum zum Skaten, auch in der kalten Jahreszeit: Das ist, was der Jam-Skate-Community in Berlin noch fehlt.“

(dieses Interview von Katharina Kunert erschien zuerst bei Noizz)

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