
4. Juni 2025, 4:18 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Welchen Einfluss haben unsere Gene auf den Sport, den wir ausüben? Die Frage stellte sich unsere FITBOOK-Autorin Nina Ponath neulich beim Schwimmen.
Gibt es Sportarten, in denen wir so etwas wie „Naturtalente“ sind? Etwa, weil unsere Anatomie uns für den Sport einen Vorteil bietet? FITBOOK hat nachgeforscht …
Übersicht
Ohne Training gut im Schwimmen – kann das sein?
Neulich im Schwimmbad, genauer gesagt: I im ziemlich kühlen Sportbecken, in dem Menschen mit gespiegelter Schwimmbrille und Haube auf dem Kopf, ernsthaft ihre Bahnen ziehen, als seien sie bei Olympia, habe ich ein altes Talent an mir neu entdeckt.
Mit meiner nach hinten ausgestreckten Hand knallte ich gegen die Schultern einer Schwimmerin in beschriebener Vollausrüstung und entschuldigte mich hektisch, während sie mich musternd ansah: Wer ist diese Person, die im Rückenschwimmen so schnell unterwegs ist?
Ich war das, aber warum ich so flott meine Bahnen ziehen konnte, dafür hatte ich keine Erklärung. Diese Seite war mir bis zu diesem Moment ja selbst noch fremd. Um ehrlich zu sein, trainiere ich kaum. Das letzte Mal ernsthaft geschwommen bin ich kürzlich im Urlaub. Aber auch dort eher entspannt als auf Leistung und trotzdem fällt es mir leicht, jetzt Fahrt aufzunehmen.
Spoiler: Es liegt nicht am Trainingsplan, sondern an meiner Anatomie.
Zurück zu Hause, nass und neugierig, begann ich zu recherchieren. Gibt es so etwas wie die „geborene Schwimmerin“? Und Überraschung: Ja, die gibt es.
Die Antwort meiner Google-Bildersuche nach „Elite-Schwimmerinnen“ sieht in etwa so aus: groß, breite Schultern, schmale Hüfte, lange Arme und Beine mit großen Händen und Füßen. Ein solcher Körper erzeugt im Wasser nur wenig Widerstand und gibt gleichzeitig maximalen Vortrieb, fast wie ein menschlicher Torpedo. Ein paar Beispiele?
- Katie Ledecky (USA): 1,83 Meter groß
- Sarah Sjöström (Schweden): 1,86 Meter groß
- Missy Franklin (USA): 1,88 Meter groß
Kein Wunder also, dass ich mit meinen 1,77 Metern durchs Wasser rausche, als hätte ich heimlich trainiert.
Studien bestätigen Wirkung der Anatomie auf Sport
Aber was sagt die Wissenschaft dazu? Untersuchungen wie zum Beispiel die Studie „How Anthropometrics of Young and Adolescent Swimmers Influence Stroking Parameters and Performance? A Systematic Review“, auf Basis körperlicher Merkmale von Schwimmern aus dem Jahr 2022, zeigen: Schwimmer mit bestimmten anatomischen Voraussetzungen haben tatsächlich einen Vorteil.1
Darunter fallen diese Merkmale:
- Größe und Spannweite der Arme sind entscheidend: je länger der Hebel, desto effizienter die Bewegung.
- Große Füße = größere Antriebsfläche.
- Geringe Körperdichte = besserer Auftrieb. Frauen haben hier durch höheren Körperfettanteil oft einen Vorteil.
- Flexibilität, insbesondere in Schulter- und Fußgelenken, verbessert die Bewegungsökonomie im Wasser.
Nicht nur im Wasser beeinflusst unsere Anatomie den Sport. Auch an Land haben körperliche Merkmale Einfluss auf die Leistung. So schreiben die Verfasser der Studie „Genetic influences in sport and physical performance“ aus dem Jahr 2011 über Muskelaufbau: „Die Muskelleistung wird stark von der basalen Muskelmasse und ihrer dynamischen Reaktion auf Training beeinflusst.“ Genetische Faktoren seien für etwa 50 bis 80 Prozent der Variation der Muskelmasse verantwortlich und beeinflussen sowohl die Muskelmasse als auch deren Wachstumsreaktion.2

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Zurück zum Becken: Als ich an diesem Nachmittag nach 1500 Metern (was für meine Verhältnisse viel ist!) aus dem Wasser stieg, war ich rundum happy, weil ich etwas wiederentdeckt habe: den Spaß daran, etwas zu machen, das einem einfach liegt. Anders als beim Laufen, wo es Jahre dauerte, bis ich vorn an meiner Pace mal endlich eine niedrige fünf stehen hatte, muss ich nicht viel tun, um gut zu schwimmen.
Soll das heißen, dass man Sport nur dann machen sollte, wenn er einem liegt? Auf gar keinen Fall! Oder um es in den Worten von Andreas Heumann, Personal Trainer aus Berlin, zu sagen: „Ich bin ein großer Fan davon, sich nicht nur auf eine Fähigkeit zu konzentrieren, sondern alles Mögliche auszuprobieren.“
Training heißt schließlich, dass man sich in allen Sportarten verbessern kann. Ich für meinen Teil werde sicherlich nicht alle anderen Sportarten einstellen. Einfach loszulaufen ist für mich allemal unkomplizierter, als für den Sport ins Schwimmbad zu fahren. Trotzdem freue ich mich darüber, eine „natürlich“ gute Schwimmerin zu sein.

Erstaunlich! Anatomie spielt tatsächlich eine Rolle im Sport
„Unsere körperliche Fitness wird teilweise durch die Anatomie beeinflusst. Manche Menschen sind gelenkiger, andere aufgrund ihres Körperbaus schneller, wendiger oder auch robuster. Am Ende ist entscheidend, dass wir einen Sport finden, der uns Freude bereitet. Vermutlich wird das ohnehin ein Sport sein, der uns einigermaßen gut „liegt“, denn, Hand aufs Herz: Etwas gut zu können, fühlt sich verdammt gut an.“