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Studie

Darm gibt offenbar Aufschluss über unentdeckte Gehirnerschütterung

Darm Gehirnerschütterung: Darm und Hirn
Darm und Gehirn sind miteinander verbunden. So spiegelt sich auch eine Gehirnerschütterung im Darmmikrobiom wider, wie Forscher jetzt herausgefunden haben. Foto: iStock/inkoly
Nadja Demel Redakteurin

11.05.2022, 20:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Gerade weil Kopfverletzungen wie Gehirnerschütterungen äußerlich nicht sichtbar sind, können sie schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Eine eindeutige Diagnose ist oftmals nur durch aufwendige Untersuchungen möglich. Nun haben Forscher herausgefunden, dass auch der Darm Aufschluss geben kann.

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Schwindel, Übelkeit, Sehstörungen: Die Symptome eines Schädel-Hirn-Traumas sind diffus und werden oft verharmlost. Das betrifft vor allem Personen, die einer Kontaktsportart wie Fußball oder auch American Football nachgehen. Doch auch ein scheinbar harmloser Sturz kann unentdeckte Folgeschäden nach sich ziehen. Für eine eindeutige Diagnose bedarf es meist aufwendiger Untersuchungen, z. B. durch eine Computertomographie (CT). Doch selbst bildgebende Verfahren können winzige Schäden in den Nervenzellen meistens nicht sichtbar machen. Wissenschaftler des Houston Methodist Research Institute suchten deshalb nach weiteren Wegen, eine möglicherweise unentdeckte Gehirnerschütterung sichtbar zu machen – und fanden Hinweise im Darm.

Proben von 33 Footballspielern

Für die Studie wurden 33 College-Footballspielern der Rice University in Houston, Texas, Proben aus Blut, Stuhl und Speichel entnommen – und zwar zu drei verschiedenen Zeitpunkten während der Spielsaison. Bei vier Sportlern, die eine Probe ihres Mikrobioms aus dem Darm abgegeben hatten, konnte im Laufe des Untersuchungszeitraums eine Gehirnerschütterung diagnostiziert werden.1

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Veränderung im Darm

Interessanterweise fanden die Forscher heraus, dass bei den Sportlern, die eine Gehirnerschütterung erlitten hatten, zwei Bakterienarten in ihrem Darm abgenommen hatten: Eubacterium rectale und Anaerostipes hadrus. Diese Bakterien sind im Körper gesunder Menschen für gewöhnlich reichlich vorhanden. Im Gegensatz dazu wurden im Speichel keine Veränderungen festgestellt.

Zwar konnten die Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen einer Gehirnerschütterung und bestimmten Proteinen im Blut herstellen. Kommerzielle Bluttests seien jedoch nicht empfindlich genug, um diese Proteine nachzuweisen, so die Hauptautorin der Studie, Dr. Sonia Villapol, Assistenzprofessorin für Neurochirurgie am Zentrum für Neuroregeneration des Houston Methodist Research Institute.2

Warum bildgebende Verfahren nicht ausreichen

Bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Magnetresonanztomographie (MRT) können Blutungen, Schwellungen oder Brüche im Kopf sichtbar machen, aber sie stoßen an Grenzen. Mikroskopisch kleine Verletzungen der Nervenzellen bleiben dabei unerkannt. Um eine Gehirnerschütterung zu diagnostizieren, müssen sich Ärzte daher meist allein auf die Aussagen und subjektive Einschätzung der Patienten verlassen. Doch Symptome wie Sehstörungen und Kopfschmerzen sind oft uneindeutig. Gerade bei Sportlern, die keinen Ausfall riskieren möchten, könnte die Schilderung der Symptome nicht verlässlich sein.

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Mikrobiomveränderung im Darm kann auf Gehirnerschütterung hinweisen

Eine Analyse des Mikrobioms im Darm scheint hingegen eine verlässliche Methode zum Nachweis einer Gehirnerschütterung zu sein. Grund dafür ist die enge Verbindung zwischen zentralem Nervensystem in Gehirn und Rückenmark sowie dem enterischen Nervensystem im Darm. So löst eine Gehirnerschütterung kleine Entzündungen aus, die als Proteine im Blut zirkulieren. Diese durchbrechen die Darmwand und lösen schließlich Veränderungen im Mikrobiom aus.

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Eine veränderte Bakterienzusammensetzung im Darm könne somit ein Hinweis für eine Schädigung des zentralen Nervensystems, etwa durch eine Gehirnerschütterung, sein. Dr. Villapol erklärt: „Bis sich Ihr Darmmikrobiom wieder normalisiert hat, haben Sie sich noch nicht erholt. Deshalb ist die Untersuchung des Darms so nützlich. Er lügt nicht. Und daher besteht so viel Interesse daran, ihn für diagnostische Zwecke einzusetzen.“

Mithilfe der Studienergebnisse hofft Dr. Villapol, einen einfachen diagnostischen Test entwickeln zu können, der die Auswirkungen einer Gehirnerschütterung im Darm misst und sogar Aussagen darüber treffen kann, wann es körperlich sicher ist, wieder aktiv zu werden.

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Quellen

Themen Darmgesundheit
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