
1. Juli 2025, 16:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Blau wie Bonbons, rot wie Limonade, grün wie Schleim aus dem Kinderfernsehen – Slush-Eis ist kein Getränk, es ist ein Erlebnis. Und genau das macht es so unwiderstehlich: süß, eiskalt, bunt. Wenn draußen die Sonne brennt und das Thermometer über 35 Grad klettert, greifen viele Kinder begeistert zum Slushy. Doch was nach Spaß und Sommer aussieht, birgt ein Risiko, das kaum jemand kennt – und das gerade kleine Kinder besonders hart treffen kann.
Slush-Eis wirkt harmlos – doch viele Sorten enthalten Glycerin, einen Zusatzstoff, der besonders für Kinder kritisch sein kann. Untersuchungen aus Deutschland zeigen: Schon geringe Mengen dieser bunten Erfrischung können problematische Dosen erreichen. Die Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sowie des Magazins„Ökotest“ warnen – und raten zu Zurückhaltung.1,2
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Übersicht
- Was ist Glycerin – und warum steckt es im Slush-Eis?
- Warum Glycerin bei Kindern problematisch ist
- Untersuchung zeigt hohe Belastung durch Glycerin in Deutschland
- Internationale Fallberichte bestätigen die Gefahrenlage
- Glycerinfreie Alternativen sind möglich – Eltern sollten genau hinschauen
- Tipps für Eltern: Das können Sie tun
- Quellen
Was ist Glycerin – und warum steckt es im Slush-Eis?
Glycerin – auch bekannt als Glycerol oder Glyzerin – ist eine süß schmeckende, farblose Flüssigkeit, die chemisch zu den Alkoholen gehört. Sie entsteht unter anderem bei der alkoholischen Gärung und ist in pflanzlichen sowie tierischen Fetten enthalten. In der EU ist Glycerin als Zusatzstoff E 422 für Lebensmittel zugelassen – unter anderem für aromatisierte Getränke. Eine Höchstmengenregelung gibt es nicht.
In Slush-Eis sorgt Glycerin dafür, dass die Flüssigkeit nicht vollständig gefriert. Ohne diesen Zusatzstoff würde die typische „slushy“ Konsistenz – matschig und halbgefroren – nicht erreicht. Besonders zuckerfreie oder zuckerreduzierte Sorten enthalten häufig Glycerin, da hier der gefrierhemmende Effekt von Zucker entfällt.
Warum Glycerin bei Kindern problematisch ist
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt, dass Kinder wegen ihres geringeren Körpergewichts besonders empfindlich auf Glycerin reagieren können. Schon beim Konsum von weniger als 200 Millilitern eines Slush-Eises mit mittlerem Glycerinanteil kann ein fünfjähriges Kind eine Dosis aufnehmen, die medizinisch zur Senkung des Hirndrucks eingesetzt wird. Mögliche Folgen sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall – in schweren Fällen auch Krampfanfälle oder Bewusstseinsstörungen.
Untersuchung zeigt hohe Belastung durch Glycerin in Deutschland
Das BfR hat zwischen November 2023 und Oktober 2024 insgesamt 62 Slush-Eis-Proben aus verschiedenen Bundesländern untersucht. Etwa die Hälfte dieser Proben wies einen Glycerin-Gehalt von mehr als 25 Gramm pro Liter auf. In zehn Fällen lag der Wert sogar über 50 Gramm – die höchste gemessene Konzentration betrug 142 Gramm pro Liter. Bereits bei einem Glycerin-Gehalt von 50 Gramm pro Liter würde ein fünfjähriges Kind mit einem Körpergewicht von 20 Kilogramm durch den Verzehr von nur 100 Millilitern die gesundheitlich bedenkliche Schwelle von 250 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht überschreiten.
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Auch Ökotest sieht Risiken – besonders bei zuckerfreien Varianten
Nach Angaben von Ökotest enthalten viele zuckerfreie Slush-Eis-Varianten deutlich höhere Mengen an Glycerin als die klassischen Sorten mit Zucker. Der Grund: Glycerin wird häufig verwendet, um die gewünschte Konsistenz trotz fehlendem Zucker zu gewährleisten. Problematisch ist dabei, dass Glycerin nicht als Süßungsmittel, sondern als technischer Hilfsstoff deklariert wird – viele Eltern erkennen daher nicht, dass sie ihren Kindern über das Getränk überhaupt Glycerin zuführen. Ökotest warnt, dass Slush-Eis insbesondere für jüngere Kinder ein unterschätztes Risiko darstellen kann – auch weil die üblichen Portionsgrößen oftmals die gesundheitlich unbedenkliche Menge überschreiten.
Internationale Fallberichte bestätigen die Gefahrenlage
In einer rückblickenden Auswertung wurden in Großbritannien und Irland insgesamt 21 Fälle registriert, in denen Kinder nach dem Verzehr von Slush-Eis akute gesundheitliche Beschwerden entwickelten. Die betroffenen Kinder im Alter zwischen zwei und sechs Jahren zeigten Symptome wie Bewusstseinsstörungen, Unterzuckerung, Übelkeit oder Krampfanfälle. Bei 17 von ihnen wurden auffällig hohe Glycerin-Konzentrationen im Urin festgestellt. Die meisten dieser Vorfälle ereigneten sich ab dem Jahr 2018 – in dieser Zeit wurde in Großbritannien eine Zuckersteuer eingeführt, woraufhin viele Hersteller verstärkt Glycerin als Ersatzstoff einsetzten.3
Aber auch deutsche Experten warnen vor möglichen Risiken
Dr. med. Vitor P. Gatinho hat auf seinem Instagram-Account @kidsdoc vor zwei Tagen einen Post hochgeladen, in dem er auf die Problematik von Glycerin und die möglichen Gefahren für Kinder hinweist. Schon ein halber Becher Slush-Eis kann bei Kindern Beschwerden auslösen. Er betont außerdem, dass viele Eltern – wenn ihr Kind nach einem Ausflug über Kopfschmerzen oder Übelkeit klagt – meist erst an Zucker oder stickige Luft denken. Dabei könnte in manchen Fällen auch einfach das Slush-Eis schuld sein.
Tritt nach dem Konsum eines Slush-Getränks Unwohlsein auf, kann es helfen, dem Kind ausreichend Wasser zu geben, um das Glycerin auszuspülen. Zusätzlich sollte man das Kind ruhen lassen – und bei Schwindel zum Beispiel die Beine leicht hochlagern. Wichtig ist auch, die Symptome zu beobachten oder zu notieren.
Wenn die Beschwerden stark sind oder länger anhalten, ist es ratsam, eine Klinik aufzusuchen oder zum Kinderarzt zu gehen. Denn: Glycerin kann den Wasserhaushalt im Körper stören – und das kann gerade bei Kindern schnell kritisch werden.
Glycerinfreie Alternativen sind möglich – Eltern sollten genau hinschauen
Ein Drittel der vom BfR analysierten Slush-Produkte enthielt überhaupt kein Glycerin – ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Herstellung technisch auch ohne den umstrittenen Zusatzstoff möglich ist. Konkrete Regelungen zur Begrenzung des Glycerin-Gehalts existieren in Deutschland bislang jedoch nicht. In Großbritannien hingegen fordern Behörden bereits Warnhinweise und sprechen sich für Altersbeschränkungen aus.4

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Tipps für Eltern: Das können Sie tun
Eltern, die ihren Kindern Slush-Eis nicht vollständig verbieten möchten, sollten zumindest auf die Portionsmenge achten. Für Vorschulkinder gilt: möglichst ganz meiden. Bei älteren Kindern sind kleine Becher vertretbar – allerdings nicht täglich. Empfehlenswert sind Alternativen wie ungesüßter Früchtetee, Wasser mit Eiswürfeln oder selbstgemachte Granita, etwa aus Zitronensaft, Wasser und Zucker. Diese Optionen sorgen für Erfrischung – ganz ohne bedenkliche Zusatzstoffe.