19. Mai 2025, 13:14 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Die Nachricht über die Erkrankung des ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden rückt ein oft unterschätztes Thema in den Fokus: Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern. Wie macht sie sich bemerkbar, welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es inzwischen? Wie hoch sind die Überlebenschancen, wenn das Karzinom – wie laut Berichten in Joe Bidens Fall – bereits in die Knochen metastasiert ist?
Der frühere US-Präsident Joe Biden ist an einer aggressiven Form von Prostatakrebs erkrankt, die bereits in die Knochen metastasiert ist. Die Diagnose erfolgte nach dem Auftreten von Harnsymptomen und der Entdeckung eines Knotens an der Prostata, zitieren diverse US-Medien Bidens Büro.1 Welche Symptome sind das genau? Was geschieht bei einem verdächtigen Befund – welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es inzwischen und wie groß sind die Heilungschancen? Joe Biden soll an einer besonders aggressiven Form von Prostatakrebs erkrankt sein – „mit einem Gleason-Score von 9“. Was genau versteht man darunter und wie lange kann man damit leben? Ab wann sollte Mann zur Früherkennung gehen und welche Ernährung wirkt präventiv? FITBOOK klärt auf über die mit Abstand häufigste bösartige Krebserkrankung beim Mann.
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Übersicht
- Was ist die Prostata und was macht sie?
- So viele Männer erkranken jährlich in Deutschland an Prostakrebs
- Wie macht sich die Erkrankung bemerkbar?
- Tut Prostatakrebs weh?
- Aggressivität des Karzinoms
- Prostatakrebs von Joe Biden hat offenbar Gleason-Score 9
- Kann man mit Prostatakarzinom leben, ohne zu versterben?
- Behandlungsmöglichkeiten bei Prostatakrebs
- Operation oder Strahlentherapie können Lebensqualität stark vermindern
- Ab wann sollte man eine Prostata-Untersuchung machen lassen?
- Wie läuft die Untersuchung zur Früherkennung von Prostatakrebs ab?
- Was geschieht bei einem verdächtigen Befund?
- Onkologe: Diese 2 Fragen sollte sich jeder Mann ab 50 stellen
- Bekannte Männer mit Prostatakrebs
- Welche Ernährung der Prävention von Prostatakrebs dienen kann
- Quellen
Was ist die Prostata und was macht sie?
Bei der Prostata handelt es sich um die Vorsteherdrüse. Dies ist ein männliches Fortpflanzungsorgan, das ein bestimmtes Sekret bildet, welches maßgeblich an der Spermaproduktion beteiligt ist.
So viele Männer erkranken jährlich in Deutschland an Prostakrebs
Vor allem ab dem 50. Lebensjahr steigt die Gefahr auf einen bösartigen Tumor in der Prostata (Prostatakarzinom) deutlich an. Mit fast 65.000 Neuerkrankungen in Deutschland pro Jahr laut Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts ist das Prostatakarzinom der mit Abstand häufigste bösartige Tumor beim Mann.2 Wichtig auch zu wissen: Viele Männer über 75 haben einen bösartigen Tumor in der Prostata – die meisten erfahren jedoch zu Lebzeiten nichts davon, weil der Prostatakrebs nur langsam wächst.
Wie macht sich die Erkrankung bemerkbar?
Der Tumor kann beim Wasserlassen Beschwerden bereiten. Auch können Blut im Sperma und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr auf eine Krebserkrankung hinweisen. Beides ist unter Umständen aber auch auf eine einfache Entzündung oder Vergrößerung der Prostata zurückzuführen. Eine gründliche Abklärung derartiger Beschwerden ist in jedem Fall ratsam.
Tut Prostatakrebs weh?
Schmerzen verursacht ein Prostatakarzinom erst, wenn der Krebs im fortgeschrittenen Stadium in benachbarte Gewebe eingewachsen sein sollte und dabei dort verlaufende Nerven bedrängt. Behandelt man ihn rechtzeitig und richtig, sollte es dazu nicht kommen, und dann bestehen auch wie bereits erwähnt gute Heilungschancen (im Vergleich zu anderen Krebsarten).
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Aggressivität des Karzinoms
Ein Prostatakarzinom wird nach dem sogenannten Gleason-Score eingestuft. Dieses weltweit etablierte Graduierungssystem beim Prostatakarzinom nach dem amerikanischen Pathologen Donald F. Gleason gibt an, wie aggressiv ein Tumor ist. Der Score reicht von 2 bis 10. Je höher, desto aggressiver der Tumor. Der Score-Wert ergibt sich aus der Kombination der zwei am häufigsten vorkommenden Gewebemuster im Tumor. Es ergeben sich daraus fünf sogenannte Muster/Grade: Gradgruppe 1 steht für einen gut differenzierten, langsam wachsenden Tumor, während Gradgruppe 5 – der höchsten Risikokategorie – auf eine besonders aggressive Krebsform mit schlechter Prognose hinweist.3
Prostatakrebs von Joe Biden hat offenbar Gleason-Score 9
Im Fall von Joe Biden wurde laut offizieller Mitteilung ein Prostatatumor mit einem Gleason-Score von 9 diagnostiziert, was der Gradgruppe 5 entspricht. Damit ist seine Erkrankung als besonders aggressiv einzustufen.
Kann man mit Prostatakarzinom leben, ohne zu versterben?
Die Überlebensrate bei Prostatakrebs ist vor allem davon abhängig, in welchem Stadium der Krebs entdeckt wird und wie aggressiv die Krebszellen sind. Die durchschnittliche tumorbedingte Sterberate liegt bei nur ca. 20 Prozent. Fünf Jahre nach einer Diagnose beträgt die relative Überlebensrate bei Männern über 75 Jahren 81 Prozent; zehn Jahre nach der Diagnose leben immer noch 80 Prozent.4 Daran kann man erkennen, dass es gute Behandlungsmöglichkeiten gibt und gerade viele ältere Patienten mit dem Prostatakarzinom leben können, ohne an diesem zu versterben.
Bei fortgeschrittenem Prostatakrebs, der bereits Metastasen gebildet hat (Gleason-Score 9 bis 10), gilt die Erkrankung als nicht mehr heilbar. Aber: Dank des medizinischen Fortschritts der letzten Jahrzehnte können Männer mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom heute oft noch viele Jahre relativ beschwerdefrei leben.
Im Fall von Joe Biden scheint es Anlass zur Hoffnung zu geben: In dem Statement seines Büros heißt es nach Medienberichten: „Auch wenn es sich um eine aggressivere Form der Erkrankung handelt, scheint der Krebs hormonempfindlich zu sein, was eine wirksame Behandlung ermöglicht.“
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Behandlungsmöglichkeiten bei Prostatakrebs
Überwachung
Vor allem bei älteren Patienten mit begrenztem Tumor (nach Leitlinie der Krebsgesellschaft u.a. niedriges PSA, Tumor auf Prostata begrenzt und nur in einigen Biopsien Tumor nachweisbar) und einem langsamen Tumorwachstum ohne einschränkende Beschwerden, wird eine aktive Überwachung als Therapieoption diskutiert. Hier wird engmaschig das Tumorwachstum überwacht, indem man alle drei Monate den PSA-Wert bestimmt und eine rektale Untersuchung durchführt.
Radikale Operation und Bestrahlung
Für lokal begrenzte Tumoren mit Behandlungsbedürftigkeit ist laut Expertenmeinung die radikale Operation immer noch der Goldstandard. Aber auch die Bestrahlung kann hier gute Erfolge erzielen, sodass mit dem Patienten diese Behandlungsoptionen mit allen Vor- und ggf. Nachteilen besprochen werden sollten. Gerade die Operation der Prostata sollte dabei von erfahrenen urologischen Operateuren durchgeführt werden. Darunter versteht man jemanden, der mindestens 25 radikale Prostataentfernungen pro Jahr durchführt.
Fokale Therapien
Fokale Therapien wie Kryotherapie (Kältetherapie) oder Ultraschallablation (hochintensiver fokussierter Ultraschall) werden zwar eingesetzt, konnten aber bislang in Studien keinen oder nur einen begrenzten Tumoreffekt gegenüber Standardtherapien zeigen. Daher werden sie in der Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft nicht empfohlen.5
Antihormonelle Therapie
Nach der Operation wird dann auf Basis des Pathologie-Befundes entschieden, ob noch eine weitergehende antihormonelle Therapie notwendig ist oder nicht.
Therapiemöglichkeiten, wenn der Prostatakrebs zurückkehrt
Im Falle eines Wiederauftretens des Tumors (entweder sichtbar oder auch als PSA-Anstieg im Blut) muss dann über weitere notwendige Therapiemöglichkeiten diskutiert werden, die abhängig von Vortherapien in Form einer Strahlentherapie, einer antihormonellen Therapie oder auch eine systemische Chemotherapie (im Falle einer vorherigen maximalen antihormonellen Behandlung) bestehen können. Gerade im Bereich moderner, antihormoneller Therapien, konnten in den letzten Jahren einige neue Medikamente Erfolg versprechende Ergebnisse erzielen, sodass die Chemotherapie weiter nach hinten verschoben werden konnte.
Operation oder Strahlentherapie können Lebensqualität stark vermindern
Die Behandlungen eines Prostatakarzinoms – etwa durch Operation oder Strahlentherapie – können jedoch leider auch einige Spätfolgen bedingen, die die Lebensqualität des Betroffenen (auch nach einer überstandenen Krankheit) stark vermindern können. Dazu zählen u. a. dauerhafte Impotenz und Harninkontinenz.
Ein hingegen sehr effektives Instrument, um Männern Lebensqualität im Alter zu verschaffen ist die Früherkennung von Prostatakrebs!
Ab wann sollte man eine Prostata-Untersuchung machen lassen?
Spätestens ab Mitte 40 sollte man mit Untersuchungen zur Früherkennung von Prostatakrebs beginnen. So kann man verhindern, dass die Krankheit nicht womöglich unerkannt voranschreitet. Ein Problem nämlich: Prostatakrebs hat im früheren Stadium keine oder höchstens sehr unspezifische Symptome. Diese unterscheiden sich kaum – und wenn, dann erst mit Fortschreiten der Erkrankung – von einer gutartigen Prostatavergrößerung. Wichtig: Die meisten gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bei Männern ab 45 Jahren einmal jährlich die Kosten der Vorsorgeuntersuchung.
Wie läuft die Untersuchung zur Früherkennung von Prostatakrebs ab?
Zuerst wird der untersuchende Urologe im Gespräch herausfinden, ob es Hinweise auf ein Prostatakarzinom geben könnte. Im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen, die die Krankenkassen übernehmen, wird der Facharzt zusätzlich die entsprechenden Regionen abtasten und eine sogenannte rektale Untersuchung durchführen, das heißt, er tastet die Prostata mit dem Finger über den After ab.6 Sollte sich dabei ein verdächtiger Befund zeigen, finden weitere Untersuchungen statt.
Was geschieht bei einem verdächtigen Befund?
Bei verdächtigem Befund können eine Ultraschalluntersuchung und vor allem eine Blutuntersuchung auf das PSA (Prostata-spezifisches Antigen) weiter Aufschlüsse bringen. Verhärtet sich dann der Verdacht, werden unter lokaler Betäubung Proben aus der Prostata entnommen und feingeweblich untersucht. Bestätigt sich in den Proben ein bösartiges Prostatakarzinom, wird über weitere Umgebungsuntersuchungen das Ausmaß der Tumorerkrankung bestimmt, um dann die bestmögliche Therapie planen zu können.
Onkologe: Diese 2 Fragen sollte sich jeder Mann ab 50 stellen
Nach Ansicht des Onkologen Dr. med. Rainer Lipp, Geschäftsführer Stiftung Deutsche Onkologie, sollte sich jeder Mann ab 50 zwei konkrete Fragen stellen:
- Habe ich Schwierigkeiten beim Wasserlassen? Und:
- Ist es mir trotz starken Harndrangs und einer gefüllten Harnblase nicht möglich, zu urinieren?
„Wenn Sie eine der Fragen oder beide mit ‚Ja‘ beantworten müssen, gehen Sie bitte zum Urologen und lassen das abklären“, rät Rainer Lipp in diesem umfassenden FITBOOK-Artikel zur Prostatakrebs-Früherkennung, worauf Männer achten sollten.
Dort wird unter anderem auch die Frage erläutert, ob die rektale Untersuchung überhaupt das geeignetste Instrument für die Früherkennung von Prostatakrebs ist; und die (aus Sicht von Lipp und anderen) besser zur Früherkennung von Prostatakrebs geeignete Methode: der selbst bezahlte PSA-Test.
Bekannte Männer mit Prostatakrebs
Neben Joe Biden sind in den letzten Jahren einige prominente Männer mit ihrer Prostatakrebserkrankung an die Öffentlichkeit gegangen. Darunter etwa Hollywood-Star Ben Stiller, der in Interviews offen über seine Diagnose, die Behandlung und auch Sorgen über Nachwirkungen, z. B. auf sein Sexualleben, sprach. Seit 2014 soll Stiller krebsfrei sein. Weitere Schauspieler, die ihre Prostatakrebs-Diagnose publik machten, sind „Herr der Ringe“ und „X-Men“-Star Ian McKellen sowie „Homeland“-Star Mandy Patinkin. Ebenfalls eine Diagnose erhielt 1996 der ehemalige demokratische US-Präsidentschaftskandidat John Kerry. Bei ihm wurde die Krankheit nach eigener Aussage „frühzeitig erkannt, und zwar im frühesten Stadium, in dem sie fast erkannt werden kann“. Bei Kerry soll der Krebs seitdem nicht wieder aufgetreten sein.7 Bei den deutschen Stars macht etwa der Musiker Ralph Siegel mit seiner 2007 erstmals diagnostizierten Prostatakrebserkrankung, die über die Jahre immer wieder zu Rückfällen führte, für Schlagzeilen – jüngst aber mit einem erfreulichen Erfolg durch die „Abnehmspritze“ (FITBOOK berichtete).

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Ein Faktor, der das Sterberisiko bei Prostatakrebs deutlich erhöht
Welche Ernährung der Prävention von Prostatakrebs dienen kann
Auch die Ernährung kann einen möglichen Einfluss auf das Prostatakrebsrisiko nehmen – FITBOOK berichtete ausführlich. Gemüse und Gewürze der Gattung der Kreuzblütengewächse (u.a. Brokkoli, Radieschen und Kohl) werden zumindest geringfügige (prostata-)krebsvorbeugende Eigenschaften nachgesagt. Dies gilt laut den Experten der Uniklinik Heidelberg auch für Sonnenblumenöl, Granatapfelsaft und Rotwein (bis zu 4 Gläser pro Woche).8 Die Ernährung sollte möglichst entzündungshemmend sein, also aus moderaten Fleischmengen bestehen. Alkohol sollte man nur in Maßen konsumieren. Die Deutsche Krebsgesellschaft empfiehlt insbesondere, körperlich aktiv zu sein und zu versuchen, Normalgewicht zu halten.