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Unter bestimmten Bedingungen

Bei Lipödem! Krankenkassen übernehmen jetzt Kosten für Fettabsaugung

Lipödem kann große Schmerzen verursachen und wird häufig nicht korrekt diagnostiziert, jetzt bezahlt die Krankenkasse die Fettabsaugung.
Eine Fettabsaugung wird nicht in jedem Fall von der Krankenkasse übernommen. Foto: Getty Images/Connect Images
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FITBOOK Redaktion

21. Juli 2025, 19:25 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Schmerzen und Vorurteile prägen den Alltag

Bei einem Lipödem lagern sich krankhaft vergrößerte Fettzellen meist an den Beinen, seltener auch an den Armen. Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Frauen und hat weitreichende Folgen für den Alltag. Die betroffenen Körperpartien reagieren extrem empfindlich auf Druck und Berührung – sogar harmlose Situationen können zu massiven Schmerzen führen. „Es macht wahnsinnig Schmerzen, wenn sich Kinder auf Ihren Schoß setzen“, erklärte Peggy Bergert, Zweite Vorsitzende der Lipödem-Hilfe Deutschland, der „dpa“.

Doch nicht nur körperlich ist das Lipödem belastend. „Wenn zum Beispiel aufgrund von Lipödem Oberschenkel oder Gesäß sehr ausgeprägt sind, haben Sie Probleme, sich in der Öffentlichkeit hinzusetzen. Stühle mit Armlehne sind da ganz böse“, sagte Bergert. Hinzu kommen Spannungs- und Schwergefühle, die das Leben zusätzlich erschweren.

Viele Betroffene leiden außerdem unter Stigmatisierung. Die Krankheit ist wenig bekannt und Außenstehende vermuten häufig eine ungesunde Lebensweise hinter der veränderten Körperform. Immer wieder berichten Betroffene, dass sie jahrelang unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen litten, ohne eine korrekte Diagnose zu erhalten. So erging es auch Tanja Degner: Sie hatte mit geschwollenen Fußknöcheln, schweren, schmerzenden Beinen und starker Gewichtszunahme zu kämpfen. Dennoch habe ihre Hausärztin ihr lediglich geraten, weniger zu essen.1 Doch herkömmliche Maßnahmen wie Bewegung oder Diäten helfen nicht gegen das krankhafte Fett. „Teilweise werden die Leute angesprochen, wenn sie Eis essen“, berichtete Bergert. Für viele bedeutet die Erkrankung auch eine erhebliche psychische Belastung.

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Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Konservative Therapieansätze

Im Zentrum der Behandlung steht zunächst die sogenannte konservative Therapie, die vor allem das Ziel verfolgt, die Beschwerden zu lindern. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählt eine manuelle Lymphdrainage, die laut Peggy Berget „zwischen ein- bis dreimal die Woche“ erfolgen sollte. Ergänzend dazu wird empfohlen, Kompressionsstrümpfe oder -strumpfhosen möglichst täglich zu tragen. Diese helfen, den Druck auf das Gewebe zu regulieren und Schwellungen zu verringern.

Darüber hinaus gehören Bewegungstherapie, Ernährungsberatung sowie eine gezielte Hautpflege zum therapeutischen Gesamtkonzept. Alle diese Maßnahmen sollen die Lebensqualität der Betroffenen verbessern, auch wenn sie die Ursache des Lipödems nicht beseitigen.

Operative Behandlung als letzte Option

Bringen die konservativen Methoden keine ausreichende Besserung, bleibt als weiterer Schritt die operative Entfernung des krankhaften Fettgewebes – eine sogenannte Liposuktion.

Allerdings hatten bislang nur Patientinnen mit einem ausgeprägten Lipödem im Stadium III Anspruch auf eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Das führte dazu, dass viele Betroffene ihre Operationen selbst finanzieren mussten. „Als Durchschnittswert kann man ungefähr 6000 Euro nennen als Komplettpaket für eine OP“, erklärte Peggy Bergert. „Es gibt viele, die Kredite dafür aufgenommen haben und die dann jahrelang abzahlen.“ Hinzu kommt, dass häufig mehr als ein Eingriff notwendig ist, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Unter welchen Voraussetzungen die Krankenkasse die Kosten einer Fettabsaugung übernimmt

Jetzt hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, dass die gesetzliche Krankenversicherung die Kosten für eine Fettabsaugung künftig auch unabhängig vom Stadium der Erkrankung übernehmen kann, allerdings nicht für alle Betroffenen und nur unter bestimmten Bedingungen.

Voraussetzung

  • Über einen Zeitraum von sechs Monaten muss eine konservative Therapie ohne Linderung der Beschwerden durchgeführt worden sein
  • Bei einem BMI über 35: Zunächst muss eine Adipositasbehandlung erfolgen.
  • Bei einem BMI zwischen 32 und 35: Auch in diesem Bereich ist davon auszugehen, dass Einschränkungen gelten werden; diese sind jedoch bislang nicht näher definiert.

Peggy Bergert gab zu bedenken: „Die stark Betroffenen, die werden sie leider nicht in Anspruch nehmen können, weil sie die Voraussetzung nicht einhalten oder erreichen können, selbst mit besten Abnahmen.“

Patientinnen, die bereits eine Liposuktion hatten, erhalten zudem keine Kostenerstattung für weitere Eingriffe. Dabei besteht oftmals auch Jahre nach einer ersten Operation erneuter Behandlungsbedarf. „Es bleiben immer krankhafte Fettzellen zurück, die werden sich wieder vergrößern – mit optischen und schmerztechnischen Auswirkungen“, erklärte Bergert.

Wie geht es weiter?

Der Beschluss des G-BA wird zunächst vom Gesundheitsministerium geprüft. Erst nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger tritt dieser offiziell in Kraft. Damit Ärzte die Eingriffe als Kassenleistung abrechnen können, müssen zudem noch Abrechnungsziffern festgelegt werden. Nach Schätzung des G-BA wird dies spätestens zum 1. Januar 2026 möglich sein.

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Eine längst überfällige Entscheidung

Der aktuelle Beschluss geht auf eine Initiative der Bundesregierung aus dem Jahr 2019 zurück. Damals forderte der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) auf, die Liposuktion beim Lipödem bereits vor Abschluss aussagekräftiger Studien unter bestimmten Voraussetzungen als Kassenleistung zuzulassen. Ursprünglich hatte der G-BA seine Bewertung im Jahr 2017 wegen fehlender wissenschaftlicher Belege ausgesetzt und eine Erprobungsstudie gestartet.2

*Mit Material von dpa

Themen Frauengesundheit

Quellen

  1. Welt. Diese Krankheit macht enorm dick. (aufgerufen am 21.07.2025) ↩︎
  2. Aok. Liposuktion wird Kassenleistung. (aufgerufen am 21,07,2025) ↩︎

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