4. Juli 2025, 4:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Plötzliche, heftige Schmerzen im Hoden können ein Alarmzeichen für eine Hodentorsion sein – eine gefährliche Verdrehung des Hodens, wodurch die Blutversorgung unterbrochen ist. Deswegen muss schnell gehandelt werden. Was man über die Notsituation noch wissen sollte, hat FITBOOK von dem Facharzt für Urologie, Dr. Christoph Pies, erfahren.
Wenn eine Torsion vorliegt, dann stirbt das Gewebe in der Regel innerhalb von sechs bis zwölf Stunden ab.1 Deshalb gilt sie als urologischer Notfall, der eine sofortige ärztliche Behandlung erfordert. Je schneller die Verdrehung operativ gelöst wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Hoden erhalten bleibt. Wird zu lange gewartet, kann eine dauerhafte Schädigung oder sogar eine operative Entfernung des Hodens notwendig sein.
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Übersicht
Wie entsteht eine Torsion?
Beim Sport – etwa beim Fahrradfahren, bei Ballsportarten, im Fitnessstudio oder sogar im Schlaf – kann es plötzlich zu einer schmerzhaften Verdrehung des Hodens kommen. Eine Hodentorsion entsteht, wenn sich der Hoden um die eigene Achse dreht und die Drehung die Blutgefäße im Samenstrang abschnürt. Dr. Christoph Pies weist darauf hin, dass bestimmte Aktivitäten mit plötzlichen Bewegungen, insbesondere Radfahren, Ballsportarten und andere intensive körperliche Betätigungen, das Risiko für eine Hodentorsion erhöhen. Bei diesen Sportarten seien die Hoden durch Aufprall, Sturz oder abrupte Verdrehungen sowie beim Radfahren durch die Sattelnase besonders belastet. Laut Dr. Pies sei das Risiko jedoch nicht ausschließlich von der Aktivität abhängig, sondern setze meist eine anatomische Prädisposition voraus, bei der der Hoden im Hodensack zu beweglich ist. In solchen Fällen könnten schon alltägliche Bewegungen, sogar im Schlaf, eine Torsion auslösen. Auch plötzliche Muskelkontraktionen, etwa durch Kälte oder Erregung, könnten eine Rolle spielen.
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Bei wem kann eine Torsion auftreten?
Prinzipiell kann eine Hodentorsion bei jedem Mann auftreten. Besonders häufig betroffen sind jedoch Kinder, Jugendliche und junge Männer. Statistiken zeigen, dass rund 65 Prozent der Fälle bei Jungen im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren auftreten.2
Symptome
Typische Symptome sind plötzlich einsetzende, starke Schmerzen im betroffenen Hoden, die meist ohne äußeren Auslöser auftreten. Der Hoden kann geschwollen, gerötet und im Hodensack ungewöhnlich hoch oder quer liegen. Begleitend können Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen oder ein erhöhter Harndrang auftreten, Letzteres wird insbesondere bei Kindern und Jugendlichen häufig beobachtet. Da die Schmerzen manchmal in den Unterbauch ausstrahlen, kann die Ursache anfangs leicht übersehen werden.
Behandlung
In der Regel erfolgt die Behandlung operativ. Idealerweise sollte dies innerhalb von sechs Stunden nach Symptombeginn geschehen. Während des Eingriffs legen die Chirurgen den Hoden frei, drehen die Verdrehung vorsichtig zurück und prüfen die Durchblutung. Ist das Gewebe noch durchblutet und intakt, fixieren sie den Hoden im Hodensack (Orchidopexie), um ein erneutes Verdrehen zu verhindern. In der Regel fixieren die Ärzte zusätzlich den gesunden, gegenüberliegenden Hoden prophylaktisch, weil auch auf dieser Seite eine anatomische Veranlagung für eine Torsion bestehen kann.
So minimieren die Ärzte das Risiko eines erneuten Ereignisses. „Es gibt nur seltene Ausnahmen, in denen diese doppelseitige Orchidopexie nicht durchgeführt wird, etwa bei schwerwiegenden Gegenanzeigen gegen eine Operation oder wenn es durch Vorerkrankungen oder frühere Eingriffe technisch nicht möglich ist. Die aktuellen Leitlinien und die klinische Praxis empfehlen jedoch eindeutig die prophylaktische Fixierung beider Hoden“, so Pies. Ist der Hoden bereits abgestorben, muss er entfernt werden, was jedoch durch frühzeitiges Handeln größtenteils vermieden werden kann.

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Prognose und mögliche Folgen
Wird eine Hodentorsion frühzeitig behandelt, kann der Hoden meist erhalten bleiben. Dennoch sind danach häufig Spermienzahl und -qualität vorübergehend beeinträchtigt, während die Hormonproduktion nur selten dauerhaft gestört ist.3 Wie stark die Fruchtbarkeit betroffen ist, hängt vor allem von der Dauer der unterbrochenen Blutversorgung ab. In jedem Fall sollte operativ eine beidseitige Orchidopexie erfolgen, um das Risiko eines erneuten Ereignisses zu minimieren.
Dr. Christoph Pies weist darauf hin, dass eine Hodentorsion ein seltenes, aber hochakutes Krankheitsbild mit sehr starken Schmerzen ist. Gerade junge Männer würden auch geringe Missempfindungen im Hodenbereich häufig als mögliche Torsion fehlinterpretieren. Wird jedoch tatsächlich eine Torsion früh erkannt und rechtzeitig behandelt, lasse sich ein Gewebeverlust oft vermeiden.
Dennoch stellt insbesondere der Verlust eines Hodens für viele junge Menschen eine erhebliche psychische Belastung dar. Laut Dr. Pies sei es dabei wichtig, klarzustellen, dass mit nur einem Hoden weiterhin ein normales Sexualleben sowie die Fruchtbarkeit erhalten bleiben können. Trotzdem hätten viele Betroffene neben körperlichen Beschwerden auch Sorgen bezüglich ihres Körperbildes, ihrer Männlichkeit oder der sozialen Akzeptanz. Gerade im Jugendalter könnten Schamgefühle, Angst vor Stigmatisierung und Unsicherheiten in Bezug auf die eigene Sexualität auftreten.
Studien zeigen, dass nach Hodenverlust oder -schädigung psychische Belastungen wie Angst, depressive Verstimmungen oder Probleme mit dem Selbstwertgefühl auftreten können.4, 5 In solchen Fällen empfiehlt Dr. Pies eine psychosoziale Beratung, in der Ängste und Zukunftssorgen offen besprochen werden können. Viele Männer seien zudem erleichtert, wenn im weiteren Verlauf ein normaler Testosteronspiegel und eine unauffällige Samenanalyse (Spermiogramm) festgestellt werden. Und sollte der Hoden entfernt werden müssen, könne dieser aus kosmetischen Gründen durch eine Hodenprothese aus Silikon ersetzt werden.