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Internationale Studie

Bestimmte Blutwerte im Jugendalter erhöhen das Risiko für spätere Herzschäden

Auch Jugendliche sollten auf ihre Ernährung und gesunde Blutzuckerwerte achten, um ihr Herz zu schützen
Auch Jugendliche sollten auf ihre Ernährung und gesunde Blutzuckerwerte achten, um ihr Herz zu schützen, wie eine aktuelle Studie zeigt Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

2. Mai 2025, 12:56 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

„Als junger Mensch müsse man nicht so sehr auf seine Gesundheit achten, denn der Körper verzeiht einem“, dieser Spruch kursiert gerne unter jungen Erwachsenen. Eine große internationale Studie zeigt nun, dass dies nicht stimmt und ein ungesunder Lebensstil in der Jugend mit einem höheren Risiko für Herzkrankheiten in Verbindung steht. FITBOOK-Autor Martin Lewicki erklärt die Studie und erfuhr vom Studienautor Dr. Andrew Agbaje, worauf die Jugend besonders achten sollte.

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Jugendliche und junge Erwachsene muten sich und ihrem Körper gerne viel zu. Zum einen, um die eigenen Grenzen auszutesten und zum anderen, weil sie sich oft für unverwundbar halten. Gesundheit spielt da meist eine untergeordnete Rolle. Egal, ob man raucht, viel Alkohol trinkt oder sich ungesund ernährt – der Körper verzeiht es einem. Das glauben viele junge Menschen zumindest. Gesund leben könne man noch später. Dass dies nicht zutrifft, zeigt jetzt eine aktuelle Studie. Darin haben die Forscher einen Zusammenhang zwischen einem erhöhten Blutzuckerwert bei Jugendlichen und späteren Herzkrankheiten gefunden.

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Studie untersucht erstmals Zusammenhang von Blutzuckerwert und Herzkrankheiten bei Jugendlichen

Internationale Wissenschaftler mehrerer Forschungsinstitute haben untersucht, wie sich der Blutzuckerwert als Jugendlicher im Alter von 17 Jahren auf die spätere Herzgesundheit auswirkt.1 Wie die Forscher in einer Pressemitteilung berichten, gebe es bereits wissenschaftliche Belege dafür, dass ein hoher Blutzuckerspiegel und eine Insulinresistenz in der Jugend das Risiko für Typ-2-Diabetes im Alter von 50 Jahren vorhersagen könnten.2

Es sei auch bekannt, dass, je früher (im Sinne von Alter) Typ-2-Diabetes diagnostiziert werde, desto schneller träten schwerwiegende Komplikationen, wenn die Krankheit unbehandelt bleibe, so die Forscher. Bislang gab es jedoch weltweit keine Studie, die die frühesten Auswirkungen von hohem Blutzucker und Insulinresistenz auf das Herz untersucht hat. Das liege daran, dass es kaum wiederholte echokardiographische Untersuchungen des Herzens bei einer großen Gruppe gesunder Jugendlicher gab. Dabei handelt es sich um Ultraschalluntersuchungen, die helfen, die Struktur und Funktion des Herzens zu beurteilen. Dies wurde nun zum ersten Mal vollzogen.

So lief die große Studie ab

Die internationale Studie wurde in Zusammenarbeit zwischen dem Baylor College of Medicine in den USA, der Universität Bern in der Schweiz, dem Murdoch Children’s Research Institute in Australien, den Universitäten von Bristol und Exeter im Vereinigten Königreich und der Universität von Ostfinnland durchgeführt. Für die Untersuchung rekrutierten die Wissenschaftler 1595 gesunde Jugendliche, die zu Beginn der Studie 17 Jahre alt waren. Sie stammten aus der „Children of the 90s“-Kohorte, die von der britischen Universität Bristol beobachtet wurde.

Im Alter von 17 Jahren wurden folgende Untersuchungen durchgeführt:

  • Nüchternblutzucker (das ist der Wert im nüchternen Zustand, z. B. morgens vor dem Frühstück)
  • Insulinwert (ebenfalls nüchtern)
  • Insulinresistenz (errechnet auf Basis des Blutzucker- und Insulinwertes)
  • Ultraschalluntersuchung des Herzens
  • Blutfettwerte
  • Blutdruck und Herzfrequenz
  • Körperfettwerte

Dieselben Werte wurden sieben Jahre später bestimmt, als die Teilnehmer 24 Jahre alt waren. Damit handelt es sich um die derzeit größte und längste Studie, zur Glukosekonzentration mit wiederholter Ultraschalluntersuchung des Herzens an gesunden jungen Erwachsenen.

Wie die Blutzuckerwerte bei Jugendlichen sich veränderten

Um den Blutzucker zu bewerten, nutzten die Forscher zwei verschiedene Grenzwerte. So gilt beispielsweise in Deutschland und den USA ein Nüchternblutzucker von kleiner oder gleich 5,6 mmol/l als gesund bzw. normal.3 In anderen Ländern gelten auch Werte von unter 6,1 mmol/l im nüchternen Zustand als normal. Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 haben beispielsweise Nüchternblutzuckerwerte von etwa 7 mmol/l. Folgende Ergebnisse lieferten die Daten:

  • 6,2 Prozent der 17-Jährigen hatten einen Nüchternblutzucker von höher oder gleich 5,6 mmol/L.
  • Im Alter von 24 Jahren hatten bereits 26,9 Prozent der untersuchten Probanden erhöhte Werte.
  • 1,1 Prozent der Jugendlichen wies einen Wert von größer oder gleich 6,1 mmol/L auf.
  • Aber auch in diesem Bereich stieg die Anzahl der Personen um das Fünffache auf 5,6 Prozent im Alter von 24 Jahren.

Gleichzeitig stieg die Anzahl der Probanden, die eine Vergrößerung der linken Herzkammer aufwiesen (linksventrikuläre Hypertrophie) von 2,4 Prozent im Alter von 17 Jahren auf 7,1 Prozent im Alter von 24 Jahren. Das Vorkommen von Herzfunktionsstörungen stieg ebenfalls von 9,2 Prozent im Jugendalter auf 15,8 Prozent bei den jungen Erwachsenen.

Zusammenhang zwischen Blutzuckerwert bei Jugendlichen und Herzkrankheiten

Anschließend prüften die Forscher die Zusammenhänge bei den ermittelten Daten. So stand ein dauerhaft erhöhter Nüchternblutzucker von mehr als 5,6 mmol/L im Alter von 17 bis 24 Jahren mit einem um 46 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit, eine Vergrößerung der linken Herzkammer zu entwickeln, in Verbindung. Diese Wahrscheinlichkeit verdreifachte sich sogar, wenn der Nüchternblutzucker dauerhaft über 6,1 mmol/L betrug.

Weitere Zusammenhänge:

  • Ein hoher Blutzucker verringerte die Entspannung des Herzmuskels und veränderte die normale Herzfunktion.
  • Zudem stieg dadurch der Druck des zum Herzen zurückfließenden Blutes.
  • Wer eine dauerhafte Insulinresistenz hatte, wies ein um 10 Prozent erhöhtes Risiko einer vorzeitigen Herzschädigung auf.
  • Ein erhöhter Blutzuckerspiegel führte bei Frauen zu einem deutlich stärkeren Herzmuskelwachstum als bei Männern.
  • Hoher Blutzucker kann das Herz von jungen Frauen fünfmal schneller schädigen als das von Männern.

„Die aktuellen Ergebnisse bestätigen, dass selbst gesund aussehende Jugendliche und junge Erwachsene, die meist normal gewichtig sind, auf dem Weg zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein können, wenn sie einen hohen Blutzuckerspiegel und eine Insulinresistenz haben“, erklärte Studienautor Prof. Dr. Andrew Agbaje von der Universität Ostfinnland in der Pressemitteilung. Besonders überraschend sei die Erkenntnis, dass ein hoher Blutzuckerspiegel das Herz von Frauen fünfmal schneller schädigen könne als das von Männern. Deswegen müssten junge Frauen bei der Prävention besonders beachtet werden.

Zunahme der Körperfettmasse als einer der Gründe

Die Forscher haben auch einen wichtigen Grund für die Insulinresistenz gefunden. „In der neuen Studie haben wir festgestellt, dass zwei Drittel der Auswirkungen der Insulinresistenz auf die Vergrößerung des Herzens durch die Zunahme des Gesamtkörperfetts erklärt werden können“, so Prof. Agbaje. Allein innerhalb der untersuchten sieben Jahre stieg das Vorkommen von sogenanntem „Prädiabetes“ unter den Probanden um das Fünffache. Deswegen betonen die Forscher, dass es wichtig sei, in der Jugend und im jungen erwachsenen Alter gesund zu leben und auf die Ernährungsgewohnheiten zu achten. Denn
die Verschlechterung bei der Insulinresistenz und die Zunahme der Körperfettmasse seien ein Teufelskreis, der sich in beide Richtungen verstärke. Deswegen solle man ein gesundes Körpergewicht halten.

Studienautor verrät optimales Verhältnis von Fett- und Muskelmasse

Doch was genau ist das „gesunde Körpergewicht“? Das hat Studienautor Dr. Andrew Agbaje F auf Nachfrage von FITBOOK verraten: „Eine Empfehlung ist, dass Verhältnis von Muskelmasse zu Körperfett bei mindestens 3:1 zu halten. Dieses Verhältnis nimmt mit dem Alter deutlich ab, da der Körper mehr Fettmasse ansammelt und Muskelmasse verliert.“

Sein Tipp zur Bestimmung des Verhältnisses lautet: „In Anbetracht der Tatsache, dass Geräte zur direkten Messung der Fettmasse, wie z. B. DXA-Scans, der Öffentlichkeit nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehen, haben wir herausgefunden, dass das Verhältnis von Taillenumfang zu Körpergröße ein hervorragendes Instrument zur Ermittlung des Gesamtkörperfetts und der Rumpffettmasse ist, und zwar wesentlich besser als die Messung des Body-Mass-Index (BMI). Ein gesundes Maß an Körperfett liegt vor, wenn das Verhältnis von Taillenumfang zu Körpergröße bei Männern unter 0,5 und bei Frauen unter 0,51 liegt. Wir haben einen frei zugänglichen Online-Rechner entwickelt, der zur Schätzung von hohem und überschüssigem Fett verwendet werden kann.“4

Weitere relevante Faktoren, die schon in Kindheit und Jugend Beachtung finden sollten

Während in der aktuellen Untersuchung besonders die starke Verbindung zum Körperfett hervorzuheben ist, erklärte Dr. Andrew Agbaje FITBOOK, dass die nicht der einzige Faktor sei, den man schon im frühen Alter beobachten solle. „In der aktuellen Studie haben wir uns auf hohe Blutzuckerwerte konzentriert. In unseren früheren Studien haben wir jedoch gezeigt, dass hohe Cholesterinwerte, erhöhter Blutdruck, Bewegungsmangel und Rauchen in der Kindheit unabhängige Risikofaktoren für vorzeitige Herzschäden sind. Wir wissen jetzt, dass eine Reduzierung sitzender Tätigkeiten und die Förderung einer gesunden Ernährung das Risiko einer vorzeitigen Herzschädigung bei Jugendlichen senken können“, so der Professor.

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Das sagt der Studienautor zu den limitierenden Faktoren der Untersuchung

Obwohl die Studie verdeutlicht, dass auch Jugendliche und junge Erwachsene auf gesunde Lebensgewohnheiten achten sollten, scheint sie nicht so leicht auf die Jugend weltweit übertragbar zu sein. Der Grund: Es handelte sich bei den untersuchten Jugendlichen um eine kleine Gruppe, zudem stammten sie alle aus Großbritannien. Diese Einschränkung stellt auch Agbaje heraus, sieht jedoch dennoch Potenzial dafür, dass sich die Erkenntnisse übertragen lassen könnten.

„Die britische Kohorte ist hauptsächlich kaukasisch und repräsentiert keine anderen Ethnien. Leider sind solche hochwertigen Langzeitdaten auf anderen Kontinenten noch nicht verfügbar. Die in der Studie verwendeten Schwellenwerte für hohe Blutzuckerwerte wurden jedoch von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen und werden in Hunderten von Ländern weltweit für die Diagnose von Prädiabetes verwendet. Vor diesem Hintergrund könnte die Studie verallgemeinert werden“, erläuterte der Studienautor.

Letztendlich sollte weitere Forschung betrieben werden, um die aktuellen Studienergebnisse untermauern, ergänzen oder womöglich sogar widerlegen.

Quellen

  1. Agbaje, A.O., Zachariah, J.P., Barker, A.R. et al. (2025). Persistent Hyperglycemia and Insulin Resistance With the Risk of Worsening Cardiac Damage in Adolescents: A 7-Year Longitudinal Study of the ALSPAC Birth Cohort. Diabetes Care. ↩︎
  2. EurekAlert! High blood sugar in adolescence tripled the risk of premature heart damage affecting females worse than males (aufgerufen am 2.5.2025) ↩︎
  3. AOK: Blutzucker (aufgerufen am 2.5.2025) ↩︎
  4. UrFit-child. How to measure waist-to-height ratio at home. (aufgerufen am 2.5.2025) ↩︎

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