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Es lässt Tumore ruhen

Kollagen vielversprechend für die Behandlung von Krebs

kollagen krebs: Symbolbild von Krebszellen
Ist der Krebsforschung mit den neuen Erkenntnissen zu Kollagen ein entscheidender Fortschritt gelungen? Foto: Getty Images

16.12.2021, 17:59 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Kollagen kennen viele wahrscheinlich vor allem aus der Kosmetik. Unser Körper stellt jedoch auch selbst Kollagen her. Und genau dieses könnte womöglich der Schlüssel in der Behandlung von Krebs sein.

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Dass Kollagen mehr kann als in Creme-Form das Hautbild verschönern, ist schon länger bekannt. So findet es auch in der Medizin, zum Beispiel bei der Wundheilung, Anwendung.1 Aber auch ohne es ergänzend einzunehmen oder zur Therapie einzusetzen, findet sich in unserem Körper Kollagen. Es ist mit einem Anteil von 30 Prozent das am häufigsten vertretende Eiweiß. Das Protein gibt unseren Gelenken, Muskeln und Sehnen Halt. Mehr noch: Laut neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen kann Kollagen offenbar auch Krebs stoppen.

Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Zusammenhang von Kollagen und Krebs

Warum bleibt der Krebs bei manchen Menschen über lange Zeit inaktiv, während er bei anderen schnell seine komplette zerstörerische Kraft entfaltet und im Körper streut? Diese Frage hat Mediziner und Wissenschaftler lange vor ein Rätsel gestellt. Jetzt fanden Forscher des „Tisch Cancer Institute“ am Mount Sinai Hospital (New York) heraus: Offenbar spielt Kollagen dabei eine bedeutende Rolle. Genauer: das körpereigene Kollagen Typ III (COL3A1).

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Untersuchung mit Menschen und Mäusen

In ihrer Krebsforschung führten die Wissenschaftler sowohl Studien mit Menschen als auch mit Mäusen durch. Dabei zeigte sich, dass Kollagen die Ausbreitung der Krankheit im Körper zu stoppen scheint. Die Krebszellen produzieren die zuvor genannte Form von Kollagen, welches dann die kranken Zellen überzieht. Dieser Prozess zwingt die Krebszellen quasi, im Ruhezustand zu verharren, verhindert die Metastasierung und Streuung und den Befall anderer Organe.2 Ist der Kollagenvorrat dagegen aufgebraucht bzw. produzieren die Krebszellen nicht mehr genügend, „erwachen“ sie und greifen den Körper an.

Diese Vorgänge konnten die Wissenschaftler bei Untersuchungen mit Mäusen Schritt für Schritt nachvollziehen. Den Tieren waren zuvor Brust- und Halskrebszellen sowie Zellen, die Gehirntumore bilden, implantiert worden. Mit modernster Scanning-Technik verfolgten die Forscher das „Kollagengerüst“, das die Zellen ruhen ließ. Genauso wurde sichtbar, wie sich die Zellen zu dem Zeitpunkt veränderten, als sie aktiv wurden. Die Erkenntnis: Solange die Tumorzellen von Kollagen umhüllt waren, „schliefen“ sie.

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Kollagen Typ III als Biomarker

Der entdeckte Zusammenhang zwischen Kollagen und Krebs könnte neue Wege im Screening von Krebspatienten eröffnen. Denn bei der Untersuchung von menschlichen Proben erkannten die Wissenschaftler, dass das Level von Kollagen Typ III das Wiederauftreten von Krebserkrankungen vorhersagen konnte. So erklärte Studienleiter Prof. Jose Javier Bravo-Cordero in einer Pressemitteilung: „Unsere Ergebnisse haben potenzielle klinische Auswirkungen und könnten zu einem neuartigen Biomarker für die Vorhersage der Rückkehr von Tumoren führen. Außerdem lässt sich womöglich ein therapeutischer Eingriff ableiten, um Rückfällen vorzubeugen.“

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Kollagen in der Krebsbehandlung

Bei den Experimenten mit Mäusen konnten das Mount-Sinai-Forscherteam nicht nur einen Rückfall vorhersagen, sondern „erwachte“ Krebszellen mithilfe von Kollagen stoppen. Dafür gaben sie den Tieren Kollagen-Infusionen. Das Kollagen umhüllte daraufhin erneut die kranken Zellen, blockierte ihr Weiterentwicklung und zwang sie zurück in den Ruhezustand.

Auf dieser Basis – so die Hoffnung – könne ein Durchbruch bei der Krebsbehandlung gelingen. „Unsere Studien zeigen den potenziellen therapeutischen Einsatz von Kollagen Typ III. Indem die Ruhephase von Krebszellen induziert und aufrechterhalten wird“, erläuterten die Forscher.4

Zur kritischen Einordnung der Studie muss noch erwähnt werden, dass die vielversprechende Kollagen-Therapie nicht zur Behandlung aller Krebsarten geeignet sein muss – Krebs ist nicht gleich Krebs. Jede mutierte Zellart (je nach Gewebe bzw. Organ) hat andere Eigenschaften. Daher ist die Diagnostik und Therapie so sehr variabel und kompliziert. Kollagen kann also kein „Allheilmittel“ sein.

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Quellen

  1. Frieß W, Metzmacher I, Wild T (2007). Die Bedeutung von Kollagen und Kollagenasen in der Wundheilung. Manual der Wundheilung
  2. Bravo-Cordero JJ, Di Martino J, Nobre AR et al. (2021). A tumor-derived type III collagen-rich ECM niche regulates tumor cell dormancy. nature cancer
  3. Mount Sinai (2021). Researchers Discover How Cells From Tumors Remain Dormant for Years Before Metastasis Occurs
  4. Waghorn, M. & Redaktion Study Finds. Anti-wrinkle cream ingredient collagen could hold the key to curing cancer. (aufgerufen am 16.12.2021)
Themen Krebs
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