Um sich nach dem Toilettengang richtig sauber zu fühlen, greifen viele Menschen zu feuchtem Klopapier. Dieses wird mit „wertvollen Inhaltsstoffen“ beworben – das bedeutet in Wahrheit aber (nicht nur für die Umwelt!) eine enorme Belastung. FITBOOK hat sich mit dem vermeintlichen Hygieneprodukt auseinandergesetzt und mit einem Experten gesprochen.
Feuchtes Toilettenpapier ist aus vielen Badezimmern nicht wegzudenken. Für die feuchte (und daher angeblich intensivere) Reinigung nach dem Stuhlgang ist es mit bestimmten Lotionen getränkt und zudem reißfester als normales Toilettenpapier. Feuchtes Toilettenpapier besteht aus Vlies, sprich aus Textilfasern. Das damit automatisch eine Umweltbelastung einhergeht, hat nichts zuletzt etwas mit der falschen Anwendung, beziehungsweise Entsorgung zu tun. Nach dem Gebrauch werden Feuchttücher die Toilette heruntergespült, zersetzen sich jedoch nicht. Das führt zu großen Klumpen in der Kanalisation, in denen sich weitere Fremdkörper verfangen und das Abwassersystem verstopfen können. Die Konsequenz aus diesem Wissen sollte sein, feuchtes Toilettenpapier nicht einfach abzuspülen, sondern im Abfalleimer zu entsorgen – oder am besten gar nicht zu benutzen. Das finden jedenfalls Hautärzte. Einer davon erklärte im Gespräch mit FITBOOK, warum.
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Auch für die Haut ein Problem
„Die meisten Menschen, die sich wegen eines Analekzems (entzündliche Reaktion auf der Haut am After, Anm.d.Red.) behandeln lassen, betreiben eine extreme Analhygiene“, erzählt uns Dr. med. Timm Golüke aus München, Dermatologe aus München. So soll etwa der enthaltene Alkohol von Feuchttüchern den reinigenden Effekt unterstützen, sei eigentlich aber zu aggressiv zur Haut und trockne sie aus. Sogar NOCH schlechter: die Duftstoffe, die dem Benutzer ein umso saubereres Gefühl geben sollen, dabei jedoch Ungewünschtes hinterlassen können. Der Fachmann warnt vor „einer Kontaktallergie.“ Und die macht sich auf unangenehme Weise mit Rötungen und juckenden Ausschlägen bemerkbar.
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Feucht ist generell schlecht
Darüber hinaus ist das Hauptmerkmal, für das entsprechende Hygieneartikel gekauft werden – dass sie feucht sind!– , in Wahrheit fatal für die Haut in der Analregion. Dr. Golüke begründet das mit der Standortflora in diesem Bereich, die von Natur aus nicht frei von Bakterien und Pilzen sein kann. An den After kommt nur selten und wenig Luft, weshalb in den Hautfalten durch den Gebrauch von Feuchttüchern „eine feuchte Kammer entsteht. Und das kann die Entstehung von Infektionen begünstigen.“

Auch Ökotest rät von Feuchttüchern ab
Die Einschätzung des Fachmanns deckt sich mit Ergebnissen von Ökotest. In Rahmen der Untersuchung wurden 14 als „sensitiv“ bezeichnete – und somit angeblich für empfindliche Haut geeignete – Sorten feuchtes Toilettenpapier ins Labor geschickt und auf fragwürdige Inhaltsstoffe untersucht. Fünf davon, sprich mehr als ein Drittel, bekamen die schlechteste Note „ungenügend“, da sie als Konservierungsstoff Formaldehyddepotstoffe enthielten. Das ist mehr als bedenklich: Formaldehyd kann nicht nur Allergien auslösen und die Haut reizen – es ist laut der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) stark karzinogen, also krebserregend und -fördernd. Zudem wurden in JEDER der Proben halogenorganische Verbindungen gefunden, von denen die gleichen Gefahren ausgehen; wenn auch nicht in ganz so ausgeprägtem Maße.
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Das Verbrauchermagazin hat auch Babyfeuchttücher unter die Lupe genommen. Wie im Testbericht nachzulesen ist, wurden selbst hier in verschiedenen Produkten die umstrittenen halogenorganische Verbindungen nachgewiesen – vermutlich Spuren des Bleichvorgangs. Die meisten Babyfeuchttücher waren zwar frei von Parabenen (Konservierungsmittel) und extrem fragwürdigen Zusätzen (wie beispielsweise Formaldehyd), seien aber immer noch „Wasser plus Chemie“. Ökotest empfiehlt Eltern daher, zu Waschlappen und warmem Wasser zu greifen. Das sei angenehmer für Babys Popo, da nicht so kühl wie Feuchttücher, UND es kämen keine ungewünschten Inhaltsstoffe an seine Haut.

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Fazit
Wenn es unbedingt Feuchttücher sein sollen, „dann bitte zumindest duftstofffreie“, rät Dermatologe Golüke. Besser wäre es aber ganz klar, zum normalen (also trockenen) Toilettenpapier zu greifen. Und wenn es unbedingt feucht sein soll, dann bitte einen Lappen und klares Wasser verwenden – und danach vorsichtig, aber gründlich abtrocknen.
