Zahnfleischentzündungen sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie können sehr schmerzhaft sein, schlimmstenfalls auf die Kieferknochen übergehen und zum Ausfallen von Zähnen führen. Und wie ein britisches Forscherteam nun herausgefunden hat, zeigt die Behandlung von Parodontitis sogar positive Effekte auf Typ-2-Diabetes.
Parodontitis steht in Verbindung mit einem erhöhten Risiko auf Zuckerkrankheit. Diese Erkenntnis stützt sich etwa auf Ergebnisse einer finnischen Studie, die kürzlich im „Journal of Clinical Periodontology“ veröffentlicht wurde. Zwischen den Jahren 1990 und 1992 wurden Gesundheitsdaten von Probanden (mit demselben Geburtsjahr, 1953) aufgenommen, was in einer Nachfolgeuntersuchung 15 Jahre später wiederholt wurde. Dabei kam heraus: Diejenigen von ihnen, die damals an Zahnfleischentzündungen gelitten hatten, waren später mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an Diabetes (mellitus) Typ 2 erkrankt.

Parodontitis: Risikofaktor für Diabetes
Grund sei das vermehrte Aufkommen von Zytokinen (= Proteine, die im Körper Wachstum und Entwicklung von Zellen steuern), die durch die entzündeten Stellen am Zahnfleisch freigesetzt werden. Medizinern zufolge fördern Zytokine eine Insulinresistenz – und diese das Risiko auf Diabetes Typ 2. Nun haben Forscher der Universität in London untersucht, ob sich auch der Umkehrschluss hält: dass die Behandlung von Parodontitis durch entsprechende Zahnfleischpflege das Diabetes-Risiko senken kann. Mit optimistisch stimmendem Ergebnis!
Im Rahmen der Studie (veröffentlicht im Fachblatt „The Lancet Diabetes and Endocrinology“) wurden 264 mit Typ-2-Diabetes und Parodontitis diagnostizierte Probanden in zwei Gruppen gelost. Bei Gruppe eins wurde in puncto Zahnpflege nichts verändert; der zweiten Gruppe kam hingegen eine intensive Behandlung zuteil. Dazu gehörte eine gründliche Entfernung sämtlicher Ablagerungen und bakterieller Beläge am Zahnfleischrand. Die Prozedur wurde bei ihnen regelmäßig im Abstand von drei Monaten wiederholt. Nach Ablauf eines Jahres werteten die Forscher die Entwicklung der Blutzuckereinstellung aus. Und tatsächlich: Die Parodontitis-Behandlung zeigte einen messbaren positiven Effekt auf die Diabetes-Erkrankung. Das machen die Forscher am sogenannten HbA1c fest, einem wichtigen Laborwert im Zusammenhang mit der oftmals unterschätzten Stoffwechselkrankheit. Sie hatten bei allen Probanden zu Beginn der Studie einen HbA1c von 8,1 Prozent bestimmt. Bei Gruppe eins war er nach zwölf Monaten leicht angestiegen, was für die Erkrankung ungünstig ist. Gruppe zwei hatte eine gegenteilige Entwicklung zu verzeichnen: Bei ihnen war das HbA1c auf 7,8 Prozent gefallen.
Was heißt HbA1c?
HbA1c ist der Fachbegriff für den roten Blutfarbstoff Hämoglobin, wenn sich daran Glukose angelagert hat. Hämoglobin ist dafür verantwortlich, Sauerstoff zu binden und an die Organe im Körper zu transportieren. Bei gesunden Menschen sind etwa 5 Prozent des Hämoglobin „verzuckert“ – Zuckerkranke müssen den HbA1c-Wert (mithilfe von Medikamenten) einstellen. Bei Typ-2-Diabetes-Patienten liegt die empfohlene HbA1c-Einstellung laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft bei zwischen 6,5 bis 7,5 Prozent.
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Klingt für den Laien erstmal nach nicht viel, aber dem Ärzteblatt zufolge entspreche das ungefähr der Wirkung, die bei Typ-2-Diabetes ein zusätzliches blutzuckersenkendes Medikament erzielen würde. Und das wären doch gute Nachrichten.
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Die Studie hat einen Haken
Da die Probanden wussten, ob sie in der Testgruppe waren oder nicht, lässt sich nicht sicher rückschließen, inwieweit die Zahnvorsorge und/andere Faktoren das Ergebnis beeinflusst hatten. Möglicherweise hatten die Testpersonen – motiviert von der Aussicht auf eine positive Veränderung – auch andere Lebensumstände angepasst, also sich beispielsweise besser ernährt. Zumindest begleitend zu einer allgemeinen Behandlung der Zuckerkrankheit, die (noch) nicht ohne Medikamente funktioniert, kann eine „regelmäßige Bestandsaufnahme und Behandlung von Parodontitis bedeutungsvoll sein“, schließt Studienleiter und -autor Francesco D’Aiuto in der Zusammenfassung.