Es ist nicht bloß eine große Belastungsprobe für die Beziehung, wenn der Partner im Bett ganze Wälder absägt. Für die Betroffenen selbst kann Schnarchen sogar gesundheitliche Folgen haben. FITBOOK erklärt, was hinter den gefürchteten Atmungsstörungen steckt und wie man sie behandeln kann.
Etwa 44 Prozent der Männer zwischen 30 und 60 schnarchen und immerhin noch 28 Prozent der Frauen – so steht es in einer jüngeren Ausgabe der Fachzeitschrift „Somnologie“ mit Themenschwerpunkt Schnarchen. Enorme Zahlen, die in der Folge auch auf leidgeprüfte Lebenspartner/innen zutreffen muss. Wer schnarcht, stößt im Schlaf röchelnde Geräusche aus, die im besonders schweren Fall Spitzenlautstärken von 93,9 Dezibel (!) erreichen können – also ungefähr Presslufthammer-Niveau!
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Wie kommt es zum Schnarchen?
Beim Schlafen erschlaffen die Muskeln an verschiedenen Engstellen der Atemwege und im Rachen. Das Geräusch erzeugen die flatternden Bewegungen des Gaumenzäpfchens und der Zunge; die Rhonchopathie – so der Fachbegriff für das Schnarchen – kann aber auch durch eine genetisch bedingte Verengung der Nasenscheidenwand begünstigt werden. Auch eine vergrößerte Zunge ist manchmal schuld. Und am häufigsten die körperliche Konstitution.

Dass es vor allem ältere Menschen betrifft, liegt an ihrem schwächer werdenden Bindegewebe; Frauen schnarchen meist erst in der Postmenopause. Besonders gefährdet sind Übergewichtige, wie der Frankfurter Hals-Nasen-Ohren-Arzt (HNO) Dr. Roman Roitman im FITBOOK-Interview erklärt. „Wie an anderen Stellen des Körpers ist bei ihnen das Gewebe hier schlichtweg zu fett, dadurch ist der Atemfluss gestört.“
Wenn Kinder schnarchen, ist Vorsicht geboten!
Aber auch Kinder schnarchen. Oft sind dafür Polypen verantwortlich, ebenfalls kann es an von Natur aus vergrößerten Mandeln liegen – und schwere Folgen haben. „Durch die Atemunregelmäßigkeiten entsteht Druck auf die Lunge. Auf die Dauer kann sich dadurch die rechte Herzseite ungesund vergrößern“, warnt der HNO. Zudem können die fehlgeleiteten Luftströme Wachstumsstörungen im Mund- und Nasenbereich begünstigen. Diese legen schlimmstenfalls den Grundstein für ernste Gesundheitsprobleme im Erwachsenenalter. Umso wichtiger ist es, das Kind beim Fachmann untersuchen zu lassen und eventuelle Behandlungsschritte einzuleiten.
Die größte Gefahr: Atemaussetzer
Wie Experte Roitman erklärt, ist Schnarchen nicht zuletzt ein kosmetisches Problem. So sind Menschen, die in der Öffentlichkeit geräuschvoll wegratzen, entnervte Reaktionen und Blicke sicherlich gewöhnt, können mit ihrem Problem aber einigermaßen leben.
Dramatischer verhält es sich bei rund vier Prozent der Schnarcher, die zudem an einer Schlafapnoe leiden, also nächtlichen Atemaussetzern. Die gefährlichen Atempausen können zwischen zehn Sekunden und bis zu einer Minute dauern. Dass der Betroffene aufwacht, liegt an einem natürlichen menschlichen Überlebensinstinkt. Der Schrecken schüttelt seinen gesamten Körper durch, die Muskeln sind aktiv und der Blutdruck steigt – nun wieder zur Ruhe zu finden, ist nicht leicht. Patienten mit Schlafapnoe fühlen sich deshalb tagsüber oft wie erschlagen. Diese Tagesschläfrigkeit kann nicht nur auf die Stimmung schlagen, sondern führt auch zu Leistungs- und Konzentrationsschwächen. Viele Schlafapnoiker fallen daher in ihrem privaten Umfeld oder im Job negativ auf.
Das kann man effektiv gegen Schnarchen tun
Da Schnarchen verschiedene Ursachen haben kann, gibt es dagegen auch keine allgemeingültige Lösung. Bei einem deutlich verengten Nasenkanal helfe laut Dr. Roitman oftmals nur der Eingriff. Welche konkreten anatomischen Störungen vorliegen, könne nur der Fachmann erkennen und entsprechend auch eine mögliche Therapiemaßnahme bestimmen.
Schlafapnoe-Patienten wird in der HNO-Praxis mit der sogenannten „Atemwegs-Überdruck-Therapie“ geholfen. Dabei kommt eine Atemmaske zum Einsatz, die Überdruck ausübt und so Atemwege und Rachen frei macht. Verschiedene handliche Gerätschaften wollen diese Behandlung auch für zu Hause ermöglichen, beispielsweise der „Airing“ von Fundairing oder eine Maske der Marke CPAP.
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Anti-Schnarch-Geräte nicht immer effektiv
Weil so viele Menschen schnarchen, gibt es auf dem Markt inzwischen massenhaft Gadgets, die als DIY-Maßnahme Linderung verschaffen wollen. Dabei sind exotisch anmutende Apparaturen, etwa Schnarch-Schienen oder Gummibänder zum Auflegen auf die Zunge, damit sie im Schlaf nicht in Bewegung kommen kann, ebenso wie Mundaufsätze und Kinnbänder. Welche davon Erfolge bringen, lässt sich nur über den Selbstversuch herausfinden. „Wenn aber strukturelle Probleme am Schnarchen schuld sind, können Geräte nicht helfen“, warnt Dr. Roitman. In dem Fall wäre die Investition reine Geldverschwendung.
Manche körperlichen Defizite hingegen lägen einzig und allein in der Hand des Patienten. „Wer fettleibig ist, KANN keine Verbesserung erfahren, wenn er nicht abnimmt“, betont Dr. Roitman. Zudem solle, wer zum Schnarchen neigt, Alkohol und Beruhigungsmittel vermeiden. Beides lasse die Schlundmuskulatur dicker werden und verengt die Atemwege dadurch zusätzlich.
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Mit dieser Übung soll man das Schnarchen wegtrainieren können
Manche Ärzte glauben daran, der Schnarch-Veranlagung mit motorischem Training entgegenwirken zu können. Einer von ihnen ist der Londoner HNO-Chirurg Mike Dilkes. Er hat eine dreiteilige Übung entwickelt, die auf alle Bereiche im Mund positiv einwirken soll, welche für das Schnarchen verantwortlich sein können.
• Der erste Teil der Übung konzentriert sich auf die Zunge. Dazu wird ihre Spitze quasi umgeklappt und gegen das Gaumensegel gelegt, sprich an die hintere Stelle des Gaumens in Richtung Hals. Dann nach und nach mit der Zungenspitze nach vorne wandern, bis man an die Rückseite der Zähne gelangt.
• Es folgt der „Mundstrecker“. Dafür den Mund so weit wie möglich öffnen und für die Dauer von 20 Sekunden „Aaaaaaahhh“ machen.
• Teil drei trainiert die Kehle. Die Zunge dafür so weit wie möglich herausstrecken und einen schrillen Ton ausstoßen.
Absolviert man diese Übung regelmäßig für die Dauer von fünf Minuten vor dem Schlafengehen, soll das Schnarchen dadurch weniger werden und im Bestfall sogar ganz aufhören. Und selbst wenn nicht, hat es einen nicht zu unterschätzenden positiven Nebeneffekt – das versichert Dilkes im „Telegraph“-Interview. „Wenn Ihre Frau sieht wie viel Mühe Sie sich machen, wird sie etwas nachsichtiger mit Ihnen werden.“ Einen Versuch ist es Wert!
